Der Anbau von Birnen

Stand: 11/24/2004
Allgemeines
Der Anbau von Birnen hat sich in den letzten 50 Jahren deutlich gewandelt. Von den Hochstammwiesen, die vor oder direkt nach dem Krieg gepflanzt wurden, sind nur noch wenige übrig. Durch die gestiegene Nachfrage sind in den letzten Jahren wieder Neupflanzungen getätigt worden, wenn auch nicht in dem Umfang wie in unseren Nachbarländern Belgien und Holland. Die Kulturtechnik hat sich - ähnlich dem Apfelanbau - deutlich gewandelt.

Unterlagenwahl
Früher wurden Birnen fast ausschließlich auf Sämlingsunterlagen veredelt. Auch im Birnenanbau hängt die Unterlagenwahl von den Wuchseigenschaften (Abb. 1) der zu veredelnden Sorten ab. So scheiden auf jungfräulichen, guten Standorten Quitte A und Quitte ‘Adams’ schon fast aus, wenn es darum geht, eine möglichst hohe Intensität zu erreichen. Allenfalls die Kombination mit schwachwachsenden Sorten wie ‘Conference’, ‘Gute Luise’ oder ‘Alexander Lukas’ wäre bei einer etwas höheren Veredelung - etwa 20 cm - zu verantworten. Das gleiche gilt für die Unterlage Quitte BA 29, der auf alkalischen Böden der Vorzug zu geben ist. Auf derartigen Standorten bietet eigentlich nur die Quitte C die Voraussetzung für hohe Pflanzdichten bei befriedigenden Belichtungsverhältnissen. Leider ist die Unterlage wegen der hohen Frostempfindlichkeit oft nicht genügend verfügbar und auf zahlreichen Standorten risikoreich. Dies trifft insbesondere die Baumschulanzucht, aber auch für die ersten beiden Standjahre zu. Prinzipiell muß diese Unterlage so tief wie möglich gepflanzt werden. Da alle Quittenunterlagen frostempfindlich sind, ist die Veredelungshöhe nicht zu hoch zu wählen. Dadurch kann auch bei den graduell etwas frosthärteren Quitte A, Quitte ‘Adams’ oder ‘BA 29’, das Problem der etwas zu starken Wuchskraft nicht allein durch Hochveredelung umgangen werden. Feuerbrandresistente Unterlagen aus der Serie OHF zeigen in jüngster Zeit verstärkt Unverträglichkeitsprobleme und Pear decline - Erscheinungen. Aus diesen Gründen und dem sehr starken Wuchs sollte auf die Pflanzung verzichtet werden.


Unterlage
Resistenz
Verträg-
lichkeit
Wuchs-
stärke
Ausläufer-
bildung
Kalkto-
leranz
Produktion
pro Baum
Feuerbrand
Pear decline
Kälte
Sämling
0
3
gut
5
5
groß
gut
3
Provence-Quitte
0
5
mäßig
3
3
mittel
schlecht
4
BA 29
0
5
mäßig
3
3
mittel
gut
4
Quitte A
0
5
mäßig
2-3
2-3
mittel
schlecht
4
OHF-Sämling
5
5?
gut
5
4
selten
gut
3
Quitte Sydow
0
5
mäßig
3
2-3
mittel
schlecht
4
Quitte Adams
0
5
gering
3
2
viel
schlecht
4
Quitte C
0
5
gering
3
1,5-2
wenig
schlecht
4-5
Pyrodwarf
2
?
mittel
5
2,5
wenig
gut
4
......
1 = unbefriedigend 3 = befriedigend 5 = sehr gut, sehr stark
......
Abb. 1: Eigenschaften verschiedener Birnenunterlagen

Zwischenveredlung
Bekanntlich gibt es bei Birnen mit Quitten bei einigen Sorten Probleme bei der Verträglichkeit. Dies hängt damit zusammen, daß Birne und Quitte zwar zur gleichen Familie (Rosaceae), aber zu verschiedenen Gattungen gehören. Besonders ausgeprägt ist diese Unverträglichkeit bei virusinfizierten Sorten und z.B. bei Williams, Clapps oder Charneux. In diesen Fällen ist eine Zwischenveredlung unumgänglich. Darüberhinaus kann eine deutliche Wuchsbremse sein und dadurch die Ertragssicherheit verbessern. In einem Versuch mit der Sorte Vereinsdechant konnte bis zum 5. Jahr festgestellt werden, daß eine Zwischenveredlung mit Conference zum Beispiel deutlich bessere Ergebnisse gebracht hat als die Kombination Quitte A und Vereinsdechant direkt. Diese Tatsache ist sicherlich zukünftig mehr zu beachten.

Pflanzmaterial
Als optimales Pflanzgut betrachten wir derzeit einen zweijährigen, gut entwickelten virusfreien auf Quitte C veredelten Baum. Für einige Sorten wie z.B. Williams Christbirne ist eine Zwischenveredlung notwendig. Auf etwas schlechteren Standorten, oder beim Nachbau, ist es vielleicht ratsam, Quitte A oder Quitte Adams zu verwenden. In den meisten Fällen sollte jedoch Quitte C bevorzugt werden. Diese Bäume sind schneller in der Produktion, wachsen dadurch schwächer und der Baumaufbau ist somit einfacher

Die zweijährige Veredelung sollte in 75 cm 4 - 6 gleichwertige Triebe von 40 cm Länge haben. Diese Triebe werden dann als Basisäste verwandt. Bei der Pflanzung sollte die Veredelungsstelle höchstens 20 cm über der Erde sitzen (Quitte A). Bei Quitte C reichen 2 cm aus, um sie so besser vor Winterfrösten zu schützen.

