Die längere Lagerung auf der Feinhefe ist bisher eine Sonderbehandlung. Sie kann bei durchgegorenen Weißweinen viele sensorischen Vorteile haben, da die Inhaltsstoffe aus der Hefe den Wein insgesamt runder und fülliger werden lassen. Das ist vor allem bei trockenen Weinen von Vorteil – sie zeigen oft eine bessere Geschmacksharmonie und mehr Länge durch diese Maßnahme.
Für den Jahrgang 2006 war die Feinhefelagerung nur begrenzt einsetzbar, da die Fäulnis in vielen Fällen eine längere Lagerung, und das Rühren auf der Feinhefe nicht zuläßt. Ein zügiger Abstich mit entsprechender Schwefelgabe ist bei diesem Material sinnvoll.
Mit dem Thema Feinhefelagerung beschäftigt man sich schon seit einigen Jahren, jedoch wird dieser Ausbaustil immer wieder unterschiedlich interpretiert. Zuerst muß man sich im Klaren sein, welche Menge an Hefe nach der abklingenden Gärung noch enthalten ist. Feinhefelagerung bedeutet, die Hefe in der Schwebe zu halten. Diese Ausbauart hebt sich deutlich von dem betont reduktiven Weinstil ab, der in den letzten Jahren unsere Weine prägte.
Bei der heute üblichen Vorklärung der Moste liegt meist nicht mehr viel Hefe (1 –2 %) nach der Gärung vor. Je nach Hefemenge kann diese dann sogar ohne Abstich zur Feinhefelagerung genutzt werden. Je mehr Hefe aber vorliegt, umso stärker ist der Effekt. Allerdings muss festgestellt werden, dass sich der Wein bei (zu) hohen Hefemengen sehr stark im Aroma „verändern“ wird. Jungweinaromen werden oft überdeckt oder zeigen sich erst Monate später. In aller Regel sind die mit Feinhefe ausgebauten Weine also eher Spätentwickler (je mehr Hefe umso mehr) , zeichnen sich aber meist auch durch eine längere Lagerfähigkeit aus. Es ist eher eine Typfrage, wie stark die Einflußnahme durch die Hefe gewünscht wird. Unter Umständen lässt sich durch Zugabe einer sog. Batonagehefe (50 - 100 g/hl in Trockenform) der Effekt noch verstärken.
Feinhefelagerung geht natürlich nur, wenn die Trauben weitgehend gesund waren, die Moste sauber vorgeklärt wurden und auch die später abgetrennte Hefe reintönig riecht. Die Weine müssen natürlich durchgegoren sein, sonst kommt es leicht zu Nachgärungen mit der Folge, dass nochmals / mehrmals Nachschwefelungen vorgenommen werden müssen.
Definition:
Batonage = frz. „baton“ der Stock
Aufrühren der Hefe im Gebinde (mittels eines Stockes oder ähnlichem)
Variationen der Feinhefelagerung:
1. Abstich und Schwefelung (80-100 mg/l) – anschließend „Feinhefelagerung“ ohne aufrühren.
Hier erscheint es nicht sinnvoll von Feinhefelagerung zu sprechen, denn die Weine erreichen nach wenigen Tagen eine Selbstklärung, wodurch der Effekt der „Feinhefe“ (Resthefe) nicht nachvollzogen werden kann, bzw. überhaupt nicht vorhanden ist. Die weitere Entwicklung der Weine ist mit der stabilisierenden Wirkung der schwefligen Säure im üblichen Maße gegeben.
2. Abstich und Schwefelung (80-100 mg/l) – anschließend Feinhefelagerung - aufrühren alle 2-3 Tage
Hier ist der Effekt der Feinhefelagerung davon abhängig, wie die Hefe in der Schwebe gehalten werden kann. Das Aufrühren nach dem 1. Abstich, der zügig nach Gärende mit anschließender Schwefelung erfolgt ist, ist natürlich nicht so einfach und als problematisch anzusehen. Hohe Kohlensäuregehalte und zu starkes Aufrühren können zum Überschäumen der Gebinde führen. Das Aufrühren ist mit äußerster Vorsicht durchzuführen. Das Ergebnis der Feinhefelagerung ist sicherlich davon abhängig, wie die Hefe in Schwebe gehalten werden kann.
3. Feinhefelagerung ohne Abstich und ohne SO2
Eine Sonderform stellt der Ausbau auf der Grobhefe ohne Abstich und Abschwefelung dar. Hier nutzt man die natürliche Reduktionskraft der Hefe und schiebt die Schwefelgabe einige Wochen / Monate hinaus. Um die Hefe in Schwebe zu halten, muss die Hefe 1–2mal pro Woche aufgerührt werden.
Auf eine Schwefelung siehe oben, kann verzichtet werden, sofern die Weine mikrobiologisch stabil sind, sensorisch intensiv überwacht werden können und der sich einstellende Weintyp (breite, hefige Note) erwünscht ist.
