Wie viel Zucker darf es sein?

Etwas Süßes wird immer gerne gegessen und getrunken. Zucker, in süßen Speisen, süßen Getränken oder in Schokolade und anderen Süßigkeiten, gehört ganz selbstverständlich im Leben dazu.
Das war nicht immer so. Denn erst mit der Entdeckung des Zuckergehaltes in Runkelrüben und der Entwicklung der Rübenzuckerindustrie im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde der Zucker für Jeden in Deutschland erschwinglich. Zuvor war das tropische Zuckerrohr der einzige Rohstofflieferant und Zucker war für die breite Bevölkerung kaum erschwinglich.

Zucker bietet vielfältigen Nutzen, unter anderem:
  • Ein süßer Nachtisch zum Abschluss eines guten Mittagessens, ein Stück Torte oder ein Stück
  • Schokolade bietet Genuss und Gaumenfreude. Eine Prise Zucker rundet auch immer den Geschmacksalziger Speisen ab.
  • Die typischen Aromastoffe und Farbstoffe, die sich beim Backen bilden, entstehen durch Reaktionen zwischen Zucker- und Eiweißbausteinen (sogenannte Maillard-Reaktion).
  • Zucker kann Wasser binden, wodurch das Wachstum von Mikroorganismen gehemmt wird. Diese Konservierungswirkung nutzt man beispielsweise bei der Herstellung von Konfitüren und Gelees.
  • Andere Einsatzbereiche in der Lebensmitteltechnologie sind beispielsweise die Vergärung von Zucker zu Alkohol bei der Herstellung von Wein oder Bier, die Säuerung und Dicklegung der Milch durch Umwandlung des Milchzuckers in Milchsäure von Milchsäurebakterien oder die Teiglockerung durch Hefen, indem Zucker zu Kohlendioxid und Wasser abgebaut wird.
  • Zucker liefert Energie - rund 4 kcal je Gramm. Zentralnervensystem, rote Blutkörperchen und Nierenmark sind auf Zucker (Glukose) als Energiequelle angewiesen.
  • Er kann in der Muskulatur und in der Leber in begrenzten Mengen gespeichert werden. Die Speicherform ist das Glykogen.

Das Lebensmittel Zucker ist nicht unumstritten. Er gilt teilweise als Dickmacher, als Ursache für verschiedene Stoffwechselerkrankungen oder auch als Vitaminräuber. Er wird aber auch gerne positiv als Nervennahrung beworben.
Sind diese Aussagen ein Fehlurteil oder verbirgt sich ein Stück Wahrheit dahinter?


Überblick Kohlenhydrate

Zucker gehört zu den Kohlenhydraten. Der Begriff bezeichnet i.d.R. den "normalen" Haushaltszucker, die Saccharose. Sie ist ein Zweifachzucker (Disaccharid), d.h. sie besteht aus zwei Bausteinen, einmal Traubenzucker (Glukose) und einmal Fruchtzucker (Fruktose). Andere Disaccharide sind z. B. der Milchzucker (Laktose) und der Malzzucker (Maltose). Neben den Disacchariden gibt es sogenannte Einfachzucker (Monosaccharide), Mehrfachzucker (Oligosaccharide) und Vielfachzucker (Polysaccharide, komplexe Kohlenhydrate):

KohlenhydrateBeispieleVorkommen in:
Monosaccharide (Einfachzucker)Glukose (Traubenzucker)
Fruktose (Fruchtzucker)
Galaktose (Schleimzucker)
Honig, Früchten, Fruchtsäften, Süßwaren,...
Disaccharide (Zweifachzucker)Saccharose (Rübenzucker)Zucker, Marmelade, Honig, Süßwaren,...
Maltose (MalzzuckerMalzbier
Laktose (Milchzucker)Milch
Oligosaccharide (Mehrfachzucker)Maltotriose, Maltotetrose, Maltopentose...
Dextrine
"Sportler-Getränke"
Toastbrot, Knäckebrot, Zwieback,...
Polysaccharide (Vielfachzucker)StärkeKartoffeln, Brot, Getreideerzeugnisse,...
GlykogenLeber
Zellulose, Lignin, PektinGetreide, Gemüse, Obst,...

