4. Weinbau und Ländliche Bodenordnung
Der Strukturwandel in Landwirtschaft und Weinbau wird in Rheinland-Pfalz voraussichtlich dazu führen, dass etwa die Hälfte der verbleibenden Vollerwerbsbetriebe Weinbaubetriebe sein werden. In den Weinbauregionen des Landes prägen die Winzer in weit größerem Maß die Wirtschafts- und Sozialstruktur der Gemeinden, als dies für die Landwirtschaft in den übrigen Regionen gilt. Die Erwerbstätigkeit in den Weinbaugemeinden wird zum überwiegenden Teil von den Arbeitsplätzen im Weinbau und in den mit ihm verbundenen Wirtschaftsbereichen der Zulieferer- und Vermarktungsbetriebe sowie der Gastronomie und des Fremdenverkehrs bestimmt. Die Erhaltung eines leistungsfähigen Weinbaus ist daher auch eine wirtschaftspolitische Aufgabe zur Sicherung einer gesunden Wirtschaftsstruktur in den Weinbauregionen.
Die Ertragsrebfläche in Rheinland-Pfalz umfasste 1993 65.597 Hektar. Sie wird noch von 24.507 Weinbaubetrieben bewirtschaftet. Die Zahl der Weinbaubetriebe wird als Folge eines sich beschleunigenden Strukturwandels stark zurückgehen.
Die Wachstumsschwelle liegt inzwischen bei 5 Hektar Rebfläche; (3 Hektar in Steillagen) d.h., nur die Zahl der Betriebe mit 5 Hektar Rebfläche und mehr (bzw. 3 Hektar in Steillagen) nimmt durch Aufstockung noch zu, während unterhalb dieser Betriebsgröße der Weinbau in einer immer größer werdenden Zahl von Betrieben aufgegeben wird bzw. bisherige Haupterwerbswinzer zum Nebenerwerb übergehen. Eine Rebfläche von 5 Hektar (bzw. 3 Hektar in Steillagen) und mehr bewirtschaften zur Zeit in Rheinland-Pfalz insgesamt rund 5.000 Betriebe.
In den nächsten Jahren werden sich im hauptberuflich betriebenen Weinbau außerhalb der Steillagen in Abhängigkeit von der geplanten Vermarktungsform zwei Betriebsgruppen herausbilden:
1. Betriebe mit Direktvermarktung, die Rebflächen zwischen 7 und 12 Hektar bewirtschaften.
2. Betriebe mit Trauben- und Fassweinvermarktung, die ihre Rebflächen auf 15 bis 25 Hektar vergrößern werden.
Die sich schon heute abzeichnenden Entwicklungstendenzen lassen erkennen, dass die Direktvermarktungsbetriebe der Zahl nach weitaus überwiegen werden.
Beide Betriebsgruppen werden sich unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen innerhalb der Europäischen Union im Wettbewerb nur durchsetzen können, wenn sie alle Möglichkeiten der Kostensenkung konsequent nutzen, um ihre Produktionskosten zu minimieren. Von den betriebswirtschaftlichen Experten des Weinbaus wird das Ziel genannt, den Arbeitsaufwand in den Direktzuglagen, der heute zumeist noch 400 Stunden/Hektar und mehr beträgt, auf 200 Stunden/Hektar zu senken.
Für die Steillagen der Weinbaugebiete der nördlichen Landesteile mit Seilzug kommt schon aus arbeitswirtschaftlichen Gründen für den Vollerwerbswinzer nur die Weiterentwicklung über die Direktvermarktung in Frage. Damit die für einen Vollerwerbsbetrieb mit Direktvermarktung erforderliche Rebfläche bewirtschaftet werden kann, müssen auch in den Steillagen erhebliche Anstrengungen unternommen werden, um den Arbeitsaufwand beträchtlich zu verringern. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen ist eine Senkung des Arbeitsaufwandes in der Steillage auf 600 bis 800 Stunden je Hektar anzustreben. Die Möglichkeiten dazu sind gerade im Weinbaugebiet Mosel-Saar-Ruwer bei weitem noch nicht ausgeschöpft.