Häufig läuft unter diesen Bedingungen parallel dazu der Biologische Säureabbau (BSA) teilweise oder vollständig ab. Je nach Zielsetzung kann das sogar erwünscht sein. Insgesamt ist der Kontrollaufwand bei dieser Bereitungsmethode hoch – es werden wohl eher nur ganz spezielle Weine auf diesem Weg ausgebaut werden, da die Gefahr der Oxydation und des BSA sehr hoch ist. Bei Weinen mit hohen pH-Werten (> 3,4) ist eine Dosage von mindestens 50 mg/l SO2 zu empfehlen.
4. Batonagehefen

Die Steigerung des positiven Hefepotentials durch den Zusatz spezieller Reinzuchthefen nach Gärende ist eine weitere Möglichkeit der Feinhefelagerung. Hierbei werden ca. 50 - 100 g/hl Reinzuchthefe ohne vorherige Rehydrierung in den Jungwein gestreut. Auch bei dieser Version sollte die Hefe 2–3mal die Woche aufgerührt werden. Die Kosten für diese Ausbauart belaufen sich bei einer Einsaatmenge von 50 g/hl auf ca. 1,5 Cent pro Liter (15,00 €/500 gr. Hefe sind 3,00€/100 Liter).
5. Zugabe von Enzymen und/oder Hefenährstoffpräparaten
Durch die Zugabe dieser Behandlungsmittel zum späteren Jungwein soll die Mundfülle, Dichte und Komplexizität der Weine verstärkt werden. Es werden ähnliche Eigenschaften erreicht wie bei der Zugabe von Batonagehefen. Diese Varianten sind bisher nur z.T. getestet worden.
Zwischenfazit:
Durch diese Ausbaurichtungen der Feinhefelagerung Bsp: 2-4 wird in der Regel eine Säure- und, oder gerade 2003 Alkoholharmonisierung erreicht. Die Weine profitieren durch ein geschmeidigeres, dichteres „Mundgefühl“. Kraftvolle Alkoholstrukturen erhalten mehr Feinschliff. Es werden komplexe und dichte Weine durch die Bildung von Mannoproteinen erzielt. Die reduktive Wirkung der Hefe bringt eine Verlangsamung der oxydativen Alterung. Aus den Erfahrungen der letzten Jahre hat sich dieser Ausbaustil ohne SO2 nur bedingt bewährt. Ein Schutz durch die SO2 unterdrückt deutlich Milchsäurenoten bedingt durch einen beginnenden Biologischen Säureabbau.
Frequenzwandler:
Das Aufrühren von Tanks, die noch mit Kohlensäure gesättigt sind stellt die Betriebe in der Regel vor Probleme. Eine Möglichkeit bieten sogenannte Frequenzwandler, die im Moment auch bei Mohnopumpen zur Flotation eingesetzt werden. Die Kosten für ein solches Gerät belaufen sich auf 300,00 bis 500,00 €. Sie sind einfach in der Bedienung und können individuell (Bsp.: Filtration) eingesetzt werden.
Versuchsaufbau Beispiel 2004:
2004er Oppenheimer Herrenberg Riesling
Mostgewicht: 95°Oe, Gesamtsäure: 7,5 g/l Ertrag: 40 hl/ha
Maischestandzeit: 16 Stunden bei 12°C
Vorklärung: Sedimentation mit 1 g/hl Enzym und 200 g/hl Bentonit
Vergärung mit 20 g/hl Freddo und 20 g/hl Proferm bei 18°C mit 14 Tagen Gärdauer
Abstich 14 Tage nach Gärende und Beginn der Feinhefelagerung –
Aufteilung der Varianten am 08.12.04, Ende der Feinhefelagerung
am 25.01.05 (7 Wochen) ; 2-maliges Aufrühren pro Woche
Filtration KDS am 22.02.05; Keine weitere Schönung
Tabelle 1: 2004er Riesling – Varianteneinteilung nach dem 1. Abstich und Analysendaten zufr. Extrakt (g/l) und Gesamtphenole (mg/l)

Die Varianten 2 – 7 unterscheiden sich zum einen in der Zugabe der SO2 (Var. 2,3,5 und 7 mit + 50 mg/l) und zum anderen in der Zugabe von Batonage-Hefen (Fermicru 4F9 oder Chardonnay). Es wurde jeweils eine Menge von 100 g/hl eingesetzt. Dabei wurde die Trockenhefe ohne Rehydradisierung zugegeben.
Der Wein hat einen Gesamtalkoholgehalt von 107 g/l (13,57 vol%). Der ph-Wert von 3,3 und die Säure von 6,7 g/l sind bei allen Varianten identisch. Veränderungen, ein Anstieg der Gesamtphenole ergab sich nur bei Variante 7, durch die Zugabe von 40 g/hl Extraferm.
2004er Riesling:
Sensorischer Vergleich von 4 Varianten im 2004er Riesling.