Erziehungsmethoden
Wichtig bei allen Baumformen und Erziehungsmethoden ist der Leitsatz:

“Je langsamer und je kontrollierter die Mitte nach oben wächst,
umso geringer ist die Gefahr der Überbauung.”

Ohne Zweifel ist die schlanke Spindel eine Baumform, um bei Pflanzdichten von 2.000 - 3.000 Bäumen je ha noch eine optimale Belichtung zu gewährleisten. Andere Möglichkeiten sind die V-Erziehung oder die Erziehung mit einem Querjoch in ca. 100 cm Höhe, um die Seitenäste besser formieren zu können. Superspindelpflanzungen zeigen sich derzeit auch in einer guten Verfassung. Eine Beschreibung der einzelnen Erziehungsmöglichkeiten würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Alle sortenspezifischen Aufbaumaßnahmen müssen darauf abzielen, Überbauung und Beschattung zu verhindern, um möglichst optimales Fruchtholz zu produzieren.


Spindelerziehung

V-Erziehung

Spindel mit Querjoch


Sorten

Die heutigen Kultursorten stammen in erster Linie von der Holzbirne (Pyrus pyraster) und einigen anderen Wildformen ab, die ihr Hauptverbreitungsgebiet in Mittel- und Südeuropa bis hin nach Klein-asien haben. Sie sind seit altersher in Kultur, besonders intensive Züchtungsarbeit erfolgte im 18. und 19. Jahrhundert in Frankreich und Belgien. Die meisten unserer heutigen Sorten gehen auf diesen Zeitraum zurück. Erst in den letzten Jahren entstanden einige neue, wichtige Sorten, die überwiegend ‘Vereinsdechant’ und ‘Conference’ als Kreuzungspartner haben.

Bestand früher eine Birnenpflanzung aus einer Vielzahl von Sorten, so müssen wir uns heute und wohl auch in naher Zukunft mit weit weniger Sorten begnügen. Dabei muß deutlich unterschieden werden, welchen Vermarktungsweg der Betrieb gewählt hat.

Abb. 2: Reifezeit und Lagerdauer einiger Birnensorten

Bei privat vermarktenden Betrieben ist das Sortenspektrum sicherlich größer als bei Genossenschaftsbetrieben, wo fast ausschließlich Winterbirnen, die nach entsprechender Lagerung vermarktet werden, in Frage kommen. Bei den Privatvermarktern können und werden auch wesentlich schneller Neuheiten Einzug ins Sortiment halten. Die Abb 2 gibt Einblick in eine Auswahl von Sorten.

Derzeit gibt es - und es sieht auch in naher Zukunft nicht so aus - keine Sterne am Birnenhimmel, die das Sortiment revolutinieren würden, wie das bei Äpfeln mit ‘Jonagold’ und ‘Elstar’ der Fall war. Aus der Vielzahl der hier genannten Sorten werden derzeit für die Genossenschaftsvermarktung nur wenige wie ‘Williams Christbirne’, ‘Alexander Lukas’ und ‘Conference’ favorisiert. Bei den Privatvermarktern sollte auf jeden Fall eine Frühsorte und ‘Vereinsdechantbirne’ mit ins Sortiment aufgenommen werden, da durch die gewählte Vermarktungsform Birnen länger verkauft werden können und eine Ergänzung zum Apfelsortiment darstellen.



Hauptsorte

Bestäuber


Birnen sind wie Äpfel in der Regel selbst unfruchtbar. Daher ist auf eine gute Befruchtung viel Wert zu legen. Aus Beobachtungen ist bekannt, daß z.B. ‘Conference’ eine bessere Fruchtform erhält, wenn Vereinsdechant als Bestäubersorte vorhanden ist. Einen groben Überblick über die Möglichkeiten der Bestäubung gibt Abb 3. Sicherlich gibt es eine Reihe weiterer Sorten, die als Befruchter in Frage kämen, wie z.B. ‘Gräfin von Paris’, die aber meist nur schwer vermarktbar sind.

Conference**

Gellert's Butterbirne
Vereinsdechant*
Williams Christbirne


.



Vereinsdechant

Conference
Gellert's Butterbirne
Gute Luise


.



Alexander Lukas

Conference
Vereinsdechant
Williamts Christbirne
Köstliche von Charneu

Abb 3: Mögliche Bestäuber für Birnen


Zusammenfassung

  • Ein moderner Birnenanbau ist geprägt durch eine Intensivierung der Fläche hin zu 2500 Bäumen pro ha. Dazu sind schwach wachsende Unterlagen erforderlich.
  • Bei der Erziehung von Birnen ist die Bildung von viel Fruchtholz, welches gut belichtet wird, eine entscheidende Prämisse.
  • Dies setzt geeignetes Baummaterial (zweijährig) voraus und zwingt die Obstbauern, Maßnahmen zu ergreifen, die ein zu zügiges Wachstum der Mittelachse bremsen.
  • Im Vollertrag steht der kurze Fruchtholzschnitt im Vordergrund. Dieser beruhigende Schnitt hält die Bäume in ihre Standraumgrenzen und wirkt gleichzeitig förderlich auf die Fruchtqualitäten sowie auf den Ertrag des kommenden Jahres.
  • In der Sortenfrage ist nicht soviel Bewegung wie im Apfelanbau. Neben den alten Sorten ‘Williams’, ‘Conference’, ‘Alexander Lukas’ und ‘Vereinsdechant’ sind nur wenige Neuheiten für den versuchsweisen Anbau zu empfehlen.


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