Quitten - eine alte Obstart - neu entdeckt? (11/04)

In den letzten Jahren wird von verschiedenen Seiten die Quitte wieder stärker ins Gespräch gebracht. Besonders für Privatvermarkter kann sie das Angebot positiv erweitern. Der Anbau von Quitten macht bis auf wenige Ausnahmen - Feuerbrand - wenig Probleme. Der Absatz über Genossenschaften kann problemtisch werden, wenn das Angebot zu groß ist, da die Quitten fast ausschließlich in die Verarbeitung gehen und nicht für den Frischverzehr gedacht sind.

Die Quitte - mehr als eine Unterlage!
Die botanische Bezeichnung für Quitten heißt “Cydonia” und stammt aus dem lateinischen “ mela cydonia”, was so viel heißt wie Äpfel aus Kydon, wobei Kydon der alte Name für Kreta ist. Die Wildformen stammen aus Transkaukasien, Turkestan und Persien und kamen von dort über Kleinasien, Nordafrika nach Südeuropa. Heute sind sie weltweit zu finden. In Deutschland gibt es nur ganz wenig Erwerbsanlagen; überwiegend finden wir Quitten in Hausgärten.
Die Quitte eignet sich zu Genuß- und Heilzwecken. Sie ist roh fast nicht zu genießen, da das Fruchtfleisch sehr hart und der Geschmack herbsauer ist, was dem typischen Obstgenießer nicht unbedingt zusagt. Der hohe Pektingehalt der Früchte wird in der Verarbeitung zu Marmeladen, Gelee, Quittenbrot oder anderen Produkten genutzt. Bei der Fruchtsaftherstellung wird Quittensaft gerne als Verschnitt verwendet, da der hohe Anteil an Säuren, Gerb- und Aromastoffen geschätzt wird. Schnapsbrenner beurteilen den Rohstoff Quitte ebenfalls positiv. Quittenschleim wird in der Medizin als Heilmittel eingesetzt. Schon die Heilige Hildegard von Bingen nutzt die Quitten als Mittel gegen Gicht, Verschleimung oder Geschwüre.

Blüte und Bestäubung
Die Blütezeit der meisten Quittensorten ist fast 3 Wochen später als die der Birnensorte Conference. Dadurch sind die Blüten fast nicht spätfrostgefährdet. Wenn Schäden zur Blütezeit auftreten, so werden die Neutriebe, an denen endständig die Blüten sitzen, in Mitleidenschaft gezogen. Zur Blütezeit herrschen meist schon etwas wärmere Temperaturen, so daß die Insekten, die durch die großen rosafarbenen Blütenblätter und den Nektar angelockt werden. Beim Öffnen der Blüten sind die Narben bei vielen Sorten schon mit sorteneigenen Pollen belegt; dadurch können die meisten Sorten auch als Einzelbäume gepflanzt werden. Eine Ausnahme macht die Sorten ‘Konstantinopeler’ und ‘Riesenquitte von Leskovacz’. Zur Blütezeit sind die Quitten hoch anfällig für Feuerbrand.

Ansprüche an Boden, Lage, Klima
Die Quitten lieben warme, mittelschwere nicht zu trockene Böden, auf keine Fall Staunässe. Wichtig ist der Kalkgehalt des Bodens. Bei pH-Werten über 7 neigen Quitten zur Chlorose.
pH-Wert beachten 6,0 - 6,3
K2O15 - 25 mg je 100 g Boden
P2O515 - 20 mg je 100 g Boden
MgO12 mg je 100 g Boden
Bor0,8 mg je 100 g Boden
HumusHumus 1,5 - 2,5 %
Tab. 1: Optimalwert für Quitten

Die Lage sollte etwas geschützt und warm sein. Quitten sollten nicht zu sehr dem Wind ausgesetzt werden. In kalten Lagen läßt die Fruchtbarkeit und der Duft der Früchte nach.
Zu beachten ist die hohe Frostanfälligkeit, sowohl im Winter, wie auch zur Blüte, aber auch besonders ausgeprägt im Herbst, wenn das Holz nicht richtig ausgereift ist.

Unterlagen
Die verbreiteste Unterlage für unser Kultursortiment ist Quitte A. Möglich sind aber auch Veredelungen auf andere Quittentypen z.B. Adams, BA 29 oder C oder auf Weißdorn (Crataegus monogypae). Bei Weißdorn ist auf die Feuerbrandgefahr zu achten. Darüber hinaus kommt es öfter zu Unverträglichkeiten. BA 29 ist in kalkreicheren Böden zu bevorzugen.Hierzu gibt die Darstellung “Quitenunterlagen”
einen Überblick.

