Ökologisch besonders nachteilig hat sich im Oberrheingraben und in den angrenzenden niederschlagsarmen Höhengebieten der Westpfalz, des Hunsrücks und der Vordereifel die Aufgabe bzw. der weitgehende Rückzug der Milchviehhaltung ausgewirkt. Viele Grünlandflächen -in diesen Gebieten ohnehin nur in geringem Umfang vertreten- wurden umgebrochen und in Ackerland umgewandelt. Damit verschwand das Grünland aus der Rheinaue und in weitem Maß auch aus den Bachauen der Vorderpfalz und Rheinhessens. Aus Wiesentälern wurden Ackerflächen, die oft bis an den Rand der Bachläufe reichen. Durch Übergang zum Ackerbau im Viehstrich verlor der Bienwald seinen natürlichen Grünlandgürtel.
Die Folgen waren:
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- das Landschaftsbild wurde monotoner,
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- die an das Grünland gebundenen Tier- und Pflanzenarten verloren ihren Lebensraum,
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- der Austrag von Bodensubstrat, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln in Grundwasser und Oberflächengewässer erhöhte sich beträchtlich.
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In den niederschlagsarmen Höhengebieten folgte dem Rückzug der Milchviehhaltung eine Konzentration auf den Getreidebau mit sehr einseitigen Fruchtfolgen. Der Ackerbau wurde nicht nur auf die Bachtäler, sondern nach erfolgtem Grünlandumbruch auch auf viele Hanglagen ausgeweitet, so dass zu dem erhöhten Austrag an Dünge- und Pflanzenschutzmitteln noch eine verstärkte Bodenerosion hinzukommt. Die Bodennutzung ist auf Grund der eingetretenen Entwicklung in Teilen dieser Gebiete aus ökologischer Sicht nicht mehr standortgerecht und widerspricht dem Leitbild einer nachhaltigen Landbewirtschaftung (vergl. Kapitel 2). Die auf erosionsgefährdete Hanglagen und die ehemaligen Wiesentäler ausgedehnte ackerbauliche Nutzung trägt bei Starkregen gemeinsam mit dem beschleunigten Abfluss des Wassers in den begradigten Bachläufen zu einer erhöhten Hochwassergefahr bei, die noch dadurch gesteigert wird, dass erosionshemmende Waldriegel fehlen. Ein anschauliches Beispiel hierfür bietet das Hochwasserverhalten im Naheraum.
In den grünland- und waldreichen Höhengebieten sind die ökologischen Verhältnisse weitaus vielfältiger und stabiler als im Oberrheingraben und in den grünlandarmen Höhengebieten. Die Weiterführung der relativ extensiven Landbewirtschaftung und die Erhaltung der durch kleinräumige Strukturen geprägten Landschaften ist aber in den Teilgebieten gefährdet, in denen Haupterwerbsbetriebe fehlen und die Nebenerwerbsbetriebe die Landbewirtschaftung aufgeben.
Heute setzt sich in der Agrarwissenschaft die Erkenntnis durch, dass stabile Agrarökosysteme mit weitgehend geschlossenen Stoffkreisläufen und der Nutzung natürlicher Regulationsprozesse zur Schädlingsabwehr häufig eine Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung und eine vielfältige Vernetzung der landwirtschaftlichen Nutzflächen mit Wald und anderen naturnahen Biotopen als Lebensraum für eine artenreiche Fauna und Flora voraussetzen. Aus dieser Erkenntnis leitet sich der Auftrag ab, die agrarstrukturellen Maßnahmen der Bodenordnung mit dem Ziel zu verbinden,
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- im Oberrheingraben und in den grünlandarmen Höhengebieten Naturschutz und Landschaftspflege dabei zu unterstützen, in Vernetzung mit den landwirtschaftlich wie weinbaulich genutzten Flächen wieder in ausreichendem Umfang naturnahe Lebensräume zur Entwicklung einer standortgerechten Artenvielfalt zu schaffen. Eine besonders hohe Priorität ist dabei der Renaturierung der Fluss- und Bachauen einzuräumen,
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- in den grünlandreichen Regionen in Abstimmung mit Naturschutz und Landschaftspflege daran mitzuwirken, die noch bestehenden vielfältigen Landschaftsstrukturen zu erhalten. In den Teilgebieten, in denen die Landbewirtschaftung wegen des Rückzugs der Nebenerwerbsbetriebe in zunehmendem Maß aufgegeben wird, geht es darum, die Offenhaltung der Landschaft mit Hilfe extensiver Grünlandnutzung zu sichern und geplante Aufforstungen bzw. eine Bewaldung unter Beachtung agrarstruktureller und ökologischer Gesichtspunkte geordnet zu lenken,
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- in Steillagen des Weinbaus die Bemühungen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu unterstützen, typische Landschaftsbilder und Lebensräume für thermophyle Arten der Flora und Fauna zu erhalten und zu entwickeln.