Die größte Sperre für die zum Überleben der Weinbaubetriebe notwendige Rationalisierung der Außenwirtschaft bildet neben einer unzureichenden Wegeerschließung die außerordentlich starke Flurzersplitterung der Rebflächen mit einer oft ungünstigen Form der Teilstücke. Nach der Weinbauerhebung 1989 hatten die Betriebe zwischen 5 und 10 Hektar Rebfläche im Durchschnitt 24 Teilstücke zu bewirtschaften. Die Rebgrundstücke sind im Landesdurchschnitt lediglich 0,21 Hektar groß. An Mosel-Saar-Ruwer sind es nicht mehr als 0,12 Hektar. In Rheinhessen und in der Pfalz liegt die Durchschnittsgröße zwischen 0,25 und 0,30 Hektar.
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Abbildung links:
Das Kulturamt stellt in Zusammenarbeit mit dem Vorstand der Teilnehmergemeinschaft, den Trägern öffentlicher Belange und vielen anderen Stellen Grundsätze für die Neugestaltung des Bodenordnungsgebietes auf. Die Karte faßt das Ergebnis der Verhandlungen zusammen. |
Vorbedingung für die Senkung des Arbeitsaufwandes auf 200 Stunden/Hektar in Direktzuglagen ist die Bildung von Teilstücken mit einem Hektar und Zeilenlängen von 200 m. In Seilzuglagen ist eine Teilstücksgröße von 0,5 Hektar anzustreben. Der vorgenannte Rahmen für die Vergrößerung von Teilstücken gilt nicht für Weinbergslagen, die kommerziell nicht mehr rentabel bewirtschaftet werden können, aber aus ökologischen Gründen erhalten werden sollen. Für diese Lagen sind die Teilstücksgrößen entsprechend den ökologisch, landschaftsbildästhetischen und kulturhistorischen Erfordernissen zu modifizieren.
Die große Diskrepanz zwischen der bestehenden Flurverfassung im Weinbergsgelände und der anzustrebenden Flurverfassung macht den Umfang der Aufgabe deutlich, die von der Bodenordnung in Rheinland-Pfalz zu leisten ist, um die Wettbewerbsfähigkeit des Weinbaus zu sichern.
Für die wirtschaftliche Optimierung der Schlaggrößen im Weinbau gelten die gleichen Grenzen wie sie aus ökologischen Gründen für den Bereich Landwirtschaft im Kapitel 3 angeführt werden.
Die Bodenordnung hat in den nächsten Jahren zusätzlich zu dem Auftrag, die Grundlagen für die einzelbetriebliche Wettbewerbsfähigkeit zu schaffen, die Aufgabe zu übernehmen, im Rahmen der kommenden Reform der EU-Weinmarktordnung die Umsetzung der regionalen Anpassungsprogramme zur Nutzungsumwidmung gerodeter und stillgelegter Rebflächen unter Beachtung der Landschafts- und Biotopsystemplanung zu unterstützen. Der drastisch zurückgehende Weinkonsum in den romanischen Ländern einerseits und die nach wie vor anwachsende Weinproduktion andererseits zwingen die Europäische Union zu einer grundlegenden Reform ihrer Weinmarktpolitik. Ein Hauptziel der Reform ist es, das Produktionspotential für Wein in erheblichem Umfang durch die Rodung von Rebflächen zu reduzieren. Die Rodungsprämien werden daher, um das gesetzte Ziel zu erreichen, in der EU regionalisiert und in der Bundesrepublik Deutschland merklich erhöht werden.
Nach Verabschiedung der Weinmarktreform wird die Europäische Union die Mitgliedstaaten auffordern, Regionalprogramme zur Weiterentwicklung der Weinbauregionen vorzulegen. Diese Programme sollen Angaben enthalten über
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- den Umfang der vorgesehenen Rodung, die Abgrenzung der Rodungsflächen sowie die Neugestaltung der verbleibenden Rebflächen mit Hilfe der Bodenordnung,
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- die Maßnahmen zur Förderung der ländlichen Entwicklung in den Weinbauregionen.
