Weniger FODMAP – weniger Darmbeschwerden

Stand: 03/04/2022
Das so genannte FODMAP-Konzept ist ein Ansatz, die Symptome bei Reizdarmsyndrom individuell zu behandeln. Auch im Zusammenhang mit anderen gastroenterologischen Erkrankungen wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder Weizensensitivität wird die Wirksamkeit einer FODMAP reduzierten Ernährung diskutiert.
Im Gegensatz zu anderen Diäten ist das FODMAP-Konzept nicht aus alternativmedizinischen Überlegungen entwickelt worden, sondern fasst Erfahrungen aus der Behandlung von Reizdarm-Patienten und von Patienten mit Kohlenhydratintoleranzen (Laktoseintoleranz, Fruktosemalabsorption) zu einer umfassenden Hypothese zusammen.

FODMAP ist die Abkürzung für „Fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide and Polyole“. Zu den FODMAP gehören verschiedene kurz- und mittelkettige Kohlenhydrate sowie Zuckeralkohole, die überwiegend natürlicherweise in Lebensmitteln vorkommen. Sie werden nicht von allen Menschen gut vertragen und können funktionelle Magen-Darmbeschwerden verursachen.


Was sind FODMAP?

FODMAP sind Kohlenhydrate unterschiedlicher Kettenlänge und Zusammensetzung sowie Polyole (Zuckeralkohole). Folgende Eigenschaften haben alle FODMAP gemeinsam und können zu Magen-Darmbeschwerden führen:
  • schlechte Resorption im Dünndarm
  • kleine Moleküle und dadurch osmotisch aktiv
  • schnelle Fermentierung durch Darmbakterien.
FODMAP wirken wasseranziehend. Da sie im Dünndarm nicht oder nur begrenzt resorbiert werden, gelangen sie in den Dickdarm, wo sie verstärkt Flüssigkeit binden und dadurch zu Durchfällen führen können. Dickdarmbakterien besitzen die notwendige Enzymausstattung, um FODMAP zu kurzkettigen Fettsäuren und Gasen (Methan, Kohlendioxid, Wasserstoff) abzubauen. Blähungen, Flatulenz, Koliken und ähnliche Darmsymptome können die Folge sein.

Zu den FODMAP gehören:

Fruktane:
Fruktane sind Fruktoseketten unterschiedlicher Kettenlänge und Bindungsform, zum Teil mit einem geringen Glukoseanteil. Zu den Fruktanen gehören unter anderem Frukto-Oligosaccharide (FOS, bis zu zehn Fruktosebausteine) und Inulin (bis zu 100 Fruktosebausteine). Fruktane sind Speicherkohlenhydrate in Pflanzen und kommen z.B. in Weizen, Roggen, Zwiebeln, Knoblauch, Artischocken, Chicoree und Schwarzwurzeln vor. Sie werden aber auch von der Lebensmittelindustrie als Präbiotika und zur Verbesserung des „Mundgefühls“ bei fettreduzierten Lebensmitteln verarbeitet.
Weil die Fruktosebindungen im Dünndarm nicht gespalten und die Fruktane nicht als solche resorbiert werden können, gelangen sie in den Dickdarm und können zu den oben beschriebenen Wirkungen führen.

Galakto-Oligosaccharide (GOS):
GOS bestehen aus kurzen Galaktoseketten und einem Baustein Glukose und Fruktose. Beispiele sind Stachyose und Raffinose. Größere Gehalte an GOS sind beispielsweise in verschiedenen Hülsenfrüchten zu finden. Die GOS können ebenfalls nicht im Dünndarm gespalten werden, weil die Enzyme fehlen. Sie gelangen in den Dickdarm, wo sie von den Darmbakterien fermentiert werden.

Polyole:
Polyole kommen natürlicherweise in verschiedenen Früchten und einzelnen Gemüsearten vor: Sorbit findet sich beispielsweise in Äpfeln, Birnen, Aprikosen, Pfirsichen oder Pflaumen, Mannit in Pilzen. Verschiedene Zuckeralkohole wie Sorbit, Mannit, Maltit, Isomalt, Erythrit werden von der Lebensmittelindustrie als Zuckeraustauschstoffe oder bei der Herstellung zahnschonender Kaugummis, Süßwaren oder Zahncremes eingesetzt.
Polyole werden langsam und unvollständig verdaut, so dass sie zu einem Teil in den Dickdarm gelangen. Lebensmittel mit mehr als zehn Prozent Polyolen müssen den Warnhinweis tragen „kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken“.

