Qualitätsdifferenzierung und Profilierung – notwendig, aber nicht einfach im liberalisierten Weinrechtsgefüge

Vortrag von Herrn U. Bamberger zur 51. Kreuznacher Wintertagung

Deutsche Weine haben in den vergangenen Jahren einen deutlichen Imagezugewinn am Markt erfahren. Die Nachfrage nach deutschen Weinen im Inland ist steigend – hier haben vor allem der Riesling aber auch die qualitativ stark verbesserten Rotweine ihren Anteil. Sowohl den selbstvermarktenden Betrieben als auch den Faßweinvermarktern geht es wirtschaftlich besser als noch vor 10 Jahren. Ist die Basis gesichert, muss es in einem zweiten Schritt darum gehen, die Qualitäten und das Marktangebot besser zu ordnen, um damit eine nachhaltige Betriebsprofilierung zu erreichen. Großen Einfluss auf die Qualitätsdifferenzierung nehmen aber auch die weinrechtlichen Vorgaben. Will man diese in ihren Auswirkungen bewerten, so müssen die Entwicklungen über einen längeren Zeitraum beobachtet werden. In einer Stärke-Schwächen- Analyse sind Ableitungen für betriebliche Entscheidungen zu entwickeln.

In einem kritischen Rückblick ergeben sich viele Ansätze im Weingesetz, die in der Vergangenheit zwar kurzfristig und für die Masse der Winzer Erleichterungen brachten, die aber mittel- und langfristig in die Sackgasse führten und vor allem den Imageaufbau und die Profilierung in den Betrieben erschwerten. Das Minimalprinzip in der Erzeugung stellte vielfach zu geringe Anforderungen, viele Produkte gingen in die Masse oder hatten zu wenig Profil. Ein zu liberales Gesetz führt also nicht zum Ziel, es ebnet allenfalls den Weg zu betrieblichen Kurskorrekturen mit höheren Anforderungen - allerdings auf freiwilliger Basis.

Im Grundsatz könnten hier über Herkunftsabgrenzungen, Originalität in Weintyp, Rebsorte oder Qualitätsstufe, Mengenverknappung besonderer Weine, Preisunterschiede, sensorische oder bezeichnungsrechtliche Differenzierungen neue Vorgaben geschaffen werden, um zu einer besseren Angebotsstruktur zu gelangen. Im Besonderen wäre eine neue Diskussion über die Alkohol-, Restzucker- und Säuregehalte zu führen - die Erfahrungen gerade in den letzten Jahren haben dies deutlich gemacht. Sollten sich die klimatischen Verhältnisse wirklich ändern, muss man für den zukünftigen Weinausbau Rezepte haben. Die Qualitätsabstufungen sollten überdacht werden – sowohl aus sensorischer, als auch Mengen- und Preisniveau- Sicht. Prüfkriterien, auf Minimalprinzip beruhend, reichen hierzu sicherlich nicht mehr aus. Eine sensorische Fortentwicklung der Betriebsleiter wäre daher in vielen Betrieben sicherlich von Vorteil. Beispielsweise muss eine Veränderung in den Aromen von mehr grünen über gelbreife Früchte bis hin zu mehr exotischen Aromen, ebenso erkannt werden, wie die Zunahme in Struktur und Länge des Weines. Die Ausprägung der Harmonie, die dementsprechende Zuordnung von jeweiligen „Störfaktoren“ oder auch die zweifelsfreie Ansprache evtl. Fehler werden zukünftig zur Voraussetzung einer vertieften Weinsensorik.

Aus bezeichnungsrechtlicher Sicht sollten wertigere Weine auch wertiger herausgestellt werden. Je höher die Qualität, umso enger sollten die Weine bezeichnet werden, um Nachahmern und Großvermarktern das Kopieren zu erschweren. Einzellagen- Angaben könnten hier für Selbstvermarkter das Zentrum darstellen – auf Großlagenangaben muss dagegen verzichtet werden. Basisweine können einfachere Angaben tragen und auch Sorten wären unterschiedlich im Image zu gewichten. Mit der Angabe der Gutsabfüllung hätten Selbstvermarkter eine gute Eigendarstellungsmöglichkeit. Sie ist sicher nicht von Großvermarktern kopierbar – bisher wird deren Wertigkeit aber zu wenig herausgestellt! Eine Absicherung der Herkunft erlaubt vom Prinzip her auch die Bezeichnung „Selection“, da sie auf der Einzellage als Herkunft fußt. Auch die Ausgestaltung und das Prüfverfahren selbst zeigen Diskussionsansätze, die, wenn gewollt, aufgegriffen werden könnten. Inwieweit schließlich Geschmacksgruppierungen im Angebot vorgenommen werden, entscheidet der Betrieb. Denkbare Ansätze lägen darin, dass z.B. Kabinette nur „halbtrocken/lieblich“ oder Auslesen nur „edelsüß“ abgefüllt werden. Auch wäre zu überlegen, ob nicht nur bestimmte Rebsorten die oberste Wertigkeitsstufe darstellen oder ob man auch im Gegenteil am unteren Ende der Angebotsskala nicht in Zukunft auch Tafel- und / oder Landweine aufnimmt.

Die Entwicklungsmöglichkeiten sind vielfältig. Die Entwicklung selbst ist lange nicht am Ende. Um aber der anonymen und preisgünstigen Regalware in Zukunft Paroli bieten zu können, müssen die Selbstvermarkter zukunftsfähige Konzepte entwickeln. Im Grundsatz gilt hier schon „klein aber fein“. Allerdings müssen diese Konzepte aber auch in der Vermarktung umgesetzt werden. Das ist in mühevoller Kleinarbeit möglich, in der Gruppe mit Gleichgesinnten aber deutlich leichter zu erreichen. Neue Konzepte müssen für den Verbraucher leicht verständlich und nachvollziehbar sein, damit sie mit geringem Aufwand vermittelt werden können. Aus Fehlern der Vergangenheit kann die Weinbranche lernen. Die positive Grundstimmung beim deutschen Wein sollte genutzt werden. Mit einer ansprechenden Präsentation der Weine und einer verbrauchernahen Vermarktung wird dann der selbstvermarktende Winzer gute Zukunftschancen am Markt haben können.

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