Essen und Trinken bei Diabetes Typ 2

Stand: 12/30/2024
Diabetes mellitus, umgangssprachlich auch Zuckerkrankheit genannt, gilt zu Recht als Volkskrankheit. In Deutschland sind laut Deutschem Gesundheitsbericht Diabetes 2024 an Diabetes mellitus Typ 2 dokumentiert 8,9 Millionen Menschen erkrankt – zuzüglich einer Dunkelziffer von rund 2 Millionen Menschen. Etwa 95 Prozent der Diabetiker sind am Typ 2 erkrankt. Früher wurde diese Form des Diabetes auch als Altersdiabetes bezeichnet, weil er in der Regel erst bei älteren Menschen auftrat. Zunehmend erkranken auch junge Menschen an Diabetes mellitus Typ 2.
Diabetes mellitus Typ 2 tritt häufig zusammen mit Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Übergewicht auf. Das gleichzeitige Auftreten dieser Symptome wird auch als Metabolisches Syndrom bezeichnet.

Neben den gesundheitlichen Problemen für den Einzelnen sind die Kosten für die Gemeinschaft enorm. Die diabetesbezogenen Gesundheitsausgaben werden für Deutschland in 2021 mit rund 39 Milliarden Euro angegeben. Wichtig dabei zu wissen: Der Erkrankung kann durch vorbeugende Maßnahmen erfolgreich entgegen gewirkt werden. Hier spielen Ernährungsfaktoren - in Verbindung mit ausreichender Bewegung - eine entscheidende Rolle.


Formen des Diabetes mellitus

Leitsymptom des (unbehandelten) Diabetes mellitus ist die chronische Hyperglykämie, die Erhöhung des Blutzuckerspiegels.
Beim Gesunden wird der Blutzucker innerhalb bestimmter Grenzen relativ konstant gehalten: Steigt der Blutzuckerspiegel – nach dem Essen – an, so reagiert die Bauchspeicheldrüse und schüttet das Hormon Insulin aus, das für die Aufnahme von Glukose aus dem Blut in die Zellen sorgt. Umgekehrt, wenn der Blutzuckerspiegel sinkt, bei Hunger oder bei körperlicher Aktivität, sorgen die Hormone Glukagon und Adrenalin dafür, dass Glukose aus den Speichern freigesetzt wird und der Blutzuckerspiegel wieder ansteigt.

Beim Diabetes mellitus ist die Glukoseregulation gestört.
Es gibt verschiedene Formen der Erkrankung:
  • Beim Diabetes mellitus Typ 1 bildet die Bauchspeicheldrüse kein Insulin (absoluter Insulinmangel). Betroffene müssen Insulin lebenslang medikamentös zuführen.
  • Beim Diabetes mellitus Typ 2 bildet die Bauchspeicheldrüse zu wenig Insulin (relativer Insulinmangel) und/ oder die Insulinwirkung ist gestört (Insulinresistenz, das heißt: die Körperzellen reagieren schlechter auf Insulin). Im Vordergrund der Behandlung stehen Gewichtsreduktion (80 bis 90 Prozent der Betroffenen sind übergewichtig), eine günstige Lebensmittelauswahl und Bewegung. Lassen sich durch diese Maßnahmen innerhalb von drei bis sechs Monaten keine guten Blutglukosewerte erzielen, müssen Medikamente (orale Antidiabetika, Insulin) eingesetzt werden.
  • Ferner kann ein Diabetes mellitus Folge einer anderen Grunderkrankung sein oder bei Schwangerschaft (Gestationsdiabetes) auftreten.

Im Folgenden soll die Gestaltung von Lebensstilfaktoren im Hinblick auf Prävention und Behandlung eines Diabetes mellitus Typ 2 im Vordergrund stehen.

Die wesentlichen Risikofaktoren für die Entstehung dieses Diabetestyps sind die genetische Veranlagung, das Alter, Übergewicht und Adipositas, ungünstige Ernährungsgewohnheiten, mangelnde Bewegung und Stress. Veranlagung und Alter lassen sich nicht beeinflussen. Alle anderen Faktoren sind mehr oder weniger veränderbar – im positiven wie im negativen Sinn.


Gewichtsabnahme und Gewichtsnormalisierung

Schon ein mäßiges Übergewicht (Body Mass Index (BMI) ab 25 kg/m²) erhöht das Risiko, an Diabetes mellitus zu erkranken. Bei Adipositas (BMI ab 30 kg/m²) steigt das Diabetesrisiko um ein Vielfaches. Aber auch die Körperfettverteilung spielt eine Rolle. Vor allem viel Bauchfett kann zu Insulinresistenz und Diabetes führen. Ab einem Taillenumfang über 102 cm (Männer) bzw. 88 cm (Frauen) wird das Risiko als stark erhöht eingeschätzt. Umgekehrt verringert eine Gewichtsabnahme bei Übergewichtigen das Risiko, an Diabetes zu erkranken. Und auch bei übergewichtigen Diabetikern Typ 2 kann eine Gewichtsreduktion die Insulinempfindlichkeit und Glukosetoleranz verbessern, so dass Patienten oftmals Medikamente einsparen oder sogar ganz darauf verzichten können. Auch Blutfettwerte und Blutdruck werden meist günstig beeinflusst.

