Einfluss von Mykorrhizapilzen auf Wachstum und Nährstoffaufnahme bei Reben in Wurzelbeobachtungskästen

Dr. Matthias Petgen, Abteilung Weinbau und Oenologie, DLR Rheinpfalz

Einleitung
Bei der Rebe konnte die arbuskuläre Mykorrhiza bereits mehrfach in Weinbergsböden nachgewiesen werden (Karagiannidis et al. 1997; Mohr 1997; Petgen et al. 1998). Auch in Rebschulen, in denen die veredelten Pfropfreben für die Dauer einer Vegetationsperiode kultiviert und erst danach an den endgültigen Standort im Weinberg verpflanzt werden, ist die arbuskuläre Mykorrhiza zu finden (Petgen et al. 1997). Aus mehreren Veröffentlichungen ist bekannt, daß in Gefäßversuchen durch Inokulation mit unterschiedlichen Mykorrhizastämmen starke Wachstumssteigerungen bei Reben erreicht werden (Karagiannidis et al. 1995; Biricolti et al. 1997). Im Freiland sind Erfolge durch Inokulationen mit arbuskulären Mykorrhizapilzen seltener, jedoch konnte z.B. bei Mais (Zea mays L.) die Biomasseproduktion deutlich erhöht werden (Baltruschat 1987). In zwei Rebschulen konnten Petgen et al. (1997) nach Inokulation mit Glomus sp. das Wachstum der Jungreben Riesling/5C und Müller-Thurgau/5BB (Vitis vinifera L./V. berlandieri x V. riparia) verbessern, obwohl der AM-Infektionsgrad nur 12 bzw. 17 % betrug.

Über die Ausbreitung einer Mykorrhizainfektion an Rebwurzeln gibt es in der Literatur kaum Hinweise. Daher war das Ziel der vorliegenden Untersuchung, mit Hilfe von Wurzelbeobachtungskästen und einer unterschiedlichen Bandinokulation mit dem AM-Pilz Glomus mosseae die Entwicklung des AM-Pilzes innerhalb des Wurzelsystems an Grünstecklingen sowie den Einfluß auf das Wachstum und die Nährstoffaufnahme in einem Gefäßversuch zu überprüfen.


Material und Methoden
Boden: Für den Inokulationsversuch wurde ein Boden (Parabraunerde) verwendet, der aus einer Rebschule in Neustadt/W. (Rheinland-Pfalz) entnommen wurde. Der Boden wurde gesiebt (< 25 mm) und anschließend bei einer Temperatur von 110 °C 8 h lang sterilisiert. Es handelte sich um einen mittel-lehmigen Sand (s. Tab. 1). Bis zum Versuchsbeginn wurde der Boden bei 2,5 °C gelagert.

Tab. 1: Chemische und physikalische Eigenschaften des Versuchsbodens

HumuspHPKMgKorngrößenbestimmung
(KCl)(CAL)CaCl2TonSchluffSand
(%)(mg 100 g -1 Boden)(%)
2,95,92,215,014,011,419,569,1

Pflanzenmaterial und Versuchsgefäße: Verwendet wurden Grünstecklinge (Zweiaugen-stecklinge) der Unterlagssorte SO4 [N 201] (Vitis berlandieri x Vitis riparia). Als Versuchsgefäße wurden Wurzelbeobachtungskästen aus PVC mit 70 cm Höhe, 37 cm Breite und 9 cm Tiefe eingesetzt, deren eine Vorderseite aus einer abnehmbaren Plexiglasplatte bestand. Um die Rebwurzeln vor Licht zu schützen, wurden die Gefäße mit schwarzer Folie abgedeckt.

Versuchsanordnung: Beim Befüllen der Schrägwandgefäße wurden je nach Variante Inokulumbänder in einer Gefäßtiefe von 9-18 (“oben”) bzw. 36-45 cm (“unten”) eingebracht
(s. Abb. 1). Die Inokulation erfolgte mit dem arbuskulären Mykorrhizapilz (AM) Glomus mosseae (Nicol. and Gerd.) Gerdemann and Trappe. Das Inokulum enthielt AM-infizierte Wurzeln aus einer Vermehrungskultur von Glomus mosseae an Weißklee (Trifolium repens L., cv. Huja) in Seramis. Das ursprüngliche Inokulum wurde von Dr. E. Sieverding isoliert und im Institut für Pflanzenernährung der Universität Hohenheim an Mais vermehrt. Pro Inokulumband wurden 2500 ml Inokulum mit einer Höhe von 9 cm in die Gefäße eingefüllt. Die nicht mykorrhizierten Varianten (Kontrolle) erhielten die gleiche Menge Inokulum von nicht mykorrhizierten Kleepflanzen. Der Versuchsboden hatte beim Einfüllen in die Gefäße einen Wassergehalt von 15 % (w/w). Die Gefäße wurden je nach Bedarf mit Leitungswasser gegossen. Der Versuch wurde im Gewächshaus bei einer durchschnittlichen Temperatur von 25 ± 2 °C am Tag (16 h) bzw. 22 ± 3 °C in der Nacht (8 h).

