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Önologische Maßnahmen zur Differenzierung der Weinstile |
Vortrag von Udo Bamberger, DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, anlässlich der 58. Kreuznacher Wintertagung 2014 In der Weinvermarktung wird heute erwartet, dass ein Betrieb seine Qualität über Jahre hinweg konstant darstellt. Die erste große Herausforderung für die Betriebe ergibt sich daher zunächst, großen Jahrgangsschwankungen erfolgreich zu begegnen und einen einigermaßen qualitativen Ausgleich über die Jahrgänge sicherzustellen. Mit verschiedenen Maßnahmen in Weinberg und Keller kann man diesen Schwankungen begegnen und Gleichmäßigkeit in der Qualität anstreben. Wird diese Grundkonzeption über die Jahre beachtet, so ergibt sich aber darüber hinaus in jedem Jahr die Notwendigkeit, Differenzierungen zwischen den einzelnen Weinen in Qualität und Preis vorzunehmen. Wenn auch in den letzten Jahren die Weine in ihrer Analytik immer mehr zusammengerückt sind, so sollten sie sich doch für den Weinkunden in Sensorik, Bezeichnung und Preisgefüge deutlich voneinander unterscheiden. Der wirkungsvollste Weg zur Differenzierung geht sicher über die Reifestaffelung und damit über die Lagenunterschiede und die unterschiedlichen Lesetermine. Die aktive Steuerung über bekannte Weinbaumaßnahmen stehen aber bei diesen Überlegungen bewusst nicht im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern es sollen ausschließlich önologische Maßnahmen diskutiert werden, die Auswirkung auf die Weinsensorik haben. Auch ökonomische und bezeichnungsrechtliche Aspekte bleiben bei den Darstellungen an dieser Stelle im Hintergrund. Bei den Überlegungen geht es natürlich auch nicht um ein passives Abwarten auf ein mögliches Endergebnis und die nachfolgende Differenzierung der Weine im Frühjahr sondern um die aktive und zielgerichtete Steuerung während des gesamten Ausbauprozesses in Kelterhaus und Keller. Aus Vereinfachungsgründen sollen im Folgenden drei Weintypen differenziert werden. Am Beispiel eines (weitgehend) trockenen Rieslings lässt sich die anzustrebende Differenzierung gut darstellen, da die Palette möglicher Erscheinungsbilder bei Riesling am größten ist. ■ Typ I: Apfel-Typ (Apfel, Stachelbeere, Zitrus), fruchtbetont, dezente Säure, Süße in optimaler Harmonie zur Säure, frühe Trinkreife, Körper und Länge begrenzt, Haltbarkeit hat hier weniger Priorität ■ Typ II: Gelbfrucht-Typ (Pfirsich, Mirabelle, Quitte), Fruchtausbildung verzögert, Süße und Säure präsent – aber im harmonischen Verhältnis, Säure abgepuffert – sie bringt mit anderen Extraktstoffen Fülle und Länge, angenehme Phenolstruktur, Alkohol – Körper – Balance, Entwicklungspotential – volle Trinkreife ab Frühsommer, Lagerpotential ■ Typ III: Exotik-Typ (Aprikose, Honigmelone, Mango), allmähliche Fruchtentwicklung, dezente Süße, reife Säure, fordernde Phenolstruktur, Körper und Länge durch ausgewogenes Säure – Alkohol – Phenol – Verhältnis, verzögerte Geschmacksharmonie, hohes Entwicklungs- und Lagerpotential, volle Trinkreife erst ab Spätherbst bzw. erst im darauffolgenden Jahr Bei der weiteren Vorgehensweise sollen nun nicht diese Typen im Einzelnen in ihrer Bereitung beleuchtet werden, da allzu schnell normierte Empfehlungen erwartet und strikte Verhaltensmuster festgeschrieben werden. Unterschieden werden soll vielmehr nach Arbeitsweisen und deren Effekten, die durch differenziertes Handeln auf dem Wege der Weinbereitung zu beobachten sind. Die Nahtstelle zwischen Weinbau und Kellerwirtschaft stellt der Lesetermin dar. Die Abreife der Trauben zu differenzieren, selektive Lesetechniken und die Lese nach Gesundheitszustand in den einzelnen Parzellen durchzuführen sind zuallererst und immer zunächst die Voraussetzung für eine sinnvolle Qualitätsklassifizierung in den Betrieben. Diese Maßnahmen sollen an dieser Stelle aber nicht behandelt werden – es würde den Rahmen dieser Ausarbeitung sprengen. Es gibt aber weitere Aspekte, deren Beleuchtung sich lohnt und über deren Einsatz zusätzliche Effekte zur Differenzierung der Weintypen gewonnen werden können. 