Birkenzucker – die gesündere Zuckeralternative?

Stand: 10/18/2024
Birkenzucker wird immer öfters im Lebensmitteleinzelhandel angeboten. Er wird als eine natürliche Alternative – „Holzsüße aus Finnland“ – zu herkömmlichem Zucker (Saccharose) beworben. Er gilt als zahnschonend und kalorienarm und besitzt das Image, gesünder zu sein als der normale Haushaltszucker.

Was ist Birkenzucker? Welche Eigenschaften besitzt er? Wie sind die Vorgaben des Lebensmittelrechts?


Was ist Birkenzucker?

Birkenzucker ist unter dem chemischen Namen Xylit oder Xylitol bekannt. Er ist ein mehrwertiger Zuckeralkohol und ist natürlicherweise in geringen Mengen vor allem in Beerenfrüchten enthalten.
Birkenzucker kommt hingegen nicht in direkter Form im Birkenholz vor. Die Rinde finnischer Birken war jedoch ursprünglich der Ausgangsstoff für seine Produktion. Heute dienen unter anderem Birkenholz und andere Harthölzer, Maiskolbenreste, Stroh oder Getreidekleie als Rohstoff für die industrielle Birkenzucker- oder Xylitgewinnung. Sie alle enthalten Xylane, die zu den Hemicellulosen gehören, pflanzlichen Gerüstmaterialien. In einem mehrstufigen chemischen Verfahren wird zunächst Xylose („Holzzucker“) gewonnen, das dann zu Xylit umgewandelt wird. Aufgrund seiner kostenintensiven Herstellung wird Xylit zu Preisen von bis zu 20 Euro je Kilogramm angeboten.


Birkenzucker ist ein Süßungsmittel

Birkenzucker, Xylit, zählt zu den Zuckeraustauschstoffen. Er hat eine ähnliche Süßkraft wie Zucker, liefert jedoch nur 2,4 Kilokalorien je Gramm und damit rund 40 Prozent weniger Energie als Haushaltszucker.

Das Nahrungsxylit wird im Kohlenhydratstoffwechsel umgesetzt. Es wird insulinunabhängig abgebaut und beeinflusst kaum den Blutzuckerspiegel. Xylit entsteht auch ganz normal als Zwischenprodukt im Glukosestoffwechsel.
Allerdings kann Xylit nur in begrenzten Mengen aus dem Dünndarm in den Körper aufgenommen werden. Die individuelle Verträglichkeit ist unterschiedlich. Es sollten höchstens 20 Gramm als Einzelportion oder bis zu 50 Gramm über den Tag verteilt verzehrt werden, ansonsten muss mit Blähungen, Durchfall und ähnlichen Symptomen gerechnet werden. Durch Gewöhnung kann sich die individuelle Verträglichkeit verbessern.

Da Süßkraft und Volumen von Xylit und Saccharose praktisch identisch sind, kann in vielen Rezepturen der Zucker im Verhältnis eins zu eins durch Birkenzucker ersetzt werden. Einzelne Einschränkungen gibt es. Xylit ist hitzestabil und bräunt (karamellisiert) erst, wenn es einige Minuten bei Temperaturen um 200 °C erhitzt wird. Er löst sich in warmen Flüssigkeiten besser auf als in kalten. Bei der Herstellung von Hefeteig muss mit längeren Gehzeiten gerechnet werden oder man gibt einen Esslöffel Zucker als „Futter“ für die Hefen zum Teig. Einschlägige Portale empfehlen für die Herstellung von Fruchtaufstrichen die doppelte oder dreifache Menge an Früchten wie Xylit zu verwenden.
Xylit ist nicht kariogen und wird gerne zahnfreundlichem Kaugummi oder Süßwaren zugesetzt.

Im Juni 2024 wurden Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, die auf ein erhöhtes Risiko für Herzkreislauferkrankungen und der Bildung von Blutgerinnseln bei erhöhten Blutkonzentrationen an Xylit hinweisen. Besonders bei Menschen mit bestehenden Herz-Kreislauf-Risiken könne der Konsum von Xylit zusätzliche Gesundheitsgefahren bergen, so die Aussage des Autors Dr. med. Marco Witkowski. Weitere Forschungen seien notwendig.

Xylit ist giftig für Hunde.


Rechtliche Aspekte

Als Zuckeraustauschstoff zählt Xylit zu den Zusatzstoffen (E 967) und fällt unter die EU Zusatzstoff-Zulassungs-Verordnung. Er darf vielen Lebensmittelgruppen wie beispielsweise Dessertspeisen, Frühstückscerealien, Konfitüren, Speiseeis, Süßwaren oder Kaugummi zugesetzt werden, um den Brennwert zu vermindern oder Zucker zu ersetzen. Auf der Packung muss allerdings der Hinweis „mit Süßungsmittel(n)“ stehen. Im Zutatenverzeichnis muss er als „Süßungsmittel“ in Verbindung mit der Bezeichnung „Xylit“ oder der E-Nummer deklariert werden. Der Hinweis „kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken“ muss vermerkt sein, wenn sein Anteil im Lebensmittel mehr als zehn Prozent beträgt. Dieser Warnhinweis muss auch bei Tafelsüßen ausgesprochen werden.

Im Rahmen der Nährwertkennzeichnung wird Xylit zu den Kohlenhydraten gezählt, er wird jedoch nicht bei „Zucker“ erfasst.

Einzelne gesundheitsbezogene Aussagen (Health Claims) sind bei Birkenzucker erlaubt:
  • „Der Verzehr von Lebensmitteln/ Getränken, die anstelle von Zucker Xylit enthalten, trägt zur Erhaltung der Zahnmineralisierung bei.“
  • „Der Verzehr von Lebensmitteln/ Getränken, die anstelle von Zucker Xylit enthalten, bewirkt, dass der Blutzuckerspiegel nach ihrem Verzehr weniger stark ansteigt als beim Verzehr von zuckerhaltigen Lebensmitteln/ Getränken."
Andere, bisher wissenschaftlich nicht belegte Aussagen zu gesundheitlichen Wirkungen sind nicht zulässig.


Fazit

Birkenzucker hat günstige Eigenschaften: Er hat weniger Kalorien als Zucker, eine geringe Blutzuckerwirkung und ist zahnfreundlich. Die Herstellung ist jedoch aufwändig und der Preis hoch. Ein „natürliches“ Süßungsmittel, wie der Name Birkenzucker implizieren mag, ist er nicht.
In der Diskussion sind Wirkungen auf die Herzgesundheit.

Insofern müssen Verbraucherinnen und Verbraucher im Rahmen ihrer persönlichen Wertschätzung die Entscheidung treffen.


Quellen und weitere Informationen


irmgard.luetticken@dlr.rlp.de     www.fze.rlp.de/ernaehrungsberatung