Pflanzung
Auf Grund der hohen Winterfrostanfälligkeit sollte die Pflanzung soweit dies möglich ist, im Frühjahr erfolgen. Die Pflanzendichte variiert zwischen 1000 und 2000 Bäumen, je ha, was einem Pflanzraster von 3,5 x 2,5 m bis 3,5 x 1,5 m entspricht. Aus einem Versuch an der SLVA Ahrweiler läßt sich ablesen, daß der optimale Abstand etwa bei 1,5 m liegt (siehe Abbildung Pflanzabstände).
Bezüglich der Düngung sind Quitten anspruchslos. Wenn gedüngt wird, sollten physiologisch saure Dünger - wegen der hohen Chlorosegefahr verwendet werden. Quitten reagieren positiv auf organische Dünger.

Ernte und Lagerung
Bei der Ernte - je nach Sorte von Mitte September bis Mitte Oktober - ist darauf zu achten, daß der Farbumschlag von grün nach gelb (ähnlich Golden Delicious) gegeben ist und der Filzüberzug deutlich zurücktritt. Der Stiel muß an der Frucht bleiben.
Nachstehend sind einige der an der SLVA Ahrweiler stehenden Sorten mit Ernteterminen aufgelistet.

SorteDatum
Ekmek23. September
Sekergeurek23 September
Limon25. September
Bencikli26. September
Cukurgöbek28. September
Vranja30. September
Portugiesische01. Oktober
Bereczki03. Oktober
Ronda03. Oktober
Konstantinopeler05. Oktober
Sobu07. Oktober
Tabb. 2: Erntetermine im Durchschnitt der Jahre 1993-1996

Bei einer zu frühen Pflücke sind die Früchte unreif und haben eine geringe Aromaausbildung, da sie wie Äpfel eine klimakterische Frucht sind. Werden die Quitten zu spät gepflückt, so neigen sie zu Verbräunungen im Fruchtfleisch, die Stärke wird zu stark abgebaut und die Aromastoffe sind verflüchtigt.

Für die Verarbeitung sollten die Früchte gepflückt werden, wenn keine Grünanteile mehr in der Schale sind; eine Nachlagerung von 2 - 3 Wochen ist ratsam, um die volle Aromabildung zu gewährleisten. Über die Lagerung der Quitten ist nur sehr wenig bekannt. Eine Frischluftlagerung bei + 0,5o C mit Birnen ist möglich. Österreichische Erfahrungen besagen, daß auch ein CA-Lagerung mit Gloster möglich sei. Zu beachten ist, daß der intensive Quittengeruch zu Geschmacksbeeinträchtigungen der anderen Früchte führen kann.

Quittensorten
Quittenfrüchte sind gelbfleischig.
Vor allem nach der Fruchtform lassen sich Quitten in zwei Gruppen teilen.

Apfelförmige Quitten sind trocken und hart im Fruchtfleisch; sie haben viele Steinzellen und das typische Quittenaroma.

Birnenförmige Quitten sind weicher als Apfelquitten; sie haben weniger Steinzellen

Welche Anforderungen stellen wir an Quittenfrüchte
  • die Reife soll gleichmäßig sein, kein Durchpflücken.
  • die Früchte sollen groß, mindestens 200 g schwer sein.
  • die Früchte sollen glatt und bei der Ernte frei vom Filz sein.
  • es darf keine Verbräunung des Fruchtfleisches und nur wenig Steinzellen geben.
  • die Inhaltsstoffe müssen folgende Parameter aufweisen
  • mindestens 15 o Brix Refraktometerwert
  • um die 20 %o Säure nach 2 Wochen Lagerung.
  • gelbe Saftfarbe
  • typisches Quittenaroma

Derzeit werden an der SLVA Ahrweiler weit über 30 Sorten getestet. Eine Kurzbeschreibung neuer türkischer Sorten und ein Überblick über die gängigen Sorten soll hier erfolgen:

Cukurgöbek
Die Frucht ist zylindrisch 94 mm lang und 92 mm breit, am Stielende verengt; die Kelchblattseite breiter, Stielnabel versenkt und meistens berostet; Kelchnabel sehr tief und leicht segmentiert; Kelchblätter dunkelbraun gefärbt; Schale hellgelb und dünn. Reifezeit ist Mitte bis Ende September.