1. Botrytis Das Auftreten von Botrytis war in früheren Jahren hoch geschätzt. Natürlich hatte Botrytis in erster Linie Bedeutung bei edelsüßen Weinen. Bei trockenen Weinen spielte sie dagegen bisher keine Rolle, da die analytischen und sensorischen Veränderungen im Wein als zu stark empfunden wurden. Mit der Zielsetzung, körperreichere Weine mit mehr Nachhall zu erzeugen, kann das Auftreten der Botrytis mittlerweile aus einem anderen Blickwinkel gesehen werden. Mehrjährige Versuchsergebnisse zeigen bei allerdings zuvor strengster Selektionsarbeit, dass im Zuverschnitt von nur geringen Anteilen (3 bis 10 %) eines Weines mit Botrytistrauben (saubere und eingetrocknete Botrytis) gerade bei trockenen Weinen des Typs III durchaus sensorisch positive Effekte zu gewinnen sind. Sowohl im Aroma als auch im Geschmack lassen sich Qualitätseffekte im definierten Rahmen erreichen. Die Aufkonzentrierung durch Botrytis führt natürlich zu Mengeneinbußen. Grenzen liegen in erster Linie in der Aromaänderung, im Phenol- und Farbeinfluss und in der etwas erhöhten Schwefelbilanz der Weine. 2. Trauben-, Maische-, Mostschwefelung Die frühe Abschwefelung wurde bisher vor allen Dingen bei problematischem Lesegut eingesetzt. Es sollten damit in erster Linie mikrobiologische Vorgänge kontrolliert werden. Mit dem streng reduktiven Ausbau zur Erhaltung bestimmter Sortenaromen hat die Mostschwefelung eine neue Bedeutung bekommen. Der Einsatz auf Trauben und Maische ist dagegen in den letzten Jahren eher negativ bewertet worden, da die Phenolgehalte in den späteren Weinen deutlich angestiegen sind. Solange die Trauben auch keine optimale Reife erlangen, verschlechtert sich die Sensorik dadurch deutlich, da bittere Noten den Geschmack zu sehr dominieren. Selbst die weitere Reifeentwicklung der Weine brachte in diesen Fällen später dann auch keine Geschmacksharmonisierung mehr hervor. Bei den Bestrebungen hochqualitative Weine mit mehr Körper und Länge bereiten zu wollen, wird aber ein höheres Maß an Traubenreife vorausgesetzt. Erhöhte Phenolstrukturen im Wein können hier positive Effekte zeigen, allerdings mit der Folge der verzögerten Reifeentwicklung der Weine. Der gezielte Einsatz der Maischeschwefelung führte zu höheren Phenolmengen, die in reifen Strukturen offensichtlich und insgesamt positiv zu Buche schlugen. Insgesamt waren die positiven Ergebnisse hier bei weißen Burgundersorten aber deutlich größer als bei Riesling. Sinn macht diese Arbeitsweise natürlich eher für die obere Hälfte (Typ II/III) der Weinpyramide. 3. Maischeaufschlussverfahren Ein intensiverer Maischeaufschluss kann durch mehrere Verfahren erreicht werden. In den letzten Jahren wurden viele positive Ergebnisse durch verlängerten Maischekontakt erreicht. Die verstärkte Herauslösung der Mineralstoffe, die Abpufferung der Säuren, die Intensivierung des Aromas, die Zunahme des Kolloid- und Extraktgehaltes sowie die dosierte Erhöhung der Phenole trug insgesamt zur Steigerung des Mundgefühles bei. Positiv waren die Ergebnisse aber nur, wenn die Trauben eine ausreichende Reifestruktur hatten und die Arbeitsrichtlinien des Verfahrens eingehalten wurden. Hier waren vor allen Dingen die Temperatur, die Zeitdauer und das schonende Verarbeiteten und Keltern nach der Mazeration von Bedeutung. In der Summe haben die Weine letzten Endes gerade für den Ausbau im gehobenen (Typ II/III) trockenen Bereich von diesem Verfahren profitiert. In gesteigerter Form, vom