Umstellung auf ökologischen Weinbau – Voraussetzungen, Chancen und Hürden

Vortrag anläßlich der 52. Kreuznacher Wintertagung 2008

Wein aus ökologischem Anbau ist gefragt. Seit der Lebensmittelhandel verstärkt auf Öko-Produkte setzt, finden auch immer mehr Weine aus ökologischer Produktion den Weg in die Regale. Da dabei auch die Nachfrage nach deutschen Produkten zunimmt, gibt es zurzeit einen Engpass auf dem „Öko-Weinmarkt“ und die Preise steigen.
Zudem berichten Direktvermarkter, dass vor allem Kunden der Topsegmente vermehrt nach Weinen aus ökologischer Produktion fragen. Dies führte im vergangenen Jahr zu einem starken Anstieg der Umstellungsberatungen in Rheinhessen.

Die ökologisch bewirtschaftete Weinbaufläche und die Anzahl der Betriebe stiegen seit 1980 kontinuierlich an. Der Anteil der Öko-Weinbaubetriebe in Rheinhessen ist im Vergleich zu den übrigen Weinanbaugebieten in Rheinland-Pfalz relativ hoch (Anteil der Öko-Fläche in Rheinhessen: 4 %). Auf vielen Standorten in Rheinhessen sind die Voraussetzungen für den ökologischen Weinbau aufgrund fruchtbarer Böden, guter Mechanisierbarkeit und des meist geringeren Peronospora-Drucks ideal.

Eine Umstellung auf ökologischen Weinbau sollte allerdings gut überlegt sein, da sich die Betriebsabläufe entscheidend verändern, der Arbeitsaufwand erhöht und eine Reihe gesetzlicher Vorgaben eingehalten werden müssen.
Die gesetzliche Grundlage für die Bio-Bewirtschaftungssysteme im Weinbau bildet seit 1991 die EG-Öko-Verordnung 2092/91 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel.
In der EG-Öko-Verordnung ist genau festgelegt, welche Anforderungen an landwirtschaftliche Erzeugnisse hinsichtlich der ökologischen Erzeugung, aber auch der Kennzeichnung und Kontrolle gestellt werden. Für Lebensmittel und landwirtschaftliche Erzeugnisse ist der Bio-/Öko-Begriff somit gesetzlich geschützt.

Umstellung
Nach Anhang I der EG-Öko-Verordnung beginnt die Umstellung mit der Anmeldung bei einer Öko-Kontrollstelle. Der Umstellungszeitraum beträgt bei mehrjährigen Kulturen wie den Reben 36 Monate vor der ersten Ernte, die als Ökoware vermarktet werden soll.
In der Regel muss eine Kultur (z.B. Reben) komplett umgestellt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Teilumstellung möglich. Dazu muss allerdings mindestens nach Rebsorten getrennt (also zum Beispiel der komplette Riesling im Betrieb) umgestellt werden.



Förderung
Das Land Rheinland-Pfalz fördert den ökologischen Weinbau mit dem PAULa-Programm.
  • 660 €/ha in der Umstellung (zwei Jahre lang)
  • 560 €/ha jährlich nach der Umstellung
Fördervoraussetzungen:
  • Abschluss eines Bewirtschaftungsvertrages mit dem Land Rheinland-Pfalz auf 5 Jahre. Die Anträge sind bei der Kreisverwaltung zu stellen.
  • Das gesamte Unternehmen muss auf Grundlage der EU-VO Nr. 2092/91 (EG-Öko-Verordnung) bewirtschaftet werden. (Keine Förderung bei Teilumstellung)


Kontrolle
Innerhalb der EG-Öko-Verordnung ist das Kontrollsystem definiert, nach dem jedes Unternehmen, das Produkte des ökologischen Landbaus erzeugt, aufbereitet oder einführt und vermarkten will, kontrolliert wird. Durch das Kontrollsystem werden diese Unternehmen dazu verpflichtet, ihre Tätigkeit zunächst zu melden und sich dem Kontrollverfahren zu unterwerfen.
Innerhalb Deutschlands ist das Kontrollsystem als staatlich überwachtes, privates System eingeführt.


Produktion
Nicht zugelassen laut EG-Öko-Verordnung sind:
  • Organische und synthetische Fungizide und Insektizide
  • Herbizide
  • Mineralische N-Dünger



Rebschutz
Im ökologischen Weinbau dürfen zur Bekämpfung von Schaderregern die im Folgenden aufgeführten Pflanzenschutzmittelgruppen eingesetzt werden. Die Wirkstoffe dieser Pflanzenschutzmittel müssen in Anhang II B der EG-Öko-Verordnung aufgeführt sein.
  • Kupferpräparate
  • Netzschwefel
  • Bacillus thuringiensis
  • Pheromone
  • Rapsöle
Daneben stehen dem ökologisch wirtschaftenden Betrieb Pflanzenstärkungsmittel zur Verfügung. Pflanzenstärkungsmittel bilden im Pflanzenschutzrecht eine eigene Produktkategorie.