Laktose:
Laktose, Milchzucker, besteht aus je einem Baustein Glukose und Galaktose. Laktose wird im Dünndarm durch das Enzym Laktase gespalten, bevor die Einzelbausteine resorbiert werden können. Bei Menschen mit einer Laktoseintoleranz wird keine oder zu wenig Laktase gebildet, so dass der Milchzucker bei den Betroffenen nicht oder nur unzureichend gespalten wird, in den Dickdarm gelangt und von den Darmbakterien abgebaut wird. Laktose ist nur bei Laktoseintoleranz ein FODMAP, insofern ein spezielles FODMAP.

Fruktose:
Fruktose, ein Monosaccharid (Einfachzucker), kommt natürlicherweise vor allem in Früchten und Fruchtprodukten sowie in Honig vor. Fruktose ist aber auch in vielen verarbeiteten Lebensmitteln, insbesondere in Süßwaren und Süßgetränken reichlich enthalten. Nach Verzehr wird Fruktose im Dünndarm über spezifische Transporter in den Körper transportiert. Die Kapazität dieser Transporter ist begrenzt, so dass bei Aufnahme größerer Verzehrsmengen (bis zu 25 Gramm je Einzelportion bzw. bis zu 60 Gramm je Tagesportion) die nicht resorbierte Fruktose quasi als „Bakterienfutter“ in den Dickdarm gelangt. Etwa 30 Prozent der deutschen Bevölkerung leiden an einer Fruktosemalabsorption. Bei diesen Menschen liegt die Toleranzgrenze für Fruktose deutlich niedriger.

FODMAP-reiche Lebensmittel, Beispiele

Fruktane
  • Nektarinen, Pfirsiche, Wassermelone, Weintrauben
  • Artischocken, Knoblauch, Zwiebeln, Schalotten, Spargel, Lauch, Zucchini
  • Pistazien
  • Weizen, Roggen
GOS
  • Bohnen, Linsen, Kichererbsen, Kidney-Bohnen, grüne Bohnen, Rosenkohl
Polyole
  • Äpfel, Birnen, Aprikosen, Pfirsiche, Pflaumen, Kirschen, Nektarinen
  • mit Zuckeraustauschstoffen (z.B.: Sorbit E420, Mannit E 421, Isomalt E 953, Xylit E 967) gesüßte Lebensmittel
Laktose
  • Milch und Milchprodukte
Fruktose
  • Äpfel, Birnen, Himbeeren, Brombeeren, Wassermelone, Nektarinen, Pfirsiche, Aprikosen, Pflaumen, Zwetschgen, Mango, Papaya, Dattelpflaumen
  • Agavendicksaft, Honig


Reizdarmsyndrom

Ein Reizdarmsyndrom (RDS) liegt vor, wenn folgende drei Punkte erfüllt sind:
  1. Es liegen chronische Beschwerden (mindestens über drei Monate) ausgehend vom Darm wie Bauchschmerzen, Blähungen vor, die i.d.R. mit Stuhlveränderungen einhergehen.
  2. Aufgrund der Beschwerden sucht der Patient ärztliche Hilfe; die Beschwerden sind so stark, dass die Lebensqualität relevant beeinträchtigt wird.
  3. Es können keine anderen Krankheitsbilder für die Symptome verantwortlich gemacht werden.
Das heißt, dass im Vorfeld der Diagnose RDS umfangreiche Untersuchungen notwendig sind, um eine andere Erkrankung als Ursache der Beschwerden auszuschließen.

Die Häufigkeit des RDS wird mit fünf bis 15 Prozent angegeben. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
Die Ursachen des RDS sind nicht vollständig geklärt und können auch von Patient zu Patient unterschiedlich sein. Die darmeigenen Nervenleitungen scheinen bei den Betroffenen überempfindlich zu reagieren. Infektionen des Darms und psychische Faktoren wie Angst, Ärger, Kummer können Symptome auslösen oder verstärken. Auch zwischen Darmmikrobiom und RDS wird ein Zusammenhang vermutet. Ernährungsfaktoren sowie Alkohol und Nikotin können die Symptome beeinflussen.