Effekt aber in ähnlicher Weise, werden seit wenigen Jahren Aufschlussverfahren diskutiert, bei denen mit entrappten bzw. auch sogar unentrappten Trauben Gärversuche gemacht werden, um auch hier mehr Inhaltsstoffe aus den Traubenschalen extrahieren zu können. Die mitvergorenen Trauben werden nach der Gärung in einem zweiten Keltervorgang schonend ausgepresst. Die Ergebnisse ähneln in gewisser Weise denen der verlängerten Kontaktzeit, die Verfahren sind aber aufwändiger und in der Gärung oft etwas undurchsichtig, so dass nicht immer im Endpunkt optimierte Aromen entstehen. Der gewünschte Gehalt an Inhaltsstoffen kann über Rückverschnitte jeweils eingestellt werden. Lohnend erscheint das Verfahren ohnehin nur für sehr reife Trauben. Im Extrem werden sogar in jüngster Zeit Weißweinmaischen komplett und analog der Rotweinbereitung vergoren. Dieses Verfahren stammt aus den osteuropäischen Ländern und führt immer zu extrem hohen Phenolwerten, zur völlig veränderter Aromaausprägung und bereits nach wenigen Monaten aufgrund der oxidierten Phenole zu hochfarbigen („orange“) Weinen. Für unsere Zwecke dürften diese extremen Ausbauformen über das Ziel hinausschießen. 4. Kelterverfahren Dass die Weinbereitung durch das Kelterverfahren gesteuert werden kann, kann bei der Sektgrundwein- bereitung bzw. auch bei der Kelterung botrytisgeschädigter Trauben nachvollzogen werden. Die Ganztraubenpressung ergibt immer schlankere und extraktärmere Weine mit klaren Sortenaromen, tiefen pH-Werten und oft fordernder Säure. Die Kolloidgehalte der Moste und die Phenolgehalte der späteren Weine sind extrem niedrig. Die Weine besitzen aber nicht nur deswegen auch weniger Körper und Nachhall. Das Verfahren ist aufwändig, eignet sich in erster Linie zur Sektgrundweinbereitung, zur Verarbeitung in säureärmeren Jahren bzw. zur gezielten Herstellung schlankerer/restsüßer Weine. Die Arbeitsweise ist von ihren Effekten her konträr zu denen der Maischestandzeit zu bewerten. Insofern wäre das Verfahren vom Grundsatz her eher zur Bereitung leichterer Weintypen zu bevorzugen. Im Zeitalter programmierbarer Keltern neigt der Winzer dazu, mit Ausnahme der Sektgrundweinbereitung, immer gleiche Pressprogramme zu nutzen. Vergleicht man jedoch die Keltermoste unterschiedlicher Fraktionen, so kann man schon alleine am Trübungsgrad und an der Mostfarbe feststellen, wie sehr sich die Kelterfraktionen voneinander unterscheiden. Die Kolloidgehalte gehen weit auseinander, die Phenolgehalte potenzieren sich in den letzten 15 % der Keltermenge. Vergleicht man ausgebaute Fraktionen unterschiedlicher Kelterdrücke miteinander, so ergeben sich große sensorische Unterschiede. Mit zunehmendem Druck werden die späteren Weine kräftiger und fülliger, ab einem bestimmten Punkt überwiegen dann die bitteren und belegenden Noten. So lange das Traubenmaterial weniger reif bzw. auch weniger schonend behandelt ist, werden höhere Kelterdrücke sicher absolut negativ zu bewerten sein. Bei sehr reifen Trauben könnten jedoch auch positive Effekte erzielbar sein, so lange man den Phenolgehalt im fertigen Wein mit Maß und Ziel im Rückverschnitt steuert. Es steht dabei außer Frage, dass nach einer Maischestandzeit natürlich ein anderes Pressprogramm in Anwendung kommen muss als bei einer Direkt- kelterung. Auch einzelne Kelterfraktionen könnten genutzt werden, um leichtere oder kräftigere Typen besser und differenzierter bereiten zu können. 