![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
Kinderlebensmittel im Blickpunkt |
Stand: 02/04/2025 |
Wer kennt sie nicht, die Bärchenwurst, Kinderschokolade, Dinosuppe oder Fruchtzwerge? Oft versprechen diese Produkte eine extra Portion Milch oder enthalten Zugaben von Vitaminen und Mineralstoffen. Glaubt man der Werbung, so brauchen Kinder diese, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Lebensmittel. Sie erwecken den Anschein, besonders gesund und wertvoll zu sein. Wer möchte da nicht zugreifen, denn man will für seine Kinder schließlich nur das Beste. Außerdem „fahren Kinder total ab“ auf diese speziell für sie kreierten Produkte. Doch halten diese sogenannten Kinderlebensmittel das, was sie versprechen? Können unsere normalen Grundnahrungsmittel diese Ansprüche nicht auch erfüllen? Was sind Kinderlebensmittel und wie erkennt man sie? Es gibt keine Definition dafür, was genau ein Kinderlebensmittel ist. Die Produkte unterliegen dem allgemeinen Lebensmittelrecht, genau wie herkömmliche Lebensmittel. Das bedeutet, dass keine besonderen Schutzbestimmungen gelten und die Hersteller sich nicht an bestimmte, kindgerechte Richtlinien halten müssen. Zu unterscheiden sind Kinderlebensmittel aber unbedingt von Lebensmitteln für Kleinkinder, die auch oft mit dem Hinweis „ab 12 Monate“ versehen sind. Solche Kleinkinderlebensmittel und kommerzielle Säuglingsnahrung unterliegen der Diät-Verordnung, die für Rückstände, Schadstoffe und bestimmte Inhaltsstoffe strenge Regeln setzt. Hier sei nur am Rande angemerkt, dass auch bei diesen Produkten die Zutatenliste kritisch gelesen werden sollte. Die Rezepturen der einzelnen Produkte stimmen nicht immer mit den Ernährungsempfehlungen für diese Altersklassen überein. So kann ein „Babykeks ab dem 8. Monat“ trotz „babygerechter Rezeptur“ 25 Prozent Zucker enthalten oder Instant-Tees für Kleinkinder auf der Basis von Zuckergranulat hergestellt sein. Dennoch gibt es für Kinderlebensmittel spezielle Erkennungsmerkmale, die seinerzeit vom Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE, heute Forschungsdepartment Kinderernährung, Universitätskinderklinik Bochum) erarbeitet worden sind: Kinderlebensmittel... ....führen „Kinder“ oder „Kids“ im Namen. ...sind in der Aufmachung speziell auf Kinder zugeschnitten. Sie haben spezielle Portionsgrößen für Kinder und oft Verpackungen und Gestaltungen in Form von Tier- oder Comicfiguren. ...sprechen Essens- und Geschmacksvorlieben von Kindern an. Sie sind z.B. stark gesüßt oder aromatisiert. ...erwecken den Eindruck, besonders wertvoll, gesund und zeitgemäß zu sein, z.B. mit der „extra Portion Milch“, „besonders reich an Calcium“. ...sprechen über die Werbung speziell die Zielgruppe Kinder an. ...enthalten Zugaben wie Spiele oder Karten zum Sammeln. In den 80er Jahren hat die Lebensmittelindustrie Kinder als wichtige Kundengruppe entdeckt. Sie gelten seitdem als Motor für den Kauf vieler Produkte. Kinder haben im Durchschnitt 24,90 Euro Taschengeld im Monat zur Verfügung (2023) und geben davon einen großen Teil für Süßigkeiten aus. Zudem beeinflussen sie oftmals die Kaufentscheidungen der Eltern. Mehr als 90 Prozent der Lebensmittelwerbung, die Kinder im Internet oder Fernsehen wahrnehmen, ist für Fast Food, Snacks oder Süßes, und eine zunehmend hohe Bedeutung kommt den sozialen Medien und der Lebensmittelvermarktung durch Influencer zu, so die Feststellungen des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL). Das Markenbewusstsein wird so schon bei Kindern gefördert, um sie auch als zukünftige Kunden zu binden. Geschmack wird früh geprägt und kann die Basis sein für „lebenslange“ Produkttreue. Insgesamt gibt es mehr als 400 Kinderlebensmittel, und es werden jährlich mehr. Sie lassen sich in folgende Kategorien einteilen:
Kinderlebensmittel unter die Lupe Die meisten Produkte sind Süßigkeiten oder Gebäck. Die Gruppe der Milchprodukte ist ebenfalls ziemlich groß, direkt gefolgt von Würstchen und Aufschnitt. Obst- und Gemüseprodukte treten beispielsweise in pürierter Form in Quetschbeuteln in Erscheinung. Vollkornprodukte sind selten. Kinderlebensmittel stehen im Ruf, zu süß und/ oder zu fettreich zu sein. Dem ist auch so, wie verschiedene Untersuchungen beispielsweise von Foodwatch gezeigt haben. 2021 hat die Organisation 283 Kinderlebensmittel anhand der WHO-Kriterien für ernährungsphysiologisch ausgewogene Lebensmittel bewertet. 85,5 Prozent der untersuchten Produkte sollten demnach nicht für Kinder beworben werden, weil sie mehr Zucker, Fett und/ oder Salz als empfohlen enthielten. Gegenüber einer ähnlichen Studie in 2015 hat sich nach Erkenntnis von Foodwatch wenig verändert. Damals entsprachen 89,1 Prozent der untersuchten Kinderlebensmittel nicht den Erwartungen. Kinderlebensmittel sind oft zu süß Kinderlebensmittel enthalten meist mehr Zucker als vergleichbare normale Lebensmittel und schmecken daher süßer. Das sind vor allem Kinderjoghurts, Cerealien, Riegel und Getränke. Ein Blick in die Zutatenliste zeigt, dass Kinderlebensmittel oft verschiedene süßende Zutaten enthalten wie Zucker, Honig, Traubenzucker, Glukose, Glukose-Fruktose-Sirup oder Fruktose. All diese Zutaten sind Süßungsmittel mit praktisch genauso vielen Kalorien wie Haushaltszucker und können Übergewicht und Karies fördern. Aufschriften wie „ohne Kristallzucker“ oder mit „Traubenfruchtsüße“ täuschen manchmal darüber hinweg, dass alternative Süßungsmittel eingesetzt werden. Hilfreich ist ein Blick in die Nährwertangaben, denn hier muss die Summe aller Ein- und Zweifachzucker ausgewiesen sein. Kinderlebensmittel enthalten überflüssige Vitamin- und Mineralstoffzusätze Viele Kinderlebensmittel werden mit Vitaminen und Mineralstoffen angereichert. Ernährt sich ein Kind jedoch vielseitig und abwechslungsreich, ist ein Verzehr angereicherter Lebensmittel nicht notwendig. Es gibt zudem noch keine gesetzlichen Vorschriften, die Höchstmengen vorgeben. So übersteigen die Vitamin- und Mineralstoffzusätze häufig die empfohlene Tagesdosis. Ein Übermaß insbesondere der fettlöslichen Vitamine, aber auch an Mineralstoffen und Spurenelementen wird gesundheitlich eher kritisch gesehen. Ein Zuviel an einzelnen Mineralstoffen kann die Aufnahme anderer Mineralstoffe beeinträchtigen. So rät das Bundesinstitut für Risikobewertung beispielsweise von einer Eisenanreicherung in Kinderprodukten ab. Inwieweit eine dauerhaft zu hohe Eisenversorgung Entzündungsprozesse begünstigt oder ein Risiko für Herzkreislauferkrankungen, Diabetes oder Krebs fördert, ist offen. Setzt man diese angereicherten Produkte häufig im täglichen Speiseplan ein, kann dies schnell zur einseitigen Ernährungsweise führen. Kinderlebensmittel enthalten unnötige oder bedenkliche Zusatzstoffe Damit es schön bunt ist, sich lange hält, Knuspergeräusche erzeugt oder so richtig fruchtig schmeckt, werden oftmals Farbstoffe, modifizierte Stärken, Säureregulatoren, Verdickungsmittel, Aromen oder Geschmacksverstärker hinzugefügt. Durch Farbstoffe erhalten die Waren ein, besonders für Kinder, ansprechendes Aussehen. Erwachsenen täuschen sie häufig eine bessere Qualität vor. So scheint der stark gefärbte Joghurt besonders viele Früchte zu enthalten. Für Kinder kritische Azofarbstoffe müssen mit folgendem Warnhinweis auf der Verpackung versehen werden: „ …kann die Aktivität und Aufmerksamkeit von Kindern beeinträchtigen“. Aromastoffe suggerieren den Geschmack von bestimmten Früchten oder anderen Zutaten, die gar nicht oder nur in geringen Mengen enthalten sind. Durch den Einsatz von Aromastoffen schmeckt das Produkt immer gleich. Ein Zusatz „natürlich“ bedeutet nicht, dass die Aromen aus der Frucht, z.B. Erdbeere oder Kirsche, kommen. Sie werden industriell lediglich aus natürlichen Grundstoffen gewonnen. Holzabfälle oder gezüchtete Schimmelpilzkulturen können auch „natürliche“ Ausgangsstoffe für Aromen sein. Durch den Zusatz geschmacksverstärkender Stoffe werden Kinder schon früh an den Einheitsgeschmack industriell gefertigter Lebensmittel gewöhnt. Das kann dazu führen, dass