Die Bodenoberfläche wurde zur Verringerung der Evaporation mit einer 5 cm dicken Quarzkieselschicht (Ø 5-8 mm) abgedeckt. Jedes Gefäß wurde mit zwei Reben bepflanzt. Pro Variante und Erntetermin standen 4 Wiederholungen zur Verfügung.



Abb. 1: Schematische Darstellung der Versuchsgefäße mit Inokulationsbereich “oben” (Inokulumband in einer Gefäßtiefe von 9-18 cm) und “unten” (Inokulumband
in einer Gefäßtiefe von 36-45 cm)
Ernte der Versuchspflanzen und Analysen: Die erste Ernte der Versuchspflanzen erfolgte nach 4-wöchiger Wachstumsphase. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Infektionsgrad der Wurzeln (infizierte Wurzellänge in %) ermittelt. Eine Bestimmung der Trockenmasse des oberirdischen Aufwuchses erfolgte nicht. Die zweite Ernte erfolgte 6 Wochen nach Versuchsbeginn. Die Wurzeln wurden schichtweise in verschiedenen Blöcken (9 cm hoch, 9 cm tief und 37 cm breit) aus den Versuchsgefäßen entnommen. Hierbei wurden die Wurzeln sorgfältig aus dem Bodenblock ausgelesen und das Frischgewicht bestimmt. Pro Pflanzgefäß wurden aus den Tiefenstufen 0-9/9-18/18-27/27-36/36-45/45-54/54-66 cm sieben Wurzelproben untersucht.

Statistische Auswertung: Die statistische Verrechnung der Daten erfolgte mit Hilfe der Varianzanalyse. Die Prozentzahlen der Infektionsgrade wurden nach y => arc sin transformiert, da die Daten nicht normalverteilt waren. Bei Signifikanzen des F-Wertes wurden die Mittelwerte mit dem Dunnett-Test verglichen. Signifikante Unterschiede sind jeweils mit 5% Irrtumswahrscheinlichkeit (p 5%) angegeben.


Ergebnisse
Nach 4-wöchiger Wachstumsphase wiesen die Rebwurzeln im unmittelbaren Inokulationsbereich (9-18 cm, “oben” bzw. 36-45 cm, “unten”) Infektionsgrade von 30 % bzw. 17 % auf (infizierte Wurzellänge in %, s. Abb. 2). Die Rebwurzeln im angrenzenden Bodenbereich waren sowohl oberhalb als auch unterhalb des Inokulumbandes bei beiden Inokulationsbereichen (“oben”, “unten”) deutlich geringer infiziert. In der Versuchsvariante mit dem Inokulationsband “oben” wurde ab einer Tiefe von 36 cm keine Mykorrhizainfektion an den Rebwurzeln festgestellt. Beim Inokulationsbereich “unten” waren die Rebwurzeln bis zu einer Tiefe von 27 cm nicht mykorrhiziert.

Nach 6-wöchiger Wachstumsphase waren die Rebwurzeln in beiden Versuchsvarianten deutlich stärker mykorrhiziert. Im unmittelbaren Inokulationsbereich (9-18 cm, “oben” bzw. 36-45 cm “unten”) betrug der Infektionsgrad 45 % bzw. 35 %. Die Wurzeln in den angrenzenden Bodenbereichen waren ähnlich wie nach vier Wochen Wachstum geringer mykorrhiziert. Ab einer Tiefe von 36 cm konnte bei der Versuchsvariante “oben” keine Mykorrhizainfektion an den Rebwurzeln festgestellt werden. In der Versuchsvariante “unten” wurde ähnlich wie nach 4-wöchiger Wachstumsphase in den oberen 18 cm keine Mykorrhizainfektion beobachtet. In den Kontrollvarianten ohne AM-Pilzinokulum wurde bei beiden Inokulationsvarianten zu keinem Erntetermin eine AM-Infektion beobachtet.