Bencikli
Die Frucht ist gedrungen oval; 102 mm und 72 mm breit; an der Stielseite sehr breit; der Stielnabel ist segmentiert; Kelchnabel tief segmentiert; Kelchblätter braungefärbt, Schalenfarbe gelb-grün; Schale dünn aber hart. Reifezeit ist Mitte bis Ende September

Ekmek
Die Frucht ist bauchig, in der Mitte breiter, an Stiel- und Kelchseite verengt.
112 mm lang und 99 mm breit, Stielseite etwas enger als Kelchseite, Stielnabel leicht segmentiert und, Kelchnabel sehr tief und breit, Kelchblätter sehr dunkelbraun, die Schale ist gelb, dick und hart. Reifezeit Mitte bis Ende September.

Sekergeurek
Die Frucht ist länglich oval, Stielnabel eng und leicht vertieft, schwach berostet, Kelchnabel in der Mitte breit und tief, leicht segmentiert; Schale ist gelb gefärbt, dünn und relativ hart, Fruchtfleisch cremig hell, knackig, süß. Reifezeit Ende September - Anfang Oktober.

Limon
Die Frucht ist länglich oval, die Kelchseite ist breiter, Stielnabel kaum vertieft, leicht segmentiert und berostet, Kelchnabel ist sehr breit und tief segmentiert, Schale ist gelb, dünn und hart. Reifezeit Ende September.

Sobu
Die Früchte sind sehr groß 110 mm (bis 500 g schwer); birnenförmig; Schale ist gelb und dünn. Reifezeit Anfang Oktober; Ertrag hoch.

Sortenvergleich
In einem 1991 im Frühjahr gepflanzten Sortenvergleich auf Quitte A im Pflanzabstand von 3,5 x 2,5 cm ergibt sich nach 5 Ertragsjahren derzeit folgendes Bild:
1.Die Sorte Konstantiopeler hat die höchsten Anfangserträge. Im Durchschnitt etwa 8 - 9 kg je Baum, was einem ha-Ertrag von 12,5 t entspricht.
2.Die bewährten Sorten Portugiesische und Vranja folgen.
3.Von den türkischen Sorten können nur Sobu und Cukurgöbek befriedigen.
4.1997 war bis auf Sobu und Konstantiopeler ein Totalausfall durch Blütenfrost zu verzeichnen.
5.Die Bäume kommen jetzt in den Vollertrag und müssen ihre Ertragskapazität unter Beweis stellen.

Einen Überblick über die gängingen Sorten gibt die Zusammenfassung “Sorten”

Zusamenfassung
Auf Grund ihres geringen Pflegebedarfes und der relativ regelmäßigen Erträge haben Quitten ihre Berechtigung im Obstsortiment. Die Nachfrage ist derzeit höher als die angebotene Menge. Quitten finden ihre Verwendung als Gelee, Saft, Wein, Destillat oder als Rohgenuß (in der türkisch-arabischen Welt). Einige Früchte in der Wohnung können ein Früchtpotpourri ersetzen.
Als hochwertiges, altbekanntes, neu zu entdeckendes Verarbeitungsobst könnte die Quitte mehr Eingang finden in die Produktpalette für Bauernmärkte undDirektvermarkter. Dank der herrlichen Blüte und des leuchtendgelben Fruchtschmuckes im Herbst kann die Quitte auch positiv zur Gestaltung des Bauernhofes beitragen. Trotz vieler Vorteile ist die hohe Feuerbandgefahr für viele Anbauer ein zu hohes Risiko.






Abb. 1: Ertrag 1996 und 1997

Abb. 2: Ertäge 1992 bis 1997 in kg/Baum



Abb 3: Reifezeit und Lagerdauer von Quitten


Literatur kann beim Verfasser eingesehen werden.