Kinder den Geschmack von natürlichen Lebensmitteln nicht mehr kennen oder ihn als zu wenig intensiv empfinden. Heute werden seltener Geschmacksverstärker wie Glutamat als vielmehr Zutaten wie Hefeextrakt oder geschmacksverstärkende natürliche Inhaltsstoffe, z.B. aus der Tomate, Kinderlebensmitteln zugesetzt. Da es sich somit um Lebensmittelextrakte handelt, können die entsprechenden Produkte als „frei von geschmacksverstärkenden Zusatzstoffen“ deklariert werden. Die geschmacksverstärkende, appetitanregende Wirkung bleibt die gleiche. Auch Süßstoffe wirken als Geschmacksverstärker. Sie stärken zugleich bei den Kindern den Wunsch nach Süße. Der Zusatz von Zitronensäure und andere Säuren, vor allem in Getränken und Süßwaren, fördert besonders stark Zahnschädigungen. Wie sich die Vielzahl an Zusatzstoffen auswirkt und welche Wechselwirkungen zwischen ihnen bestehen, ist ungeklärt. Auch deshalb sollten gerade Lebensmittel für Kinder wenn überhaupt, dann möglichst wenige verschiedene Zusatzstoffe enthalten. Kinderlebensmittel sind zu teuer und belasten die Umwelt Eine Vielzahl der Produkte speziell für Kinder ist stark überteuert. Sie kosten oft mehr als normale beziehungsweise natürliche Lebensmittel. Oft wird nur der bekannte Markenname des Produktes teuer bezahlt. Auch besondere Formen wie z.B. Sterne, Bärchen usw. sorgen dafür, dass das Lebensmittel bis zu viermal teurer ist als das normale Lebensmittel. Beigaben wie Plastikspielzeug, Sticker, Sammelkarten usw. sollen den Kauf anregen, verursachen allerdings unnötige Kosten, produzieren viel Müll und belasten so die Umwelt. So erkennt man die Qualität von Kinderlebensmitteln Anhand der Zutatenliste kann man erkennen, was in einem Fertigprodukt steckt. Alle verwendeten Zutaten werden in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils in der Liste aufgeführt. Stehen Zucker und Zuckerarten oder Fett ganz vorne, dann ist ein Hinweis, dass das Produkt sehr süß beziehungsweise kalorienreich ist. Werden allerdings verschiedene Zuckerarten verwendet, ist der süße Charakter eines Lebensmittels oftmals nicht ersichtlich. Dann ist hilfreich, dass auf allen verpackten Lebensmitteln die Nährwerte angegeben werden müssen. Hohe Fett- und Zuckergehalte können auf diese Weise identifiziert werden. Bei einer Angabe „Fett, gehärtet“ muss mit Transfettsäuren im Lebensmittel gerechnet werden. Auf „Palmöl“ sollte aus Nachhaltigkeitsgründen verzichtet werden. Zusatzstoffe wie Geschmacksverstärker (z. B. Glutamat), Farbstoffe, Süßstoffe, Konservierungsstoffe, Antioxidationsmittel oder Phosphate sowie Aromastoffe können ebenso anhand der Deklaration identifiziert werden. Was kann man weiterhin tun? Vor dem Kauf von Kinderlebensmitteln sollte man überlegen, ob die Produkte wirklich notwendig und sinnvoll sind. Gegen eine gelegentliche Verwendung von Kinderprodukten ist nichts einzuwenden, eine strikte Ablehnung erhöht nur das Verlangen bei den Kindern. Kinderlebensmittel können mit Grundnahrungsmitteln „gestreckt“ werden, z. B. Fertigsuppe mit frisch gedünstetem Gemüse, Fruchtjoghurt mit Naturjoghurt oder Fertigmüsli mit Haferflocken. Auf jeden Fall sollten Kinder den natürlichen Geschmack von Lebensmitteln kennen lernen. Deshalb sollte das abwechslungsreiche – auch mit Kindern gemeinsame – Kochen mit frischen Zutaten im Vordergrund stehen. Fazit Abschließend kann man sagen, dass Kinderlebensmittel überflüssig sind. Es besteht keine Notwendigkeit, Kindern spezielle Lebensmittel zu geben. Sie erschweren in vielen Fällen sogar eine gesundheitsfördernde Ernährung. Ab und zu genossen, richten Kinderlebensmittel keinen Schaden an. Langfristig ist jedoch entscheidend, Kinder an die natürlichen Lebensmittel heranzuführen und sie am täglichen Familienessen teilhaben zu lassen. Eine abwechslungsreiche, vielseitige und möglichst vollwertige Ernährung versorgt die Kinder mit allen notwendigen Nährstoffen. Quellenangaben und weitere Informationen
|
![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ||||||||||||
|