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Schätzungen, dass es im Zuge der EU-Weinmarktreform in RheinlandPfalz langfristig zu einer Verringerung der Rebflächen um 10.000 bis 15.000 Hektar kommen könnte, lassen das Ausmaß erkennen, in dem eine Bodenordnung notwendig sein wird, um die Erreichung der folgenden Ziele zu unterstützen:
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- Erhaltung geschlossener und rationell zu bewirtschaftender Rebareale in den Qualitätslagen,
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- räumliche Konzentration der Rodung auf schwer zu bearbeitende Flächen und Lagen, die den zu stellenden Qualitätsanforderungen nicht genügen, wobei auf die Sicherung von Rebflächen in Steillagen zu achten ist, die aus ökologischen wie aus kulturhistorischen Gründen erhalten werden sollen.
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- Einordnung der künftigen Nutzung von Rodungsflächen in die landespflegerischen Beiträge zur Regionalplanung, in die Bauleitplanung und in die Biotopsystemplanung.
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Abbildung rechts:
Bestehende Biotope können durch flächenmäßige Erweiterungen zu einem Biotopverbund entwickelt werden. | |
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Die Weinbaulagen, die in Rheinland-Pfalz nach dem zweiten Weltkrieg in einem Umfang von etwa 30.000 Hektar neu angelegt wurden, gehören zu einem erheblichen Teil zu den ökologisch besonders verarmten Landschaften. Die Bodenordnung hat daher in diesen Lagen daran mitzuwirken, dass den ökologischen und landschaftsästhetischen Erfordernissen entsprechend der Anteil naturnaher Lebensräume und zusätzlicher Landschaftsstrukturen deutlich ausgedehnt wird. Dabei sind die in Kapitel 5 dargelegten Grundsätze zu beachten.
In Rheinland-Pfalz gibt es eine Reihe von Weinbaulagen, die wertvolle Lebensräume wärmeliebender Arten sind und daher zum Teil schon unter Naturschutz gestellt wurden. Es handelt sich vorwiegend um Steillagen an der Ahr, Mosel, Mittelrhein und am Haardtrand. Häufig sind diese Bereiche historische Kulturlandschaften und auch unter landschaftsästhetischen Gesichtspunkten zu erhalten und zielgerichtet zu entwickeln. Kommerziell können diese Flächen auf Grund extremer Hanglage und Terrassierung zumeist nicht mehr genutzt werden. Häufig beginnen diese Steillagen deshalb schon zu verfallen.
Die Erhaltung dieser Biotope ist eine gemeinsame Aufgabe von Landespflege, Denkmalpflege und Bodenordnung. Unter weitgehender Bewahrung der bestehenden Strukturen (Wege und Mauern) können die Bewirtschaftungsmöglichkeiten durch eine bessere Zuwegung und Zusammenlegung von Rebflächen -wenn auch nur in begrenztem Umfang- verbessert werden. Damit zum Ausgleich der verbleibenden Wirtschaftserschwernisse direkte Einkommenszahlungen geleistet werden können, ist die Einführung eines Biotopsicherungsprogramms für Weinberge anzustreben.
Die Aufgaben der Weinbergsflurbereinigung in Rheinland-Pfalz lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Mit der Bodenordnung sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass sich unter Nutzung aller Rationalisierungsmöglichkeiten wettbewerbsfähige und umweltschonend wirtschaftende Weinbaubetriebe entwickeln können.
- In ökologisch verarmten Weinbaulagen ist bei Durchführung von Bodenordnungsverfahren das Ziel zu verfolgen, den Anteil naturnaher Lebensräume und zusätzlicher Landschaftsstrukturen deutlich zu erhöhen. Die Bodenordnung hat an der Erhaltung wertvoller Weinbergsbiotope in Steillagen durch Verbesserung der Bewirtschaftungsverhältnisse (z. B. Erschließung) mitzuwirken, soweit dies im Rahmen des Schutzzweckes geboten ist.
- Die Bodenordnung hat eine wichtige Funktion bei der Umsetzung der im Rahmen der EU-Weinmarktreform auszuarbeitenden Regionalprogramme zur Weiterentwicklung der Weinbaugebiete mit dem Ziel der planmäßigen Neuordnung der Rodungsflächen und der weiter zu bewirtschaftenden Rebflächen zu übernehmen.