Die Bewertung der Varianten erfolgte im April 2005. Vor der Feinhefelagerung wurde eine Schwefelung mit 50 mg/l SO2 durchgeführt. Es kann festgehalten werden, dass die Variante mit Zugabe von 100 g/hl Batonagehefe Fermicru 4F9 signifikant besser bewertet wurde als alle anderen Varianten. Die Extraferm-Variante (40 g/hl) wurde als schlechteste bewertet. Diese Tendenz der Ergebnisse bestätigte sich auch bei weiteren Verkostungen, für den 2004er Riesling
Mannoproteine:
Um die Feinhefelagerung von der analytischen Seite besser verstehen zu können, macht es Sinn, sich mit Mannoproteinen auseinanderzusetzen. Diese spielen für Dichte und komplexe Weine eine entscheidende Rolle, und werden oft mit dem Wort „mouth-feeling“ in Verbindung gebracht.
Die Herkunft der Mannoproteine ist aus der Hefezellwand zu registrieren. Sie sind ein Polymer der Mannose, die mit 10-20% Proteinen verbunden sind. Die Freisetzung erfolgt während der Gärung und der Hefeautolyse. Sie haben einen Einfluß auf die Stabilisierung und Harmonisierung von Tanninen. Auch bewirken Sie eine gewisse Eiweißstabilität, da eine Wechselwirkung zwischen Mannoproteinen und instabilen Proteinen zum koloidalen Schutz führt. Ein weiterer Einfluß ist im Hinblick auf die Weinsteinstabilität zu beobachten. Hierbei ist eine Hemmung der Kristallinitialisierung festzustellen.
Freisetzung von Polysacchariden aus Mannoproteinen zur Intensivierung von Mundgefühl, Dichte, Struktur und Aromatik.

Quelle: Der Deutsche Weinbau Nr. 21 v. 15.10.04
Hermann Mengler, Bezirk Unterfranken
Bei den Varianten aus dem Jahrgang 2004 wurden die Mannoproteine in Zusammenarbeit der Fa. Keller, Mannheim mit der Firma DSM in Montpellier (Frankreich) untersucht. Hieraus leiten sich folgende Ergebnisse ab.
Tabelle 2: 2004er Riesling - Mannoproteine
Für die Beurteilung der Mannoproteine ist die Mannose ausschlaggebend. Bei diesem 2004er Riesling gibt die Behandlung mit 40 g/hl Extraferm den höchsten Wert, dicht gefolgt von der Variante 4 mit 100 g/hl Hefeeinsaat ohne SO2. Der Ausbaustil mit Extraferm wurde aber bei allen Verkostungen zunächst als schlechteste Variante beurteilt. Oftmals wurden die Attribute rauh, hart und ungeschliffen wahrgenommen, was sicherlich auch mit der hohen Einsatzmenge von 40 g/hl zusammenhängt. Es ist ein Unterschied zu erkennen zwischen den Hefen 4F9 und Chardonnay.

Die Chardonnay-Hefe hat deutlich geringere Mannosewerte (91,00 mg/l) im Vergleich zur 4F9 (123,00 mg/l). Außerdem ergibt sich eine Tendenz von Variante 3 mit 50 mg/l SO2 zu Variante 4 ohne SO2-Ausbau. In diesem Ausbaustil ohne SO2 sind deutlich höhere Mannosewerte vorhanden. Auch bei den neutralen Polysacchariden zeigt diese Variante die höchsten Werte mit 167 mg/l. Sicherlich muss man bei der Beurteilung dieser Ergebnisse vorsichtig sein. Es sind Tendenzen zu beobachten, die sich aber analytisch nur im mg/l Bereich bewegen.
Fazit
Zur Feinhefelagerung eignen sich besonders durchgegorene Burgunder und Silvanerweine. Die Ausbaurichtung gilt für die Erzeugung wertvoller Spätlese-, Selections- oder Premiumweine. Es erfolgt eine Veränderung des Weinstils/-typs durch das Aufrühren der Hefe über einen längeren Zeitraum. Die Zugabe von Batonagehefen zu den durchgegorenen Weinen ist bei 50 g/hl mit ca. 1,4 Cent zu berechnen. Die positiven Auswirkungen der Hefe werden wiederentdeckt. Gleichzeitig erfolgt eine Förderung von Fülle und Lagerfähigkeit dieser Weine. Die Dichte und Komplexizität werden durch die Abgabe hefeeigener Mannoproteine an den Wein unterstützt. Der wahrnehmbare Alkoholeindruck wird zurückgenommen und rauhe, harte Eigenschaften des Weines werden harmonisiert. Diese Weine eignen sich auch idealerweise als Cuveépartner.
Eine SO2-Gabe ja nach Säure und ph-Wert von 30 – 80 mg/l (je nach pH-Wert und Gesamtsäure) gibt Sicherheit für den weiteren Ausbau, auch wenn die Entwicklung erstmal gehemmt ist.
Bei restsüßen Weinen besteht die Gefahr des biologischen Säureabbaus mit eventueller Bildung von flüchtiger Säure.
Bei optimalen Bedingungen (evtl. Barrique) wird die Feinhefelagerung bis weit über den Jahreswechsel hinaus durchgeführt. Eine regelmäßige sensorische Kontrolle muss auf jeden Fall den Ausbau begleiten. |
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