Vergleich einiger Quittensorten
Befruchtung
Wachs
Standort-
ansprüche
Reifezeit
Frosthärte
Kalkempfind-
lichkeit
Feuerbrand Befallstufe*
Fruchtform
‘Bereczki’
sebstfruchtbar
kräftig, aufrecht
ideal Weinbauklima
IX - X
sehr empfindlich
empfindlich
6 - 7
birnförmig
‘Champion’
selbstfruchtbar
mittelstark, verzweigt
genügsam, gering
X
kaum empfindlich
gering
6 - 7
birnförimig
‘Konstantin- opeler’
teilweise selbstfruchtbar
mittelstark, aufrecht
genügsam
X
frosthart
empfindlich
5 - 6
apfelförmig
‘Portugiesische’
selbstfruchbar
kräftig, aufrecht
hohes wärmebedürfnis
X
empfindlich
sehr empfindlich
7 - 8
birnförmig
‘Radonia’
teilweise selbstfruchtbar
mittelstark, kompakt
warme Standorte
IX - X
etwas empfindlich
gering
5 - 6
brinförmig
‘Riesenquitte von Lescovac’
selbst unfruchtbar
kräftig, breit
sandige Lehme
X
frosthart
gering
7 - 8
apfelförmig
‘Ronda’
selbstfruchtbar
mittelstark
Weinbauklima
X
kaum empfindlich
gering
8 - 9
apfelförmig
‘Vranja’
selbstfruchbar
stark wachsend
hohe ökologische Anbaubreite
X
empfindlich
mittel
7 - 8
birnförmig
* Feuerbrand (Erwinia amylovora) - Befallsstufen nach Prof. Dr. Jacob, Geisenhei
1 = resitent (‘Harrow Sweet’)
3 = schwach anfällig (‘Alexander Lukas’)
6 = mittelhoch anfällig (‘Conference’)
9 = extrem anfällig (‘Nordhäuser Winterforelle’)

Quitten - Erträge 1992 bis 1997 in kg/Baum
Jahr
Seker- eurek
Cukur- öbek
Ekmek Ayvasi
Limon Ayvasi
Sobu
Bencili
Vranja
Ronda
Beretzki
Port. Birnen- quitte
Konstanti-nopeler
de Bour- geant
Champ- ion
1992
0,57
1,53
0,59
0,51
0,41
0,57
0,81
0,57
0,45
0,46
0
0
0
1993
2,05
3,34
2,42
1,7
3,64
3,81
4,76
4,09
2,74
4,77
4,66
0
0
1994
0
9,97
1,27
0,08
8,54
5,86
3,99
3,32
0,66
5,3
10,49
0,5
1,11
1995
5,38
5,55
3,79
4,34
11,45
6,55
7,66
5,06
3,51
8,47
10,96
6,38
2,59
1996
5,25
12,9
3,82
1,28
7,03
4,40
10,71
9,45
9,49
11,98
5,92
6,67
4,7
1997
0
0
0
0
4,09
0
0
0
0
0
9,43
0
0
92-97
13,3
33,3
11,9
7,9
35,2
21,2
27,9
22,5
16,9
30,1
41,2
13,5
8,4

Unterlagen für Quitten
Unterlagen
Ressistenz
Verträglichkeit
Kalktoleranz
Wuchsstärke
Feuerbrand
Kälte
Quitte A
0
2
3
1
2 - 3
Quitte C
0
2
3
1
1 - 2
Quitte Adams
0
2
3
2
2 - 3
BA 29
0
2
3
4
3
Crataegus monogynae
0
4
2
4
3
Sorbus aucuparia
1
4
4
5
4 - 5

Quitten - Pflanzabstände kg je Variante
Jahr
3,50 x 2,00 m
3,50 x 1,60 m
3,50 x 1,33 m
3,50 x 1,14 m
1992
5,72
6,13
8,58
5,83
1993
19,31
36,79
29,02
33,31
1994
19,37
27,02
24,33
26,91
1995
25,52
37,7
48,25
46,53
Summe
69,92
107,64
110,19
112,58

Erziehungssysteme kg je Variante
Jahr
Schlanke Spindel
Frei Hecke
Spindel
V-Erziehung
1992
5,22
3,57
2,52
3,74
1993
27,48
17,5
17,67
27,31
1994
30,71
25,11
18,66
40,48
1995
29,71
25,32
23,39
34,14
Gesamt
93,12
71,50
62,24
105,67

Abb. 2: Ertäge 1992 bis 1997 in kg/Baum



Abb 3: Reifezeit und Lagerdauer von Quitten


Literatur kann beim Verfasser eingesehen werden.


Vergleich einiger Quittensorten
Befruchtung
Wachs
Standort-
ansprüche
Reifezeit
Frosthärte
Kalkempfind-
lichkeit
Feuerbrand Befallstufe*
Fruchtform
‘Bereczki’
sebstfruchtbar
kräftig, aufrecht
ideal Weinbauklima
IX - X
sehr empfindlich
empfindlich
6 - 7
birnförmig
‘Champion’
selbstfruchtbar


hans-josef.weber@dlr.rlp.de