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Die Richtlinien zur Förderung der Weinbergsflurbereinigung sind mit dem Ziel neu gestaltet worden,
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- einen Anreiz zu geben, kostengünstige Verfahren mit Ausführungskosten von weniger als 10.000 DM je Hektar vor allem als Erstbereinigung in Rheinhessen und Zweitbereinigung in den nördlichen Weinbaugebieten einzuleiten und durchzuführen,
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- das Finanzierungsverfahren grundlegend zu vereinfachen.
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Die über die vorgenannten Grundsätze hinausgehenden Programmleitlinien für die Weinbergsflurbereinigung müssen auf Grund der unterschiedlichen natürlichen und wirtschaftlichen Standortverhältnisse regional differenziert werden.
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4.1 Weinbaugebiete im nördlichen Landesteil von Rheinland-Pfalz
An Mosel-Saar-Ruwer, Mittelrhein und Nahe sind etwa 85 % der Rebflächen bereits bereinigt worden, an der Ahr sind es rund 75 %. Mit Hilfe der klassischen Flurbereingung wurden mit der Ordnung der Wasserführung und dem Ausbau eines umfassenden Wegenetzes die infrastrukturellen Grundlagen für eine rationelle Nutzung der Rebflächen geschaffen. Der Zusammenlegungsgrad der in den letzten 20 bis 30 Jahren bereinigten Flächen blieb jedoch auf Grund der großen Zahl an Klein- und Kleinstbetrieben mit weniger als einem Hektar Rebfläche gemessen an den heutigen Anforderungen einer rationellen Außenwirtschaft in Vollerwerbsbetrieben unbefriedigend. Auf dieses agrarstrukturell bedingte Hemmnis ist es zurückzuführen, dass im Weinbaugebiet Mosel-Saar-Ruwer trotz des hohen Flurbereinigungsgrades die Durchschnittsgröße der Teilstücke nur 0,12 Hektar beträgt.
Die Bodenordnung in den Weinbaugebieten des nördlichen Teils soll unter Beachtung der weiter oben genannten allgemeinen Grundsätze für die Weinbergsflurbereinigung und der Grundsätze aus Kapitel 2 und Kapitel 5 mit den folgenden Zielen fortgeführt werden:
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- Mit Priorität sind die Ausbaumaßnahmen für die in den letzten Jahren noch eingeleiteten klassischen Verfahren fortzusetzen und abzuschließen. Dabei sind die ursprünglich eingeplanten Kosten durch Unterteilung der Verfahrensgebiete in potentielle Rodungsflächen (Mantelzone mit Minimalausbau), Kernzone des voraussichtlich langfristig verbleibenden Weinbaus (voller Ausbau) und Bereiche, die aus ökologischen oder landschaftsästhetischen Gründen zu sichern sind, deutlich zu senken.
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- Die Durchführung klassischer Verfahren in den zumeist extremen Steillagen, die unter agrarökonomischen Gesichtspunkten noch zu bereinigen wären, würde Kosten verursachen, die in der Regel über 300.000 DM/ha liegen. Die einschneidende Kürzung der Haushaltsmittel für die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" lässt die Neueinleitung klassischer Verfahren nach § 1 Flurbereinigungsgesetz für noch nicht bereinigte Weinbergslagen -von ein bis zwei Ausnahmen abgesehen- vorerst nicht mehr zu.
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Zur Erleichterung der Bewirtschaftung dieser Lagen sollen in den nächsten Jahren beschleunigte Zusammenlegungsverfahren nach § 91 Flurbereinigungsgesetz (evtl. mit geschlossener Neuvermessung) zur Vergrößerung der Teilstücke und zusätzlich die Förderung der einzelbetrieblichen Erschließung der Weinbergslagen z.B. durch den Bau von Schienenbahnen angeboten werden.