Bei Übergewicht und Adipositas sollte das Körpergewicht über mehrere Monate hinweg um etwa 7 bis 10 % abgebaut werden. Minimalziel ist, nicht weiter an Gewicht zuzunehmen.
Nach erfolgreicher Gewichtsabnahme ist die Gewichtskonstanz gleichfalls ein wichtiges Ziel.

Während frühere Empfehlungen eine eher fettarme und kohlenhydratbetonte Ernährungsweise bevorzugten, sind heutige Empfehlungen offen. Ob der Vorzug einer Low Carb oder einer Low Fat-Ernährungsweise gegeben wird oder ob man ein gutes Gewichtsmanagement durch Intervallfasten erreichen möchte, wird eher nach individuellen Präferenzen entschieden. Jede dieser Ernährungsformen kann die Gewichtsregulation erfolgreich unterstützen.

Ein hoher Proteinanteil in der Nahrung von 25 bis etwa 30 Prozent der zugeführten Kalorien kann in der ersten Phase die Gewichtsreduktion unterstützen und den langfristigen Blutzuckerverlauf (HbA1c Wert) verbessern.

Wichtig ist, eine Ernährungsumstellung mit einem Bewegungsprogramm zu koppeln, um insbesondere bei höheren Gewichtsverlusten dem Abbau von Muskelmasse entgegen zu wirken (siehe unten).


Hinweise zur Lebensmittelauswahl

Aber egal, welche Ernährungsform man favorisiert, entscheidend ist immer auch die Lebensmittelauswahl.

Ballaststoffreiche Lebensmittel, allen voran Vollkorngetreideerzeugnisse, können den Blutzuckeranstieg nach dem Essen verzögern und die Blutfettwerte verbessern. Außerdem sättigen sie gut. Deshalb gilt:
  • Brot und Getreideerzeugnisse bevorzugt in den Vollkornvarianten verzehren wie Vollkornbrot, Vollkornnudeln oder Vollkorncouscous. Müsli aus Haferflocken oder anderen Getreideflocken zubereiten. Getreideflocken sind immer Vollkornprodukte. Wer Vollkornbrot aus grobem Schrot schlecht verträgt, sollte probieren, ob Brot aus fein gemahlenem Vollkornmehl bekömmlicher ist.
  • Gerichte auf Basis von Hülsenfrüchten (Linsen, Bohnen, Erbsen, Kichererbsen) mindestens einmal in der Woche (gerne auch öfters) verzehren, beispielsweise in Form von Suppen, Gemüsebeilagen, Salate, Bratlinge oder Bolognese.
  • Pellkartoffeln sind gleichfalls empfehlenswert.

Auch kann man sich angewöhnen, immer eine Portion Rohkost oder Salat zu herzhaft belegten Broten zu essen. Das schmeckt erfrischend und trägt gleichzeitig zur Versorgung mit Ballaststoffen und verschiedenen Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen bei. Je nach Jahreszeit eignen sich beispielsweise gut Tomaten, Gurken, Radieschen, Rettich, Kohlrabi, Möhren, Staudensellerie oder diverse Blattsalate.
Das ist auch ein Schritt in Richtung der Empfehlung "5 am Tag – Gemüse und Obst". Diese Empfehlung gilt für Diabetiker wie für Stoffwechselgesunde. Vor allem Gemüse und Salat sind kalorienarm, sättigen gut und können, ebenso wie Obst, günstig auf den Blutzuckerspiegel wirken. Das Gemüse sollte zum Teil als Rohkost, zum Teil gegart verzehrt werden. Als Garmethode empfiehlt sich Dünsten oder Dämpfen. Auf kalorienreiche Sahnesoßen, Mehlschwitzen und ähnliches sollte verzichtet werden. Salatmarinaden sollten mit Rapsöl oder Olivenöl zubereitet werden. Diese Öle enthalten reichlich einfach ungesättigte Fettsäuren, die den Cholesterinspiegel günstig beeinflussen. Obst ist ideal als Nachtisch oder als Zwischenmahlzeit. Günstig sind Zubereitungen mit Milchprodukten wie Obstquark, Fruchtjoghurt oder Müsli mit Obst und Milch, denn in dieser „Verpackung“ steigt der Blutzuckerspiegel nur verhalten an.