Grundregeln der Düngung
Vor dem Einsatz von Düngemitteln steht zunächst die Forderung, dass die natürliche Fruchtbarkeit und biologische Aktivität zu erhalten oder durch geeignete Maßnahmen zu steigern ist. Geeignete Maßnahmen sind die Einsaat von Gründüngung, insbesondere mit Leguminosen und Tiefwurzlern sowie die Zufuhr von Wirtschaftsdüngern und anderer organischer Substanz. Düngung im ökologischen Weinbau bedeutet daher nicht primär Ersatz von Nährstoffen. Es wird nicht nach Entzug gedüngt, sondern es werden Bedingungen für einen vitalen Boden mit aktiven Bodenlebewesen geschaffen, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und aufzubauen. Somit ist die Boden- und Begrünungspflege untrennbar mit der Düngung verbunden.
Eine mineralische Ausgleichsdüngung (außer Stickstoff) ist möglich, wenn die aus der organischen Düngung zugeführten Nährstoffe nicht ausreichen bzw. eine unausgewogene Nährstoffzusammensetzung beinhalten. Bei festgestelltem Mangel an Magnesium, Kalium, Phosphor oder Kalk kann dieser durch Mineralstoffe ausgeglichen werden. Die Düngemittel müssen in Anhang II, Teil A der EG-Öko-Verordnung gelistet sein und der Bedarf muss durch die Kontrollstelle anerkannt werden.

Knackpunkte
Um erfolgreich ökologischen Weinbau zu betreiben, müssen einige Punkte beachtet werden. So haben die Behandlungsmittel für den Rebschutz im ökologischen Weinbau eine geringere Dauerwirkung, werden bei Regen leichter abgewaschen und wirken nur präventiv. Dies bedeutet, dass in der Regel ein Applikationsabstand von 8 bis 10 Tagen eingehalten werden muss. Selbst bei bestmöglicher Applikation erhöht sich aber das Produktionsrisiko. Außerdem setzt ein erfolgreicher Öko-Rebschutz eine optimale Bestandsführung voraus.
Der Arbeitsaufwand erhöht sich in der Rebschutzsaison, welche auch grundsätzlich eine Arbeitsspitze darstellt. Hier ist gerade bei größeren Betrieben Schlagkraft gefragt.
Die Oidiumbekämpfung kann in ungünstigen Lagen mit empfindlichen Rebsorten problematisch sein. Zum Beispiel sind Dornfelderanlagen in Senken nur mit hohem Aufwand „sauber“ zu halten. Die Aufwandmenge von Netzschwefel ist durch das Pflanzenschutzgesetz limitiert. Zum Teil kann dies durch Pflanzenstärkungsmittel (z.B. Natrium- oder Kaliumbicarbonate) ausgeglichen werden. Trotzdem sind kurze Behandlungsabstände vor allem von Blüte bis Erbsengröße unumgänglich.
Große Probleme bereitet zurzeit die Zulassungssituation im Bereich der Kupferpräparate. Funguran (Kupferoxychlorid) hat seit dem 31. August 2007 keine Zulassung mehr (mit 2-jähriger Aufbrauchfrist). Damit steht nur noch Cuprozin flüssig (Kupferhydroxid) zur Verfügung, welches aber aufgrund der Zulassung auf max. 0,96 kg rein-Cu/ha und Jahr beschränkt ist. Zudem darf es nur 2-mal nach der Blüte angewendet werden. Mit der derzeitigen Zulassungssituation kann Peronospora im ökologischen Weinbau nicht sicher bekämpft werden.


Öko-Weinbau für Fassweinbetriebe
Fassweinbetriebe bearbeiten in der Regel große Flächen, die oft über zahlreiche Gemarkungen gestreut sind. Dies bedeutet bei ökologischer Bewirtschaftung einen hohen Arbeitsaufwand mit erhöhtem Risiko. Schlagkraft im Rebschutz und eine gute Kulturführung müssen gewährleistet sein. Der Unterstockbereich kann mit entsprechender Technik rationell sauber gehalten werden, allerdings nur, wenn kein Seitenhang oder Terassierung vorliegt. Bei guter ökologischer Bewirtschaftung können auf den meisten Standorten und mit den meisten Rebsorten Erträge bis zur Qualitätsweinmengenbegrenzung erreicht werden. Allerdings sind Maximalerträge über mehrere Jahre nicht haltbar.
Für Ökoware wird zurzeit ein rentabler Fassweinpreis bezahlt. Allerdings muss auch im Öko-Bereich der Rebsortenspiegel stimmen. Gesucht wird momentan Riesling, Dornfelder, Müller-Thurgau, Weiß- und Grauburgunder. Wie sich die Marktsituation im Öko-Weinbereich in den nächsten Jahren entwickelt, ist nicht voraussehbar, weshalb eine Umstellung gut überlegt werden sollte.




LangfassungWintertagung.pdf

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