Abb. 2: Einfluß unterschiedlicher Inokulationstiefen mit dem AM-Pilz Glomus mosseae auf den Infektionsgrad (infizierte Wurzellänge in %) bei 4 und 6 Wochen alten Grünstecklingen der Unterlagsrebsorte SO4
(Markierung zeigt die Plazierung des Inokulumbandes an).
“Oben”: Inokulationsbereich “oben” in einer Gefäßtiefe von 9-18 cm;
“Unten”: Inokulationsbereich “unten” in einer Gefäßtiefe von 36-45 cm.
Mittelwerte, n=4, Fehlerbalken kennzeichnen Standardabweichung vom Mittelwert


Die mykorrhizierten Reben hatten bei der Inokulationsvariante “oben” nach 6-wöchiger Wachstumsphase mit 11,7 g Sproßtrockengewicht (TS) je Pflanzgefäß ein signifikant höheres Trockengewicht als die Kontrollpflanzen ohne Mykorrhiza mit 9,3 g TS je Pflanzgefäß
(s. Tab. 2). Dagegen führte die Inokulation mit dem Mykorrhizapilz Glomus mosseae bei der Versuchsvariante “unten” zu keinen signifikanten Wachstumsunterschieden zwischen den mykorrhizierten Reben und der Kontrolle.

Inokulations-tiefe
Behandlung

Sproßtrockengewicht
g Gefäß -1

“oben”

- AM

9,3 0,5 a
+ AM11,7 0,8 b

“unten”

- AM

9,1 0,9 a
+ AM10,5 0,7 a


Tab. 2: Einfluß unterschiedlicher Inokulationstiefen mit dem AM-Pilz Glomus mosseae auf das Sproßtrockengewicht bei 6 Wochen alten Grünstecklingen der Unterlagsrebsorte SO4.
“Oben” = Inokulationsbereich in einer Gefäßtiefe von 9-18 cm;
“Unten” = Inokulationsbereich in einer Gefäßtiefe von 36-45 cm.
(Werte mit unterschiedlichen Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede [Dunnett- Test, p0,05], Mittelwerte SD, n=4)

In den Tabellen 3 und 4 sind die Mikro- bzw. Makronährstoffgehalte in den Blattspreiten der mit Glomus mosseae beimpften und unbeimpften SO4-Stecklinge wiedergegeben. Die Cu-Gehalte in den Blattspreiten waren bei beiden Inokulationsmethoden in den beimpften Varianten höher als in den unbeimpften Varianten. Allerdings waren die Unterschiede nur bei der Inokulationsmethode “unten” statistisch abzusichern. Ein deutlicher Effekt der Mykorrhizainokulation auf die Zn-Gehalte trat bei beiden Inokulationsmethoden in vergleichbarem Maße auf und führte bei den mykorrhizierten Pflanzen zu signifikant höheren Zn-Gehalten in den Blattspreiten als bei den nicht mykorrhizierten Pflanzen. Die Mn-Gehalte waren durch die Mykorrhizierung verringert, die Unterschiede waren jedoch nicht signifikant. Die Inokulation mit dem AM-Pilz führte zu höheren P-Gehalten in den Blattspreiten, jedoch nur bei der Inokulationsmethode “oben” (Tab. 3). Bei den Gehalten von K, Ca und Fe traten zwischen den nicht- infizierten und infizierten Reben bei beiden Inokulationsmethoden keine signifikanten Unterschiede auf.

Tab. 3: Einfluß unterschiedlicher Inokulationstiefen mit dem AM-Pilz Glomus mosseae auf die Mikronährstoffgehalte in der Trockensubstanz (TS) der Blattspreiten bei6 Wochen alten Grünstecklingen der Unterlagsrebsorte SO4.
“Oben” = Inokulationsbereich in einer Gefäßtiefe von 9-18 cm;
“Unten” = Inokulationsbereich in einer Gefäßtiefe von 36-45 cm.
(Werte mit unterschiedlichen Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede [Dunnett- Test, p0,05], Mittelwerte ± SD, n=4)

Inokulations-tiefe
Behandlung

Cu

Zn

Fe

Mn
mg kg -1 TS

“oben”