Kohlenhydrate unterscheiden sich zum Teil erheblich in ihren Eigenschaften, so beispielsweise:

Süßkraft
Polysaccaride schmecken nicht süß, auch Oligosaccharide haben nur eine schwache Süße. Bei den Mono- und Disacchariden ist die Süßkraft sehr unterschiedlich:

Süßkraft *
Glukose70 %
Fruktose120 %
Saccharose100 %
Laktose30 %
Maltose40 %
* im Vergleich zur Süßkraft von Saccharose = 100%

Fruktose schmeckt fruchtig. Die Intensität ihrer Süße verändert sich mit der Temperatur, z.B.: bei +5 °C 145%, bei 40 °C 100%, bei 60 °C 80% Süßkraft. Fruktose kann somit sehr gut zum Süßen von Nachtisch und anderen kühlen Speisen und Backwaren verwendet werden. Man kann Kalorien einsparen, weil weniger verwendet werden kann als bei Saccharose, um den gleichen Süßeffekt zu erzielen. Beim Backen muss die Temperatur vorsichtig gewählt werden, da Fruktose schnell bräunt. In größeren Mengen wirkt sie abführend.
Glukose, Laktose und Maltose sind eher ungeeignet zum Süßen. Auf Grund ihrer geringeren Süßkraft braucht man mehr, um den gleich Süßeffekt zu erzielen wie bei Saccharose. Diese Zucker können gut verwendet werden, wenn Speisen kalorisch angereichert werden sollen.

Quellfähigkeit
Stärke quillt bei höheren Temperaturen und kann bis zum 100fachen des Eigengewichtes, wie im Falle der Kartoffelstärke, an Wasser binden. Beim Abkühlen wird die Masse fest (Puddingeffekt).
Cellulose und andere Ballaststoffe quellen ebenfalls in Wasser und erfahren eine deutliche Volumenzunahme. Ein Effekt, der bei der Verdauung gut zu spüren ist: Reichlicher Verzehr von Ballaststoffen fördert einen gesunden Stuhlgang: das Stuhlgewicht steigt, die Darmpassage wird verkürzt, der Darm ist "mobiler".


Macht Zucker dick?

Kohlenhydrate enthalten rund 4 kcal je Gramm. Sie sind unsere wichtigste Energiequelle.
Damit der Körper diese Energie nutzen kann, müssen Disaccharide, Oligo- und Polysaccharide bei der Verdauung von bestimmten Enzymen, wie Amylasen und Saccharidasen, in die Einzelbausteine gespalten werden. Diese gelangen aus dem Darm in die Blutbahn und so an alle Orte im Körper, wo sie gebraucht werden.

Glukose ist die wichtigste Energiequelle für die menschlichen Körperzellen. Aus ihr kann sowohl mit Hilfe von Sauerstoff (aerob) als auch ohne Sauerstoff (anaerob) Energie gewonnen werden. Der Abbau wird als Glykolyse bezeichnet. Die meisten Organe und Gewebe (z.B. Muskulatur, Fettgewebe) brauchen das Hormon Insulin für die Aufnahme von Glukose in die Zellen und deren Verwertung.
Insulin, im Zusammenspiel mit anderen Hormonen, sorgt dafür, dass der Blutzuckerspiegel in engen Grenzen konstant gehalten wird:
Nach Verzehr beispielsweise einer Scheibe Brot, einer Banane oder von Keksen steigt der Blutzuckerspiegel. Die Bauchspeicheldrüse schüttet Insulin aus Das sorgt für die Aufnahme der Blutglukose in die Zellen, der Blutzuckerspiegel sinkt wieder. Umgekehrt, z.B. nach intensiver körperlicher Anstrengung, sorgen die Gegenspieler des Insulins dafür, dass Glukose aus den Depots freigesetzt wird und der Blutzuckerspiegel wieder ansteigt .

Fruktose wird rasch verwertet. Ein geringer Teil wird in den Dünndarmzellen in Glukose umgewandelt. In der Leber kann Fruktose in die Glykolyse oder die Glykoneogenese (= Neubildung von Glukose) eingeschleust werden bzw. auch über die Bildung von Glycerin für die Neubildung von Triglyceriden (Fetten) verwendet werden. Das Besondere: die Verwertung der Fruktose ist unabhängig von Insulin. Allerdings ist die Kapazität begrenzt auf etwa 50 g / Tag.