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- Für die Existenzsicherung von Vollerwerbsbetrieben an Mosel-Saar-Ruwer, Mittelrhein, Ahr und Nahe ist die Senkung des Arbeitsaufwandes ebenso wichtig wie die Durchsetzung eines höheren Preisniveaus. In den bereits einmal mit Hilfe der klassischen Flurbereinigung erschlossenen Weinbaulagen ist daher die Fortsetzung der Bodenordnung zur Vergrößerung der Teilstücke von existentieller Bedeutung für die Winzer und die Erhaltung der das Landschaftsbild prägenden Rebflächen. Als Bodenordnungsinstrumente sollen hierfür die beschleunigte Zusammenlegung und der freiwillige Landtausch mit den folgenden Zielen eingesetzt werden:
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- Vergrößerung der Teilstücke in Direktzuglagen möglichst auf 1 Hektar und in
Seilzuglagen möglichst auf 0,50 Hektar,
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- Umstellung der noch weithin vorhandenen Pfahlerziehung auf den arbeitswirtschaftlich günstigeren Drahtrahmen,
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- Anlegung größerer Gassenbreiten,
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- Ausweisung von potentiellen Rodungsflächen.
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In Bereichen, in denen der Terrassenweinbau aus ökologischen, landschaftsästhetischen sowie kulturhistorischen Gründen zu erhalten ist, sind Maßnahmen der Bodenordnung auf diese Schutzzwecke abzustimmen. |
Im Zuge der Weiterführung der Bodenordnung kann mit Hilfe der obengenannten Maßnahmen an der Mosel der Anteil der im Direktzug zu bearbeitenden Flächen noch deutlich ausgeweitet werden. |
4.2 Rheinhessen
In Rheinhessen, dem mit 25.000 Hektar größten Weinbaugebiet, sind bisher nicht mehr als 40 % der Rebflächen bereinigt worden. Rheinhessen liegt damit hinsichtlich des Flurbereinigungsgrades weit hinter den übrigen Weinbaugebieten zurück. Gegenwärtig befinden sich nur rund 400 Hektar in Bearbeitung, die noch vor dem Besitzübergang stehen.
Die Einleitung neuer Weinbergsverfahren stagniert in Rheinhessen seit mehreren Jahren. Die Zurückhaltung von Seiten des Weinbaus wird vor allem mit der seit einigen Jahren anhaltenden Baisse der Weinpreise und der Unsicherheit der weiteren Entwicklung im Weinbau begründet. Eine gewisse Rolle spielt sicher auch, dass in den Weinbergslagen Rheinhessens das Hauptwegenetz relativ gut ausgebaut ist und die durchschnittliche Teilstücksgröße mit fast 0,30 Hektar deutlich über dem Landesdurchschnitt liegt. Dennoch kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Weinbau in Rheinhessen nur Zukunft hat, wenn die Flurverfassung, d.h. vor allem die Teilstücksgrößen den Anforderungen einer rationellen Nutzung angepasst werden. Dieses Ziel kann dort in vielen Fällen angesichts des schon vorhandenen Netzes an Hauptwegen mit kostengünstigen beschleunigten Zusammenlegungsverfahren erreicht werden, mit denen vornehmlich größere rationell zu bewirtschaftende Teilstücke geschaffen werden sollen. Ausbaumaßnahmen am Wegenetz sollen dagegen auf das unbedingt notwendige Maß begrenzt bleiben. Die Ausführungskosten können bei Einhaltung dieser Grundsätze unter 10.000 DM/ha gehalten werden.
Das bisherige Finanzierungssystem bot für die Winzer keinen Anreiz, sich für diese kostengünstigen Verfahren zu entscheiden, denn Ausführungskosten von weniger als 10.000 DM /ha waren bislang von ihnen mit einer Eigenleistung von 55 bis 100 % zu finanzieren, eine Belastung, die angesichts der bestehenden ungünstigen Wirtschaftslage für die Winzer nicht tragbar ist. Gerade im Hinblick auf die Situation in Rheinhessen ist die bereits beschriebene Umstellung der Förderung vorgenommen worden, mit der die Eigenleistung für Ausführungskosten unter 10.000 DM auf 25 % gesenkt wird.
Zu der in Rheinhessen dringend erforderlichen Flurbereicherung sind auch Rodungsflächen heranzuziehen, die im Rahmen der kommenden EU-Weinmarktreform endgültig aus der weinbaulichen Nutzung ausscheiden.
