Grundlagen zum Wurzelschnitt an Baumobst

DLR Rheinpfalz, Peter Hilsendegen, 03.02.2011
Neben den vorteilhaften Auswirkungen auf Baum- und Fruchtwachstum ermöglichen die ruhigeren Bäume einen geringeren Arbeitsaufwand für den Baumschnitt. Im Folgenden sind die wesentlichen Erfahrungen zum Wurzelschnitt zusammengefasst.

1. Grundlagen des Wurzelschnitts

Das Einkürzen des äußeren Wurzelbereichs durch Wurzelschnitt führt zu kurzfristiger Reduzierung der Wasser- und teilw. auch Nährstoffaufnahme.


Warum Wurzelschnitt:

- dauerhafte Umstellung auf ruhige Bäume
- effektive Alternanzbrechung in Problemanlagen, Wiederherstellung des Gleichgewichtes mit moderatem Triebwachstum und regelmäßigem Blütenansatz
- verbesserte Fruchtstabilität und Ausfärbung
- Verminderung des Schnittaufwands (ca. 30 – 50 %)


Wurzelschnitt empfehlenswert bei:

- starker Neutriebbildung von > 40cm – 50 cm in allen Teilen des Baumes
- zu wenig Blüten- und Fruchtansatz
- zu wüchsige Sorten – und Unterlagen-Kombinationen und Alternanzsorten
- zu tiefe Veredlung oder zu tief gepflanzt
- wüchsige Standortverhältnisse (feuchte, humose oder lehmige Böden, häufige Sommerniederschläge


Intensität des Wurzelschnitts abstimmen mit

- Wüchsigkeit der Anlage, gewünschter Wuchsreaktion
- der Alternanzneigung der Sorten und dem letzten bzw. aktuellen Behang
- den Bodenverhältnissen, der Wassernachlieferung aus Grundwasser und den Niederschlägen bzw. der Bewässerungsmöglichkeit, sowie der Blatt- und Bodendüngung


Voraussetzungen und begleitende Maßnahmen:

- Zusatzversorgung mit Wasser und Nährstoffen da kurzfristig zu geringe Wasser- und Nährstoffaufnahme eintreten kann
- evtl. Abdeckung des Wurzelraumes mit organischem Material zur Verbesserung der Wasser- und Nährstoffaufnahme im flachen Wurzelbereich
- gute Befahrbarkeit der Obstanlage
zu nass: rutschiger Boden, oberflächliche Verdichtungen;
zu trocken: Messer gehen nur schwer in den Boden, erhöhter Verschleiß


Risiko bei falschem, d.h. zu starkem Wurzelschnitt:

- zu starke Reduzierung des Wurzelsystems und des Wuchses
- zu ruhige Bäume („Wühlmausbäume“)
- zu viele kleine Früchte
- dauerhaft zu geringer Ertrag und zu geringe Fruchtgrößen
- starke Berostung bei zu starkem Eingriff oder falschem Termin (Blüte bis Haselnussgröße)


Wurzelschnitt-Termine
Feb./März: (Austrieb)

- erfahrungsgemäß größte Wirkung im Frühjahr
- ideal für erstmalige Behandlung sofern Bewässerung möglich
- Behang noch nicht abschätzbar
- Wurzelschnitt generell nur bis ca. 2-3 Wochen vor Blüte; später evtl. Berostung oder Fruchtfall

April / Mai (Vor- und Nachblüte): Nur bei totaler Alternanz sinnvoll!
- generell nur bei Vollalternanz oder nach starkem Blütenfrost
- bei Anlagen mit Behang zu diesem Termin keinen Wurzelschnitt wegen evtl. Berostung und starker Förderung des Fruchtfalls

Juni ( Walnußgröße, nach Junifruchtfall)
- meist geringere Wirkung als im März
- nur als Korrektur der Wüchsigkeit bei zu geringem Behang
- nur mit Beregnung wegen möglichem Trockenstress!

September/ Oktober (direkt nach der Ernte)

- bei sehr wüchsigen Parzellen mit häufigem Wiederaustrieb, bzw. in Jahren mit nassem Spätsommer und Herbst
- Ziel: Vermeidung des Austriebs von Blütenknospen bei Alternanz ( Elstar)
- unbedingt moderate Nährstoffversorgung über Blattdüngung sicherstellen!
November ( Nach Blattfall)

- ähnlich effektiv wie März-Termin
- Faserwurzeln können sich über Winter neu bilden; weniger Trockenstress
- gut geeignet für trocknere Gebiete mit wenig Sommerregen
- Förderung des Triebabschlusses, evtl. auch des Blattfalls



2. Praktische Durchführung des Wurzelschnitts

Einkürzen besonders der tief reichenden, Wasser ziehenden Hauptwurzeln. Wenn möglich unter Schonung der Stamm nahen Flachwurzeln wegen der Ernährung! Wurzelschneider mit schräg gestellten Messern sind daher effektiver und für Baum- und Fruchtwachstum günstiger.


Erstmaliger Wurzelschnitt:

- November bis März
- Nur an einer Reihenseite (einseitig) schneiden
- mit relativ weitem Messerabstand zum Stamm beginnen (40 – 50 cm, Steinobst evtl. auch mehr)
- im Folgejahr Wechsel zur anderen Reihenseite bei gleichem Abstand


Wiederholter Wurzelschnitt:

- weiterhin einseitig schneiden mit Seitenwechsel beim nächsten Wurzelschnitt im Folgejahr
- Messerabstand zum Stamm an das Baumwachstum anpassen


Wirkungsverstärkung des Wurzelschnitts

- mittlere Wuchsreduktion: nach erstmaligem Einsatz im Nov-März einseitige Behandlung im Juni mit geringerem Abstand an der gleichen Seite wiederholen, z.B. 30 cm (gleiche Seite wie März nur dichter zum Stamm) – nur bei Bewässerungsmöglichkeit oder im Alternanzjahr!
- stärkere Wuchsreduktion: nach erstmaligem Einsatz im Nov-März einseitige Behandlung im Juni mit geringerem Abstand an der anderen Seite wiederholen, z.B. 30 cm (andere Seite wie März und dichter zum Stamm) – nur bei Bewässerungsmöglichkeit oder im Alternanzjahr!
- starke Wuchsreduktion: Kombination von Wurzelschnitt (1- oder 2-seitig) + Stamm ansägen im unteren Bereich (Achtung: nur außerhalb der Vegetationszeit!)

Wurzelschnitt Grundlagen.pdf

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