Je nachdem, welche Lebensmittel gegessen werden, steigt der Blutzuckerspiegel, und in der Folge auch die Insulinausschüttung, unterschiedlich stark. Beispielsweise gelangen Kohlenhydrate aus Vollkornbrot oder Haferflocken sehr viel langsamer in die Blutbahn als Kohlenhydrate aus Limonade oder Weißbrot. Letztere bewirken einen steilen Blutzuckeranstieg und eine starke Insulinreaktion. Insulin bringt den Blutzuckerspiegel wieder auf Normalniveau, denn es veranlasst die Aufnahme von Glukose in die Körperzellen. Insulin hat jedoch noch andere Wirkungen. Beispielsweise hemmt es auch die Lipolyse (Spaltung von Triglyceriden im Fettgewebe) und fördert die Einlagerung von Körperfett.
Günstig ist es, wenn Süßes bei einer Mahlzeit gegessen wird und nicht zwischendurch genascht wird.
Auch spielt das Verhältnis von Nährstoffgehalt zu Kaloriengehalt der Lebensmittel eine Rolle. Saccharose beispielsweise hat kein Protein, keine Vitamine, Mineralstoffe oder Ballaststoffe und liefert nur Energie. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von "leeren" Kalorien. Ähnliches gilt für viele süße Getränke und Süßigkeiten. Je mehr davon konsumiert werden, umso schwieriger wird es, den Nährstoffbedarf zu decken ohne dass zu viele Kalorien aufgenommen werden. Jeder Bundesbürger konsumiert durchschnittlich rund 90 Gramm Zucker pro Tag, eingeschlossen der Zuckergehalt in Süßwaren. Das sind umgerechnet etwa 360 kcal oder bereits 15 % des durchschnittlichen täglichen Energiebedarfs eines Erwachsenen.

Experten der Deutschen Fachgesellschaften Adipositas, Diabetes und für Ernährung beschreiben in ihrem Konsensuspapier (siehe Quellen) einen Zusammenhang zwischen überhöhter Kalorienzufuhr durch reichlichen Zuckerverzehr. Vor allem der hohe Konsum süßer Getränke wird kritisch betrachtet als Risikofaktor für Diabetes Typ 2.


Ist Zucker ein Vitaminräuber?

Fakt ist, dass Vitamin B1 als Coenzym für den Abbau der Glukose benötigt wird. Es wird hierbei jedoch nicht verbraucht, da es lediglich Stoffwechselreaktionen ankurbelt (Katalysator). Zucker und andere Kohlenhydrate können deshalb nicht als "Vitaminräuber" bezeichnet werden.
Fakt ist aber auch, dass Zucker und viele Süßigkeiten, ebenso wie Weißmehlerzeugnisse, kein oder nur wenig Vitamin B1 enthalten. Andere kohlenhydrathaltige Lebensmittel enthalten das Vitamin hingegen reichlich. Dazu gehören insbesondere Vollkornerzeugnisse, Kartoffeln und Hülsenfrüchte. Entscheidend ist somit die Lebensmittelwahl: Wenn viel Vollkornbrot und -erzeugnisse, Kartoffeln u.ä. gegessen werden, dann sind geringere Mengen Süßes im Hinblick auf die Vitamin B1 Versorgung kein Problem.


Ist Zucker Nervennahrung?

Das Zentralnervensystem gewinnt seine Energie i.d.R. aus Glukose. Insofern stimmt die Aussage, dass Zucker Nervennahrung ist.
Sehr viel besser als reiner Zucker ist aber im allgemeinen z.B. ein frischer Apfel, der sowohl Zucker als auch verschiedene Vitamine und Mineralstoffe enthält. Ähnliches gilt für Brot, Getreideflocken, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Gemüse und andere Obstarten: Stärke und fruchteigener Zucker versorgen den Körper mit Energie; darüber hinaus werden Denk- und Lernprozesse nachhaltig durch die Fülle an verschiedenen B-Vitaminen unterstützt.

Anders in Situationen, wo eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) droht, wie beispielsweise bei Diabetes oder bei starken körperlichen Belastungen. Hier muss sehr schnell verfügbarer Zucker aufgenommen werden. Das kann einfach mit einem Stück Traubenzucker gelingen.


Wie viel Zucker darf es sein?

Der Fokus bei der Kohlenhydratzufuhr sollte auf ballaststoffreiche, stärkehaltige Lebensmittel gelegt werden! Süßes kann sein - in geringen Mengen, muss aber nicht sein.

Die Zufuhr an Zucker sollte maximal 10 Prozent der Tageskalorien betragen.
Diese Empfehlung bezieht sich auf die sogenannten von freien Zucker. Dazu zählen Mono- und Disaccharide, die Lebensmitteln zugesetzt werden sowie natürlich vorkommende Zucker in Honig, Sirupen, Smoothie, Fruchtsäften und Fruchtsaftkonzentraten. Nicht dazu zählt der Zucker in Obst, Gemüse und in Milch.