Sobald die Entscheidungen zur EU-Weinmarktreform gefallen sind, die gerade in Rheinhessen in erheblichem Umfang eine Neuordnung der Rebareale notwendig werden lassen, soll gemeinsam mit dem Berufsstand und der Weinbauberatung eine Initiative gestartet werden, diese Ordnungsaufgabe auch mit Hilfe beschleunigter Zusammenlegungsverfahren und des freiwilligen Landtauschs zu lösen und dabei gleichzeitig eine ökologische und landschaftsästhetische Flurbereicherung in Rheinhessen zu verwirklichen. |
4.3. Pfalz
Von den rund 23.000 Hektar Rebfläche in der Pfalz sind bisher 60 % bereinigt worden. Die Pfalz nimmt damit eine mittlere Stellung zwischen den Anbaugebieten im nördlichen Landesteil und Rheinhessen ein.
Die Weinbergsflurbereinigung in der Pfalz weicht methodisch von den Bodenordnungsverfahren in den nördlichen Weinbaugebieten ab. In enger Verzahnung mit dem planmäßigen Wiederaufbau wird die Bodenordnung in einer Weinbaugemeinde abschnittsweise durchgeführt. Der Wiederaufbau und die Bodenordnung in einer Gemeinde erstrecken sich daher über mehrere Jahre. Die Folge ist, dass Bodenordnungsverfahren parallel in zahlreichen Gemeinden ablaufen. In der Pfalz sind gegenwärtig insgesamt etwa 30 Gemeinden in die Weinbergsflurbereinigung einbezogen. Die Planung für den Wiederaufbau und die Bodenordnung in diesen Gemeinden erstrecken sich über das Jahr 2010 hinaus. Die Winzer haben sich selbst einen genauen Zeitplan für die betriebswirtschaftliche Umstellung auf den Wiederaufbau und die Besitzeinweisung für die neu zugeteilten Rebgrundstücke vorgegeben.
Die komplexe Planung des Zusammenspiels von Wiederaufbau und Bodenordnung kann nur eingehalten werden, wenn auch die Finanzplanung mit langfristiger Verbindlichkeit festgelegt werden kann. Deshalb ist insbesondere für das Weinbaugebiet Pfalz die Absicherung durch einen mittelfristigen Finanzrahmen für die Bodenordnung von entscheidender Bedeutung. Jährlich wechselnde Finanzzuweisungen, die nicht der Finanzplanung entsprechen, würden den komplexen Ablauf von Wiederaufbau und Bodenordnung außerordentlich stören, wenn nicht gar unmöglich machen. Eine Änderung des Zeitplanes bringt in jedem Fall erhebliche betriebswirtschaftliche Nachteile für die Winzer mit sich.
| Abbildung links:
Durch Mauerbau in Gabionenbauweise werden neue Lebensräume für zahlreiche weinbergstypische Tierarten geschaffen. |
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Vor allem in den Flachlagen der Pfalz hat die Ausdehnung der Rebflächen Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes und eine Verarmung der Landschaftsstruktur bewirkt. Im Rahmen von Bodenordnungsverfahren ist in diesen Bereichen ein Beitrag zur ökologischen und landschaftsästhetischen Flurbereicherung vordringlich. Mit der Weinbergsflurbereinigung in der Pfalz ist ein Vorbild für die Vorteile einer räumlichen Schwerpunktbildung in der Bodenordnung entstanden. Die vieljährige Tätigkeit der Bodenordnung in einer größeren Zahl von Weinbaugemeinden hat dazu geführt, dass Bodenordnung dort weit über die Neuordnung der Rebflächen hinaus greift. Im Verbund mit der Weinbergsflurbereinigung werden Maßnahmen der Dorferneuerung, der Infrastrukturverbesserung zugunsten der Gemeinden und des Fremdenverkehrs, des Hochwasserschutzes und der Sicherung vorhandener sowie der Gestaltung von neu angelegten Biotopflächen ortsübergreifend durchgeführt. Das Beispiel, das damit für eine räumliche Schwerpunktbildung der Bodenordnung als Aufgabe der integralen Landentwicklung gegeben ist, soll in den nächsten Jahren über den Weinbau hinaus verstärkt auf andere Regionen übertragen werden (vgl. Kapitel 7).
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