5. Vorklärung Auch die Vorklärschärfe beeinflusst den Kolloidgehalt. Eine scharfe Vorklärung vermindert Aromavorstufen und greift in das Substanzgefüge des späteren Weines ein. Ähnlich den Effekten wie bei der Ganztraubenpressung werden bei scharfer Vorklärung und der damit verbundenen Verminderung auch wichtiger Inhaltsstoffe eher schlankere Weine entstehen, die sich andererseits aber durch sehr sortentypische Aromen auszeichnen. Die Vorklärung wurde eingeführt zur „Reinigung“ der Moste und zur Problembehandlung botrytisgeschädigter Trauben. Wenn über weinbauliche Maßnahmen mehr gesunde Trauben im Kelterhaus ankommen und daraus nicht unbedingt, wie bisher dargestellt, nur „schädlicher“ Vorklärtrub entsteht, könnten somit auch unterschiedliche Vorklärgrade zur Herstellung unterschiedlicher Weintypen einen Beitrag leisten. 6. Mostkonzentrierung Die Mostkonzentrierung ist seit einigen Jahren in manchen Betrieben gängige Praxis. Natürlich geht es bei dem Verfahren in erster Linie um die Erhöhung des Alkohols. Nebenbei kann man aber feststellen, dass auch viele andere Inhaltsstoffe durch die Konzentrierung erhöht werden. In Vergleichsversuchen waren die Ergebnisse der Mostkonzentrierung nicht immer überzeugend, hier vor allem, wenn das Lesegut ein Mindestreifemaß nicht erreichte. Bei reifen Trauben werden dagegen durch die Konzentrierung viele Extraktstoffe erhöht, so dass v. a. Säure- und Phenolstrukturen mehr Substanz in den Wein bringen. Es steht außer Frage, dass auch hier vor allem die Typen II/III eher von dieser Maßnahme profitieren als die einfacheren Weine des Typs I. Je tiefer der natürliche Säuregehalt (Jahrgang, Rebsorte), um so eher werden die positiven Effekte dabei ins Gewicht fallen. 7. Hefen, Enzyme, Gärverlauf Enzyme haben bisher in Vergleichsproben nur dann Unterschiede gezeigt, wenn es um die Freisetzung von Aromen (Glykosidasewirkung) ging. Leider waren diese positiven Effekte nie von langer Dauer, so dass die beschleunigte Freisetzung der Aromen eher als Strohfeuereffekt diskutiert werden musste. Unterschiede in Körper, Fülle und Substanz als Folge des Einsatzes unterschiedlicher pektolytischer Enzyme konnten dagegen bisher nicht beobachtet werden. Vom Grundsatz ähnliche Effekte bzgl. der Aromaausprägung gibt es auch beim Einsatz bestimmter Hefen, die deswegen auch schnell als Aromahefen bezeichnet wurden. Effekte im Hinblick auf Körper und Länge werden immer wieder und mit mehr oder weniger Überzeugung diskutiert – sie waren in Vergleichsproben aber bisher deutlich geringer als zuvor in Werbeprospekten dargestellt. Größere Unterschiede gibt es sicher über die neuen Mischformen, bei denen die Effekte einer Spontangärung nachgeahmt werden sollen. Die ersten Ergebnisse sind zwar vielversprechend, abschließende Urteile zur Grundaussage wären verfrüht. Die Vorteile vieler Spontangärungen sind bekannt, sie sind aber nur die eine Seite der Medaille. Wer das höhere Risiko und den höheren Aufwand in Kauf nimmt, kann durch die Mischpopulation der in der Natur vorkommenden Organismen und die längere Gärdauer positive sensorische Effekte mitnehmen. Sicher eignet sich die Spontangärung daher eher für die gehobenen Qualitäten – der höhere Aufwand im Keller muss sich letztlich auch lohnen. Der Gärverlauf selbst nimmt Einfluss auf die stoffliche Zusammensetzung des späteren Weines. Eine stürmische Gärung (Klärgrad, Gärtemperatur) führt zu Substanzverlusten, eine langsame Gärung erhält Aromen und führt zur Auslaugung von wichtigen Inhaltsstoffen aus Hefe- und Bakterienzellen. Wenn substanzreiche Weine (Typ II/III) bereitet werden sollen, ist eine gezügelte und längere Gärung (oft zwangsläufig verbunden mit einer Temperatursteuerung) oberstes Gebot. 