Dazu ein einfaches Rechenbeispiel:
Eine 52jährige Frau, mittlere körperliche Aktivität, mit einem Kalorienbedarf von rund 2000 kcal/ Tag sollte demnach bis zu etwa 50 g freie Zucker aufnehmen.
Diese Menge wird bereits erreicht durch:
25 g Konfitüre: ~ 15 g Zucker + 1 Glas Colagetränk (330 ml): ~ 35 g Zucker


Zucker hat viele Namen

Zucker wird vielen Lebensmitteln zugesetzt ohne dass dies auf den ersten Blick zu erkennen ist. Auskunft gibt das Zutatenverzeichnis bei verpackten Lebensmitteln. Unterschiedliche Bezeichnungen weisen auf die zugestzte Süße hin: Glukose, Glukosesirup, Traubenzucker, Fruktose, Fruchtzucker, Dextrose, Maltodextrin, Maltose, Malzzucker, Laktose, Milchzucker, Saccharose u.v.m.

Auch "natürliche" Süßungsmittel wie Honig, Sirup oder Fruchtdicksäfte sollten beachtet werden. Sie sind aus gesundheitlicher Sicht ähnlich zu werten wie herkömmlicher Zucker. Honig enthält etwa 80 % Zucker (Glukose, Fruktose, Saccharose). Sein Energiegehalt beträgt 3,3 kcal/ g. Zum Süßen kann die gleiche Menge Honig wie Zucker verwendet werden, vielleicht auch etwas weniger, da Honig geschmacksintensiv ist. Durch seine klebrige Konsistenz birgt er allerdings ein hohes Kariesrisiko. Ahornsirup enthält durchschnittlich 65 %, Rübensirup etwa 62 % und Apfel- und Birnendicksaft 78 % Zucker.


Unser Tipp: Wenn Sie Ihren Zuckerkonsum einschränken möchten...

Ungefähr zwei Drittel des Zuckers nehmen wir "versteckt" über verarbeitete Lebensmittel auf, das meiste über Getränke. Oft wird nicht berücksichtigt, dass Fruchtsäfte genauso viel Zucker enthalten wie Limonaden oder Cola. Im ersten Fall ist es die natürliche Fruchtsüße und im anderen Fall der zugesetzte Zucker. Der Kaloriengehalt des Zuckers ist in beiden Fällen identisch.
  • Löschen Sie Ihren Durst vorzugsweise mit Wasser, Mineralwasser und Tee. An heißen Tagen ist z.B. ein Spritzer Zitronensaft im Mineralwasser sehr erfrischend.
  • Trinken Sie Fruchtsaftschorlen mit 2 bis 3 Teilen Mineralwasser!
  • Die löslichen Kaffeespezialitäten enthalten oft hohe Zuckeranteile. Vergleichen Sie die Zutatenlisten der unterschiedlichen Produkte.
  • Trinken Sie Tee und Kaffee ungesüßt oder schwach gesüßt.
  • Viele Frühstückszerealien, Fertig-Desserts, Backwaren, Kinderlebensmittel, Nuss-Nougat-Cremes u.v.m. enthalten hohe Zuckermengen.
  • Bereiten Sie süße Nachtische, Backwaren u.ä. selbst zu. Die Zuckermengen der meisten Rezepte können reduziert werden.
  • Fruchtjoghurt kann sehr einfach aus Naturjoghurt, Obst und etwas Zucker zubereitet werden. Damit erzielen Sie direkt mehrere Vorteile: fruchtiges Aroma durch die frischen Früchte, mehr Vitamine und Mineralstoffe und wenig(er) Zucker.
  • Obst ist der optimale Snack.
  • Wenn Sie gerne beim Fernsehen naschen, stellen Sie sich einen Teller mit Rohkost und Nüssen bereit.
  • Geben Sie sich ein Wochenkontingent an Süßigkeiten. Manchmal ist es auch hilfreich, wenn Sie den Vormittag konsequent zuckerfrei halten oder wenn Sie sich vorgeben, nur einmal am Tag etwas Süßes zu essen.
  • Vielleicht ist der Abstand zwischen den Hauptmahlzeiten zu groß? Ein kleiner herzhafter Imbiss zwischendurch kann den Heißhunger auf Süßes bremsen.


Süßes bedeutet für viele von uns Genuss und Spaß beim Essen. Das soll auch so sein.
Entscheidend ist letztendlich die Menge. Zuviel Zucker oder süße Lebensmittel beeinträchtigen das Geschmacksempfinden für die natürlichen Aromen der Speisen und können langfristig in überflüssigen Pfunden zu Buche schlagen.


Quellenangaben und weitere Informationen


irmgard.luetticken@dlr.rlp.de     www.fze.rlp.de/ernaehrungsberatung