Eine tierisch gute Rundfahrt entlang der Mosel - Exkursion im Netzwerk Partnerbetrieb Naturschutz

Entlang der Mosel sieht man sie viel zu häufig: nicht mehr genutzte Weinbergsflächen, die nach und nach sich selbst überlassen werden. Doch hier tut sich etwas: Einige Winzer und Landwirte setzen inzwischen auf tierische Helfer und lassen die Flächen mit Ziegen und Schafen beweiden. Dass diese Art der Offenhaltung und Pflege von Brachflächen funktioniert, davon überzeugten sich die Teilnehmer einer Exkursion Ende August 2018. Unter den Interessierten waren auch zahlreiche Landwirte und Winzer. Organisiert wurde die Rundfahrt durch Katharina Hörter, die Koordinatorin für den Partnerbetrieb Naturschutz, am DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück in Zusammenarbeit mit den zuständigen Vertragsnaturschutzberaterinnen der Landkreise Trier-Saarburg (Elke Rosleff Sörensen), Bernkastel-Wittlich (Susanne Venz) und Cochem-Zell (Corinna Lehr). Zu den Organisatoren zählte außerdem der Sachgebietsleiter Landespflege, Walter Oeffling, vom DLR Mosel in Bernkastel-Kues, der das Flurbereinigungsverfahren am Starkenburger Fels zwischen Traben-Trarbach und Enkirch betreut. Im Mittelpunkt der Rundfahrt standen die Betriebsleiter und -leiterinnen der vier Besichtigungspunkte.

Start, und am Abend auch Endpunkt der Exkursion, war das Weingut-Gästehaus Benedikt Nilles in Pünderich. Von hier starteten die Teilnehmer gegen 9:30 Uhr in Fahrgemeinschaften in Richtung Bekond-Ensch, um den ersten der vier Besichtigungspunkte zu erkunden: Am Ortsausgang von Ensch werden ca. 5,4 ha ehemalige Weinbergs Flächen mit 16 Pfauenziegen beweidet. Die tierischen Landschaftspfleger gehören Joachim Wiese, der sich täglich um die Ziegen kümmert und diese unter anderem auf Flächen des Öko-Weinguts Herbert Kuhnen einsetzt. Die Beweidung wurde im Rahmen von VN-WBF (Freistellungspflege) im Jahre 2015 gestartet und muss bis 2019 abgeschlossen sein. Bei der gemeinsamen Begehung konnten sich alle davon überzeugen, dass die Ziegen bereits jetzt ganze Arbeit geleistet haben: Dazu zeigte Herr Kuhnen den Teilnehmern einen stark verbuschten Hang mit Vorwaldstadien und verglich diesen mit der derzeitigen Beweidungsfläche. Vor Beginn der Beweidung hatte jene ebenfalls ein solches Stadium erreicht. Da einige Obstbäume nicht durch die Beweidung zerstört werden sollten, erhielten Sie vorab einen Verbiss-Schutz und konnten so erhalten werden. Lediglich herabhängende Blätter wurden von den Pfauenziegen verbissen.

Pfauenziegen auf der Beweidungsfläche in Ensch
Blick auf die Beweidungsfläche
Pfauenziegen

Anschließend führte es die ca. 45 Exkursions-Teilnehmer in das nahegelegene Rivenich. Die Autos wurden an einem Sammelpunkt in den Weinbergen geparkt, um von dort aus zu Fuß die mit Burenziegen beweideten Brachflächen zu besichtigen. Matthias und Valentin Haier berichteten von ihren zehnjährigen Erfahrungen mit dem Einsatz der Tiere in den Weinbergen. Dabei wurde besonders deutlich, wie sehr die Natur den beiden Betriebsleitern am Herzen liegt: „Wenn wir mit dem Freischneider oder Mulcher die Flächen offenhalten würden, hätten wir bereits zahlreichen Lebewesen wie z.B. Rebhühnern den Lebensraum genommen und die Brut zerstört. Denn dass solche Tiere auf unseren Brachflächen leben, sieht man erst, wenn man von Hand den mobilen Zaun für die Ziegen aufstellt und plötzlich auf dem Boden ein Vogelnest entdeckt.“ Da die Ziegen immer wieder andere Flächen beweiden, entsteht eine Art Rotationsbeweidung, die zu einem Mosaik an frisch abgeweideten, relativ offenen Flächen und höher bewachsenen Flächen führt. Nach Abschluss der Bodenordnung sollen insgesamt 25 ha Weinbergsbrachen durch Ziegenbeweidung offengehalten werden.
Familie Haier setzt neben den etwa 40 Burenziegen auch 40 Schwarzkopfschafe samt Nachzucht zur Beweidung ihrer bewirtschafteten Flächen ein.
Für die Mittagspause hatte Familie Haier ein Essen im Weinberg organisiert, bei dem die Exkursionsteilnehmer sich ausgiebig über die Schaf- und Ziegenhaltung in den Weinbergs Flächen austauschen und neue Kontakte knüpfen konnten.