8. Feinhefekontakt Von der Freisetzung der Inhaltsstoffe aus den Hefezellen profitiert der Wein in großartiger Art und Weise. Unter der Voraussetzung, dass die Hefe gesund und reintönig war, werden die Weine mit einer Kontaktzeit von 8 bis 12 Wochen kräftiger und nachhaltiger im Geschmack. Das Aroma wird aber durch die Hefe überlagert und benötigt mehrere Monate bis zu seiner vollen Entfaltung. Der Feinhefekontakt ist daher nicht unbedingt für die schnelle Vermarktung der einfacheren Weintypen zu empfehlen. Substanzreiche Weine, die trocken ausgebaut werden, benötigen den intensiven Feinhefekontakt – das regelmäßige (1 bis 2 x pro Woche) Aufheben der Hefe fördert/beschleunigt den Übergang der Inhaltsstoffe von der Hefe in den Wein. Dort, wo die Hefe weniger tauglich ist, muss mit einer Batonagehefe für Ersatz gesorgt werden. Der Feinhefekontakt ist ein unerlässliches Steuerungsinstrument zur Festlegung der Weintypen. Inwieweit die Feinhefe zusätzlich Einfluss auf die spätere Haltbarkeit der Weine nimmt, müssen weitere Untersuchungen noch zeigen. 9. Reduktiver/Oxidativer Ausbau Ein sehr reduktiver Ausbau im Most- und Weinstadium verhindert eine allzu schnelle Weinentwicklung. Er erhält viele Primäraromen, da die Freisetzung aus ihren jeweiligen Bindungsformen und ihre vielfach auf enzymatischen und oxidativen Vorgängen beruhenden Veränderungen verlangsamt werden. Aus geschmacklicher Sicht laufen parallel viele stofflich vergleichbare Prozesse ab, die in das Säure- und Phenolgefüge und deren Reifeentwicklung eingreifen. In Weinen, in denen die Substanz begrenzt ist, sind solche Reifungsprozesse weniger von Bedeutung. Einfacher strukturierte Weine nehmen es daher weniger übel, wenn sie sehr reduktiv in Edelstahlbehältern und bei höheren Schwefelgehalten ausgebaut werden. Grundsätzlich verlangsamt sich aber unter diesen Bedingungen die Weinentwicklung. Substanzreiche Weine des Typs II/III sollten daher – v. a. wenn sie trocken ausgebaut werden – die Möglichkeit haben, bei geringeren freien SO2-Werten ggfs. und zumindest phasenweise in Holz heranreifen zu können. 10. Behandlungsstoffe Weine des Typs II/III werden eher in Jahren mit höherer Reife wachsen. Diese Jahre waren in der Vergangenheit gekennzeichnet durch hohe Mostgewichte, niedrige Säuren und niedrige Extrakte sowie zum Teil überreifen Phenolstrukturen. Hohe Alkoholgehalte in den Weinen suchten ihren geschmacklichen Ausgleich und fanden ihn nicht, so dass die fertigen Weine durch den Alkohol dominiert wurden. Mit der Zugabe von Heferindenpräparaten, die ähnlich der Hefe durch ihre Abgabe von Hefeinhaltsstoffen wirken, konnte in vielen Weinen mehr geschmackliche Balance bewirkt werden. Noch bessere Ergebnisse konnten aber durch die gezielte Zugabe von geringsten Mengen an Traubentanninen bei höherwertigen Weißweinen erzielt werden. Die Weine zeichneten sich anschließend durch mehr Körper und Länge aus, der Alkohol war besser eingebunden und die Grundbalance deutlich verbessert. Positiv reagierten aber nur Weine mit einer guten Ausgangssubstanz – kleine Weine wurden dagegen durch die Zugabe der Tannine bitterer. Gerade in regenarmen Jahren mit hoher Reife müssen in Zukunft die Bedingungen auch beim Weinausbau zielgerichtet angepasst werden. Trockene Weine reagieren hier besonders empfindlich und erfordern alternative Ausbauformen. Die Differenzierung in verschiedene Weintypen verlangt dabei besonderes Fingerspitzengefühl. Nur durch hohe Mostgewichte lassen sich trockene Spitzenweine nicht mehr darstellen. Auch die Reduzierung des Ertragsniveaus setzt den Erfolgsaussichten allzu häufig enge Grenzen. Weiße Burgundersorten reagieren hier besonders empfindlich auf die einseitige Alkoholbetonung. Die Differenzierung der Weinstile wird in Zukunft von immer größerer Bedeutung sein. Typdifferenzierungen müssen daher bei den wichtigsten Rebsorten im Betrieb angestrebt werden – sie sollten aber mit viel Bedacht angegangen werden. Neben den oft diskutierten weinbaulichen Maßnahmen stehen auch kellerwirtschaftliche Maßnahmen zur Verfügung – sie könnten und sollten jedoch intensiver als bisher genutzt werden. |
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