Eine ursächliche Behandlung und Heilung des RDS ist nicht möglich. Dennoch gibt es verschiedene therapeutische Maßnahmen, die helfen können. Neben medikamentösen und psychotherapeutischen Verfahren kann auch eine Umstellung der Ernährung helfen.


Das FODMAP-Konzept

Das FODMAP-Konzept wurde erstmals 2005 veröffentlicht und in der Folge vor allem von australischen und britischen Wissenschaftlern erweitert. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass dieses Ernährungskonzept zu deutlichen Verbesserungen von Symptomen bei Reizdarmpatienten führen kann. Es ist dreistufig aufgebaut:
In der ersten, der so genannten Restriktionsphase werden FODMAP-reiche Lebensmittel für mindestens vier bis sechs Wochen gemieden. Das sind beispielsweise Früchte mit deutlich höherem Fruktose- als Glukosegehalt, Hülsenfrüchte, Kohlarten, Pilze, Weizen- und Roggenprodukte, Milchprodukte, mit Fruktose oder Zuckeraustauschstoffen gesüßte Getränke, Süßwaren, Fertigprodukte und Light-Produkte (siehe oben).
Begleitend wird ein Essbeschwerdetagebuch geführt, um die Veränderung von Symptomen festzuhalten.
Haben die Beschwerden stark nachgelassen oder sind ganz verschwunden, so werden in der zweiten, der Wiedereinführungsphase die FODMAP-haltigen Lebensmittel schrittweise wieder eingeführt. Es wird immer nur ein FODMAP getestet – über mehrere Tage, jeweils einmal täglich – und so gezielt ausprobiert, welches in welcher Menge toleriert wird. Testlebensmittel für die verschiedenen Gruppen können z.B. Honig (Fruktose), Aprikosen (Sorbit), Milch (Laktose) oder Pilze (Mannit) sein.
Die dritte Phase ist die langfristige, individuelle FODMAP-reduzierte Ernährung. Die Ernährungsweise soll ausgewogen sein und mit möglichst wenigen Einschränkungen die Beschwerden wirksam reduzieren. Lebensmittel sollten nicht streng in erlaubt und verboten eingeteilt werden. Beispielsweise werden häufig ein bis zwei Scheiben Weizen- oder Roggenbrot vertragen, aber auch nicht mehr und auch keine zusätzliche Portion Weizennudeln am gleichen Tag. Auch kann gelegentlich eine kleine Portion blähender Gemüse verzehrt werden. Toleranzen müssen in Abständen neu ausgelotet werden.

Eine gute Umsetzung des Konzepts ist nicht einfach und sollte möglichst in Begleitung einer Ernährungsfachkraft erfolgen, um den Anforderungen gerecht zu werden. Denn auch die Angaben zum FODMAP-Gehalt von Lebensmitteln und deren Einteilung in FODMAP-arm und -reich sind im Fluss.
Führt das FODMAP-Konzept nicht zum Erfolg, müssen andere Behandlungsansätze verfolgt werden.


Fazit

Rund drei Viertel der RDS-Patienten reagieren auf eine gezielte FODMAP-reduzierte Ernährung mit einer deutlichen Besserung der Symptome.

Aber auch bei Patienten mit Fruktosemalabsorption, bei denen eine fruktose-/ sorbitarme Ernährung alleine keine ausreichende Besserung bringt, oder bei Patienten mit Laktoseintoleranz, bei denen die laktosearme Ernährung nicht ausreichend hilft, kann das FODMAP-Konzept ein Ansatzpunkt sein.
Positive Erfahrungen konnten auch bei Patienten mit Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn gemacht werden, deren Entzündungswerte sich unter einer medikamentösen Therapie gebessert oder normalisiert hatten, die aber noch nicht beschwerdefrei waren und Reizdarm ähnliche Restbeschwerden hatten.
Und auch bei Weizensensitivität werden FODMAP als eine mögliche Ursache der Beschwerden diskutiert.

FODMAP-reiche Lebensmittel sollten jedoch nicht ohne Notwendigkeit aus dem Speiseplan verbannt werden. Die Einschränkungen wären groß und das tägliche Essen und Trinken möglicherweise zu einseitig.


Quellen und weitere Informationen


irmgard.luetticken@dlr.rlp.de     www.fze.rlp.de/ernaehrungsberatung