Eine Portion (20 bis 30 Gramm) Nüsse, Kerne und Saaten täglich trägt nicht nur zur Versorgung mit B-Vitaminen, verschiedenen Mineralstoffen und ungesättigten Fettsäuren bei, sondern besitzt auch einen guten Sättigungseffekt und wirkt günstig auf Blutzuckerspiegel und Blutfettwerte. Außerdem bringen sie Abwechslung in den Speiseplan: Ungesalzene Nussmischungen eignen sich als Snack am Arbeitsplatz, Walnüsse, Haselnüsse, Kürbiskerne & Co. geben als Topping den besonderen Pfiff an Salate, Suppen oder Müsli und eignen sich auch gut als kreative Zutat zu Aufläufen, Soßen oder Desserts.

Milch und Milchprodukte sind nicht nur eine gute Quelle für Protein, Kalzium, Jod und Vitamin B2, gleichfalls werden auch Risiko mindernde Wirkungen für Diabetes Typ 2 diskutiert.
Fettreicher Fisch wie Hering oder Lachs ist eine hervorragende Quelle für Omega-3-Fettsäuren und sollte mindestens einmal in der Woche gegessen werden. Omega-3-Fettsäuren wirken günstig auf die Triglyceride, sind entzündungshemmend und verbessern die Fließeigenschaften des Blutes.

Wasser, Mineralwasser und ungesüßter Tee sind optimale Getränke und können ohne Bedenken getrunken werden. Mindestens 1,5 Liter, besser zwei Liter kalorienfreie und kalorienarme Getränke sollten täglich getrunken werden.
Vorsicht ist bei zuckerhaltigen Getränken geboten, diese können den Blutzucker rasch erhöhen. Der häufige Konsum zuckerhaltiger Getränke wie Cola- und Limonadengetränke, Nektare und Fruchtsaftgetränke, aber auch Fruchtsäfte, oder Malzbier kann das Diabetes Typ 2-Risiko erhöhen.
Alkoholische Getränke sollten nicht oder nur selten getrunken werden: bis zu zwei kleinen Gläsern Wein oder bis zu zwei kleinen Flaschen Bier in der Woche.

Naschen ist erlaubt, aber in Maßen. Höchstens zehn Prozent der Kalorien sollten in Form von Zucker verzehrt werden – möglichst nicht auf einmal und am besten in Verbindung mit einer Mahlzeit, zum Beispiel als Dessert.
Zehn Prozent der Kalorien sind bei 2000 kcal am Tag bis zu 50 Gramm Zucker oder bei 1500 kcal am Tag 37 Gramm Zucker. Um sich diese Mengen besser vorstellen zu können hier ein Beispiel: Wer am Tag ein Glas Limonade oder Fruchtsaft (250 ml) trinkt und 30 Gramm Gummibärchen (etwa 15 Stück) isst, hat etwa 50 Gramm Zucker aufgenommen.


Bewegung - täglich

Körperliche Aktivität hat viele positive Effekte. Das Herz-Kreislaufsystem wird aktiviert, die Gewichtsabnahme unterstützt, die Blutfettwerte und der Blutdruck werden positiv beeinflusst und - ganz wichtig - die Wirksamkeit des Insulins und die Blutzuckerwerte werden nachhaltig verbessert. Regelmäßige Bewegung trägt auch zum Wohlbefinden bei.

Ziel sollte es sein, jeden Tag mindestens 15 Minuten am Stück körperlich aktiv zu sein. Hier bieten sich Gelegenheiten im ganz normalen Alltag ebenso an wie diverse sportliche Aktivitäten, angepasst an die individuelle Fitness und Vorlieben: zu Fuß mit flottem Schritt Einkaufen gehen, Treppensteigen, zügig Spazierengehen, Walken, Nordic Walken, Aquajogging, Schwimmen, Radfahren, Tanzen, u. v. m.. Günstig ist auch die Kombination von Ausdauertraining und Krafttraining.


Fazit

Ein Diabetes mellitus Typ 2 entwickelt sich über Jahre. Dem kann durch eine mediterran orientierte Lebensmittelauswahl wie oben beschrieben entgegengewirkt werden. Eine gute Orientierung für die Umsetzung im Ernährungsalltag bieten der Ernährungskreis der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) bzw. die Ernährungspyramide des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE). Eine solche Ernährung erfüllt gleichermaßen präventive wie therapeutische Anforderungen.
Werden die Speisen weitestgehend selbst zubereitet, können die Zutaten nach eigenem Geschmack und Bedarf gewählt werden. Auf Fertigprodukte kann weitestgehend verzichtet werden.
Zur Vorbeugung eines Diabetes Typ 2 und bei Erkrankung selbst ist es zudem besonders wichtig, das Körpergewicht im Normbereich zu halten und täglich „in Bewegung“ zu sein.

Mittels eines Diabetes-Risiko-Test können Interessierte das persönliche Diabetes mellitus Typ 2-Risiko abschätzen. Informationen hier (im Internet unter dife.de, letzter Zugriff 20.12.2024)


Quellen und weiterführende Informationen


irmgard.luetticken@dlr.rlp.de     www.fze.rlp.de/ernaehrungsberatung