- AM

14,3 ± 1,0 a

33,1 ± 3,4 a

144,1 ± 11,1 a

150,1 ± 11,4 a
+ AM15,0 ± 1,9 a40,4 ± 8,7 b150,8 ± 9,3 a136,3 ± 9,1 a

“unten”

- AM

13,6 ± 0,8 a

30,8 ± 0,9 a

146,3 ± 10,5 a

211,2 ± 37,6 a
+ AM17,1 ± 1,4 b34,5 ± 5,2 b139,2 ± 10,2 a184,7 ± 28,5 a

Tab. 4: Einfluß unterschiedlicher Inokulationstiefen mit dem AM-Pilz Glomus mosseae auf die Makronährstoffgehalte in der Trockensubstanz (TS) der Blattspreiten bei 6 Wochen alten Grünstecklingen der Unterlagsrebsorte SO4.
“Oben” = Inokulationsbereich in einer Gefäßtiefe von 9-18 cm;
“Unten” = Inokulationsbereich in einer Gefäßtiefe von 36-45 cm.
(Werte mit unterschiedlichen Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede [Dunnett- Test, p0,05], Mittelwerte ± SD, n=4)

Inokulations-tiefe
Behandlung

Mg

K

Ca

P
mg g -1 TS)

“oben”

- AM

2,8 ± 0,1 a

12,5 ± 1,0 a

16,8 ± 0,8 a

2,1 ± 0,1 a
+ AM2,6 ± 0,2 a13,2 ± 0,4 a15,9 ± 1,7 a2,5 ± 0,2 b

“unten”

- AM

2,9 ± 0,1 a

13,2 ± 1,0 a

17,5 ± 2,1 a

2,4 ± 0,4 a
+ AM2,7 ± 0,1 a13,2 ± 0,7 a17,6 ± 0,7 a2,2 ± 0,2 a


Diskussion
Die Grünstecklinge der Unterlagssorte SO4 hatten nach 4-wöchiger Wachstumsphase die Versuchsgefäße nicht vollständig durchwurzelt. Erst nach 6 Wochen war der gesamte Wurzelkasten durchwurzelt. Dies entsprach bei einer Höhe des Versuchsgefäßes von 70 cm (abzüglich
4 cm Kiesauflage) und einer Wachstumsdauer von 42 d einem durchschnittlichen Tiefenwachstum der Rebwurzeln von 1,6 cm d-1. Ähnliche Ergebnisse erzielte Mohr (1988) in mit Weinbergserde gefüllten Wurzelkästen bei wurzelechten Rieslingstecklingen. Bei den Wurzeln 1. Ordnung stellte der Autor Tiefenwachstumsraten von durchschnittlich 1,2 cm d-1 fest, bei den Wurzeln 2. Ordnung 0,5 cm d-1. Hilton und Khatamian (1973) fanden in Freilandversuchen an Reben im späten Frühjahr Wurzelwachstumsraten von 1 cm d-1. Die Wachstumsrate und -richtung von Rebwurzeln wird durch zahlreiche pedogene Faktoren wie Nährstoffgehalt des Bodens, pH-Wert und Belüftung des Bodens beeinflußt (Morlat und Jacquet 1993). Der eingesetzte Rebschulboden ermöglichte den Stecklingen aufgrund des hohen Sandgehalts (s. Tab. 1) ideale Wachstumsmöglichkeiten, wie sie auch im Freiland in rebschulfähigen Böden vorzufinden sind.