Burenziegen auf einer Beweidungsfläche in Rivenich
Gruppe der Exkursionteilnehmer
Burenziegen
Blick auf eine bereits abgeweidete Weinbergsbrache

Am Nachmittag ging es für die Gruppe dann weiter nach Starkenburg: Dort stehen seit Anfang August 35 Ziegen von Johannes Alt aus Morbach auf einer im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens Starkenburger Fels entstandenen Projektfläche. Projektträger dieser Flächen sind die Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich, die Teilnehmergemeinschaft der Flurbereinigung sowie der Zweckverband Starkenburger Fels. Die Gesamtfläche des Projektes beträgt ca. 7,8 ha und setzt sich zusammen aus dem Ersatzzahlungsprojekt der Kreisverwaltung mit ca. 5,7 ha, einer Kompensationsfläche der Bahn mit ca. 1,0 ha sowie einer gemeinschaftlichen Maßnahme der Flurbereinigung mit ca. 1,1 ha. Durch die Beweidung mit Ziegen soll die zunehmende Verbuschung der ehemaligen Weinberge und Felsbereiche sowie der durch Trockenmauern terrassierten Hänge zurückgedrängt werden. Hierdurch können insbesondere die durch die Verbuschung bedrohten Habitate der Zippammer wieder hergestellt werden. In dem extrem steilen Gelände bewähren sich die Ziegen als Landschaftspfleger ganz besonders, da eine maschinelle Pflege sich in vielen Bereichen ausschließt. Zur Sicherstellung der Wasserversorgung wurde eigens eine Tränke Einrichtung installiert. Wind und Wetterschutz sollen noch zu errichtende Unterstände bieten. Die Beweidung erfolgt als saisonale Beweidung von Ende Frühjahr bis Anfang Herbst.

Besichtigung der Beweidungsfläche am Starkenburg
Blick auf die Beweidungsfläche

Abschließend ging es weiter zurück nach Pünderich, wo Rainer Nilles seine Tauernscheckenziegen vorstellte und von deren Freistellungspflege berichtete. Die Tiere sind mit ihren hohen Beinen bestens für die Beweidung von Brachflächen geeignet. Seit 2014 sind sie im Steilsthang westlich des Prinzenkopfes im Einsatz. Die Ziegen haben die alten Trockenmauern vom Brombeerdickicht befreit und die Lebensräume für Mauereidechse und Schlingnatter wieder reaktiviert. Dost und Dürrwurz wachsen inzwischen auf den beweideten Terrassen. Die Blüten sind Anziehungspunkt für Schmetterlinge, Bienen und Hummeln.

Tauernscheckenziegen in Pünderich

Die lebhafte Exkursion wurde am Abend mit einem Glas Wein und einem kleinen Imbiss auf dem Weingut-Gästehaus Benedikt Nilles in gemütlicher Runde beendet. Das allgemeine Resümee: Dies wird mit Sicherheit nicht die letzte Gelegenheit für einen verstärkten Austausch der Partnerbetriebe Naturschutz und ihren interessierten Gästen in diesem Rahmen gewesen sein – ein regelmäßiges Treffen für Schaf- und Ziegenhalter in Weinbergslagen entlang der Mosel ist spätestens ab 2019 geplant.