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- bedarfsgerecht Aufforstungsgewanne auszuweisen.
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Der Auftrag der Bodenordnung aufgrund der von der Agrarpolitik gesetzten Rahmenbedingungen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit landwirtschaftlicher und weinbaulicher Betriebe durch Anpassung der Flurverfassung an die agrarstrukturelle Entwicklung beizutragen sowie andererseits ökologische Ziele zu unterstützen. Zur Lösung dieser Konflikte genügt keineswegs der Nachweis, dass nach Abschluss eines Bodenordnungsverfahrens die zu Beginn noch vorhandenen Biotope erhalten wurden und die als Folge der Agrarstrukturverbesserung vorgenommenen Eingriffe durch Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen kompensiert wurden. Besonders in den häufig durch frühere Flurbereinigungsmaßnahmen stark bis extrem ausgeräumten Landschaften ist die aus ökonomischen Gründen anzustrebende Vergrößerung der Schlaggrößen und -längen nur zu rechtfertigen, wenn über den Bestand der nur noch spärlich verbliebenen Biotope hinaus verlorengegangene naturnahe Lebensräume, die die Entwicklung einer standortgerechten Artenvielfalt ermöglichen, wiederhergestellt bzw. auf neu auszuweisenden Flächen entwickelt werden.
Abbildung rechts:
Bei dem Entwurf des Plans über die gemeinschaftlichen und öffentlichen Anlagen werden die Träger öffentlicher Belange sowie die anerkannten Landespflegeverbände frühzeitig mit einbezogen. Die Planungen werden ihnen soweit notwendig in der Örtlichkeit erläutert. | |
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Im Einzelnen sind bei einer weiteren Anpassung der Flurverfassung an agrarstrukturelle Anforderungen unter Beachtung der Planung vernetzter Biotopsysteme die folgenden Grundsätze einzuhalten:
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- Sicherung noch vorhandener Biotopflächen,
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- Neue Vernetzungsstrukturen, die durch Ausweisung größerer Schläge und Wegfall von Graswegen notwendig werden, sind durch Ausweisung ausreichend breiter Randstreifen (Saumbiotope) entlang der bleibenden Wege und innerhalb der neuen Schläge (Innenvernetzung) zu bilden. Zur Innenvernetzung kann auch die Ausklammerung von Biotopen wie Vernässungsflächen, von Rainen sowie kleinen Feldgehölzen aus der landwirtschaftlichen Nutzung gehören. Können die innerhalb der Schläge liegenden Vernetzungsflächen dem jeweiligen Eigentümer nicht mit dessen Einvernehmen übertragen werden, sind sie der Gemeinde zuzuweisen,
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- Schaffung neuer Biotopflächen unter Beachtung der Biotopsystemplanung (insbesondere extensiv genutzte Agrarökosysteme wie Streuobstwiesen, Borstgrasrasen, Magerwiesen sowie Anlage miteinander vernetzter Feldgehölze und Hecken).
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- Wiederherstellung einer ökologisch standortgerechten Landnutzung, insbesondere durch Umwandlung von Ackerland in Grünland in den Bachauen und an erosionsgefährdeten Hanglagen,
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- Unterlassung von Dränungen auf Grünland,
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- Minimierung der Bodenversiegelung beim Wegebau,
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- Anwendung bodenschonender Verfahren bei Durchführung der Ausbaumaßnahmen,
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- Renaturierung von Bachläufen durch Rückbau und Ausweisung von Uferstreifen sowie die Schaffung von Pufferzonen (Auenwald, extensives Grünland bzw. gar nicht mehr landwirtschaftlich genutzte Flächen) zwischen Ackerland bzw. Rebflächen und Bachläufen, Ausbildung unvermeidbarer Gewässerkreuzungen mit offener Sohle,
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- Sicherung, Erhaltung und Erweiterung wertvoller Lebensräume in Weinbergslagen wie Trockenmauern, Böschungen, Hohlwege, Felsriegel, Bäume, Sträucher und Sukzessionsflächen als ein Beitrag typischer Landschaftsbilder in Weinbauregionen und zum Schutz Wärme und Trockenheit liebender Pflanzen und Tiere,
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- als Beitrag zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Identität des ländlichen Raumes (Erlebnis- und Erholungsfunktion) sind zusätzlich zu den bereits genannten Maßnahmen die Anlage von Heckenpflanzungen an Geländeabsätzen, von Feldgehölzen an Wegekreuzungen, von Hecken entlang von Nutzungsgrenzen sowie eine Wegrandbepflanzung von besonderer Bedeutung.