Das verbesserte Wachstum der mykorrhizierten Reben, insbesondere bei der Inokulationstiefe “oben”, könnte auf eine verbesserte Nährstoffversorgung der mykorrhizierten Pflanzen zurückgeführt werden (s. Tab. 3 und 4). Der P-Gehalt in den Blattspreiten wurde durch die Beimpfung “oben” mit dem AM-Pilz von 2,1 auf 2,5 mg P/g TS erhöht. Ähnliche Ergebnisse fanden Bavaresco und Fogher (1996), die nach Inokulation mit dem AM-Pilz
Glomus mosseae bei einjährigen Stecklingen der Pfropfkombinationen Weißburgunder mit den Unterlagen SO4 und 41B in den Blättern höhere P-Gehalte feststellten. Der Einfluß der Mykorrhiza auf die Nährstoffaufnahme der Wirtspflanze liegt in erster Linie in der Oberflächenvergrößerung durch die weit über die Rhizosphäre hinausreichenden Pilzhyphen. Li et al. (1991) fanden in Gefäßversuchen mit Weißklee (Trifolium repens L.), daß bei den mit dem AM-Pilz G. mosseae inokulierten Pflanzen die Gesamt-P-Aufnahme in zwei unterschiedlichen Böden zu 70 % bzw. 80 % über die Pilzhyphen erfolgte. Neben der erhöhten Phosphataufnahme wird in der Literatur auch für die Mikronährstoffe Zn und Cu ein Beitrag der Mykorrhiza zur Aufnahme in die Pflanze beschrieben (Marschner und Dell 1994). Dies steht im Einklang mit der vorliegenden Untersuchung, in der die Zn- und teilweise die Cu-Gehalte durch die Beimpfung mit dem AM-Pilz in den Blattspreiten der Reben erhöht waren. Ebenso fanden Gnekow und Marschner (1989) in der Wurzel und in den Blattspreiten von Apfel erhöhte Zn- und Cu-Gehalte. In der vorliegenden Untersuchung kann von einem Beitrag der Mykorrhiza zur die Nährstoffaufnahme der immobilen Nährstoffe P, Cu und Zn über die AM-Hyphen ausgegangen werden.

Durch die Inokulation mit dem AM-Pilz Glomus mosseae betrug der AM-Infektionsgrad der Rebwurzeln im unmittelbaren Inokulationsbereich nach 6 Wochen 45 % (“oben”) bzw. 35 % (“unten”). Biricolti et al. (1997) inokulierten Einaugenstecklinge der Unterlagssorte 5BB mit den AM-Pilzen G. constrictus, G. deserticola und G. mosseae und fanden ähnlich hohe Infektionsgrade an den Rebwurzeln wie in der vorliegenden Untersuchung. Verschiedene Autoren haben mehrere Modelle entwickelt, mit denen das Wachstum von Mykorrhizainfektionen in pflanzlichen Wurzelsystemen beschrieben werden kann (Buwalda et al. 1984; Amijee et al. 1986). So gibt z.B. Buwalda et al. (1984) eine Zeitspanne zwischen Beimpfung und Sichtbarwerden der Infektion von 5 Tagen an. Die Dauer für die Ausbreitung des Mykorrhizapilzes wird durch den Entwicklungszyklus des Pilzes bestimmt. Nach der Keimung einer Spore breiten sich die Pilzhyphen aus, bis eine Wirtspflanzenwurzel erreicht wird. Tommerup (1984) stellte in ihren Untersuchungen fest, daß die Bildung einer Keimhyphe aus einer Spore von Glomus caledonium 6 d Tage benötigte. In ihrem Modell zur Beschreibung der Infektionsausbreitung im Wurzelsystem von Lauchpflanzen bestimmten Buwalda et al. (1984) eine konstante Längenwachstumsrate des infizierten Segmentes der Einzelwurzel. Amijee et al. (1986) und Gnekow (1988) stellten Werte von 2-5,3 mm d-1 fest. Dieser Wert konnte annähernd in den vorliegenden Untersuchungen für Rebwurzeln bestätigt werden. Der Infektionsgrad der Rebwurzeln nahm von der Inokulationsschicht ausgehend mit zunehmender Bodentiefe ab. Bei der Inokulation “oben” (Inokulumband in 9-18 cm Bodentiefe) war ab einer Tiefe von 36 cm keine AM-Infektion mehr nachweisbar. Ein möglicher Grund für die geringe Ausbreitung des AM-Pilzes G. mosseae im vorliegenden Versuchssystem könnte folglich in der hohen Wachstumsgeschwindigkeit der Rebwurzeln liegen.

Das Wurzelsystem der SO4-Grünstecklinge war durch die Inokulation mit G. mosseae nur teilweise mit AM infiziert. Trotzdem war die Trieblänge und das Trockengewicht in der Inokulationsvariante “oben” deutlich erhöht (Tab. 2). Dies deutet darauf hin, daß die Rebe bereits bei einer Teilbesiedlung des Wurzelsystems mit einem AM-Pilz mit verstärktem Wachstum reagiert. Das Zusammentreffen der Rebwurzeln mit dem AM-Inokulum bei der Inokulationsmethode “unten” erfolgte sehr spät. Eine mykorrhizabedingte Wachstumsförderung und erhöhte P-Gehalte in den Blättern wie bei der Inokulationsvariante “oben” konnte bei der Inokulationsmethode “unten” nicht beobachtet werden. Biricolti et al. (1997) stellten in ihren Untersuchungen fest, daß nach Inokulation mit verschiedenen Mykorrhizapilzen Einaugenstecklinge der Unterlagssorte 5BB mit unterschiedlichem Wachstum auf die Besiedlung durch AM-Pilze reagierten. Während die mit G. mosseae und G. constrictus beimpften Stecklinge mit stärkerem Wachstum reagierten, war die Wachstumssteigerung bei den mit G. deserticola beimpften Stecklingen deutlich geringer, obwohl G. deserticola zu den höchsten Infektionsgraden an den Wurzeln führte. Dies deutet darauf hin, daß der durch einen AM-Pilz hervorgerufene Infektionsgrad nicht allein für das verbesserte Wachstum verantwortlich gemacht werden kann.

Petgen et al. (1997) stellten nach der Freilandinokulation mit einem AM-Pilz in einer Rebschule erhöhte Infektionsgrade an Pfropfreben fest. Daraus resultierten nach 14-wöchiger Wachstumsphase signifikant größere Trieblängen an den inokulierten Reben bei einem durchschnittlichen Infektionsgrad der Wurzeln von 12 % bzw. 17 %. Die vorliegende Versuchsanstellung entsprach in etwa einer im Gefäßversuch simulierten Feldinokulation, bei der die Reben, ähnlich wie in der Rebschule, durch ein Inokulumband hindurchwachsen. Dabei nahm der AM-Infektionsgrad an den Rebwurzeln mit zunehmender Entfernung vom Inokulumband ab. Im Freilandversuch von Petgen et al. (1997) wurden die Wurzelproben nicht schichtweise im Abstand vom Inokulum geerntet, sondern der AM-Infektionsgrad wurde an einer Wurzelmischprobe bestimmt. Der dort festgestellte niedrige Infektionsgrad weist darauf hin, daß die Rebwurzeln im Freiland nach dem Durchwachsen des Inokulumbandes nur geringfügig infiziert werden. Sieverding (1985) berichtet dagegen von Inokulationserfolgen mit Maniok (Manihot esculenta Crantz) und über unterschiedliche Plazierungsmethoden von VA-Mykorrhizapilzen im Freiland. Insbesondere bei der Plazierung des Beimpfungsmaterials Glomus manihotis unterhalb des Steckholzes konnte der Autor eine Infektion der Wurzel mit G. manihotis auch außerhalb des Inokulationsbereiches beobachten. Die größte Infektionsrate fand Sieverding (1985) drei Monate nach der Inokulation. Biermann und Linderman (1983) stellten bei Inokulationsversuchen mit Geranienstecklingen (Pelargonium x hortorum L.H. Bailey) auch an den neu gebildeten Wurzeln außerhalb der Inokulationsschicht ähnlich hohe AM-Infektionen fest wie an den Wurzeln aus dem Boden-Inokulum-Gemisch. Über die Ausbildung der externen Mykorrhiza-Hyphen werden durch Sekundärinfektionen neue Wurzeln infiziert. Möglicherweise hat der AM-Pilz in der vorliegenden Untersuchung nur unzureichende externe Hyphen ausgebildet. Es kam nicht zu Sekundärinfektionen, so daß die Rebwurzeln unterhalb des Inokulumbandes nicht mehr infiziert wurden.

Die Ergebnisse unserer Untersuchung zeigen, daß in Rebwurzeln nach Bandinokulation mit AM das Wurzelsystem nur im angrenzenden Bodenbereich an das Bandinokulum hinreichend besiedelt wird. Die erhöhte Trockensubstanzbildung der mykorrhizierten Reben zeigt jedoch eindeutig, daß bereits eine Teilbesiedlung des Wurzelsystems mit AM ausreicht, die Rebe mit mehr Nährstoffen zu versorgen. Inwieweit dieser Effekt auf nicht sterilisierte Böden im Freiland mit autochthonen Mykorrhizapilzen übertragbar ist, muß in weiteren Untersuchungen analysiert werden.

(Auszug aus der Dissertation von: Petgen, M. (1998): Einfluß der arbuskulären Mykorrhiza auf Nährstoffaufnahme und Wachstum bei Reben (Vitis sp.),
Verlag Ulrich E. Grauer, Stuttgart)
Literaturangaben können beim Autor erfragt werden


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