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Für die Aufbringung der zur Ausweitung der Biotopareale und zur Bereicherung des Landschaftsbildes notwendigen Flächen sind die folgenden Möglichkeiten zu nutzen:
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- Heranziehung der durch die Aufhebung von Wegen freiwerdenden Flächen,
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- Landabzug nach § 40 und § 47 FlurbG,
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- Landerwerb aus Landesmitteln des Landwirtschaftsressorts,
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- Einbeziehung von Kompensationsflächen und Maßnahmen anderer Fachplanungsträger und der Gemeinden.
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Wichtige planerischen Grundlagen für die Mitwirkung der Bodenordnung an der Umsetzung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege bilden:
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- die Planung vernetzter Biotopsysteme,
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- die Landschaftspläne, soweit sie in die Flächennutzungspläne integriert sind,
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Naturschutz und Landschaftspflege sind zur Verwirklichung ihrer Planungen ebenso wie die Kommunen bei Einrichtung des Ökokontos auf ein umfassendes Flächenmanagement angewiesen, wie es nur das Instrument der Bodenordnung zu bieten vermag, weil die Verfahren im Rahmen des Flurbereinigungsgesetzes die Möglichkeit geben,
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- Flächen für ökologische Zwecke an den in den Flächennutzungsplänen und in der Planung vernetzter Biotopsysteme vorgesehenen Standorten auszuweisen,
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- Land für die Sicherung bzw. die Schaffung von Biotopen zu günstigeren Bedingungen zu erwerben, als dies in der Regel bei einem gezielten Ankauf der benötigten Flächen erreicht werden kann.
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Damit diese Möglichkeiten im Rahmen von Bodenordnungsverfahren optimal genutzt werden können, ist der Einsatz der verschiedenen Förderinstrumente der Agrarpolitik, des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie der Wasserwirtschaft sachlich und räumlich eng aufeinander abzustimmen. Dies gilt insbesondere für die folgenden Förderprogramme:
Agrarpolitik:
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- Programm zur Förderung einer umweltschonenden Landbewirtschaftung (FUL),
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- Förderung der Erstaufforstung landwirtschaftlicher Nutzflächen,
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- Regionalprogramme zur Umsetzung der EU-Weinmarktreform mit erhöhten Rodungsprämien für Rebflächen,
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- Förderung des Landankaufs in Bodenordnungsverfahren zur Neuanlage von Biotopen,
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- Landtausch- und Pachtförderungsprogramm,
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- Programm "Mehr Grün durch Flurbereinigung".
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Naturschutz und Landschaftspflege:
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- Biotopsicherungsprogramme für die Erhaltung und Pflege von Feuchtwiesen sowie Trockenrasen und für die Erhaltung sowie Neuanlage von Streuobstbeständen,
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- Programm zur Förderung der 20-jährigen Flächenstilllegung für ökologische Zwecke,
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- Förderung des Erwerbs von ökologisch bedeutsamen Flächen.
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Wasserwirtschaft und Forstwirtschaft:
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- Förderungsprogramme zur Renaturierung von Bachauen sowie
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- für Maßnahmen des passiven und aktiven Hochwasserschutzes
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- Verbesserung der forstbetrieblichen Bedingungen
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| Abbildung links:
Die Erhaltung von Biotopflächen mit besonderen Pflanzenwuchs ist ein wichtiges Ziel von Bodenordnungsverfahren. |
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Die Einleitung und Durchführung von Bodenordnungsverfahren, in denen in erheblichem Umfang Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie des Hochwasserschutzes umgesetzt werden sollen, ist bislang durch Finanzierungshemmnisse erschwert worden. Zur Verbesserung der Akzeptanz dieser Verfahren werden folgende Regelungen getroffen:
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- Im Hinblick darauf, dass eine nachhaltig umweltgerechte Landbewirtschaftung nur in Vernetzung mit naturnahen Biotopen betrieben werden kann, dienen Maßnahmen der Bodenordnung zur Sicherung bzw. Wiederherstellung und Neuausweisung von Biotopen auch der Agrarstrukturverbesserung und sind daher aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" zu finanzieren.
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- Die Obere Flurbereinigungsbehörde kann festsetzen, dass, soweit der Rahmen der Privatnützigkeit überschritten wird, zu einem Teil oder insgesamt die aus den Kosten der Landespflegemaßnahmen resultierende Eigenleistung der Teilnehmer aus Landesmitteln übernommen wird.
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Soweit an landschaftsgestaltenden Maßnahmen der Bodenordnung, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem einzurichtenden Ökokonto, auch ein erhebliches Interesse von Seiten der Gemeinden besteht, soll die anfallende Eigenleistung von den Gemeinden übernommen werden. |
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