Sauvignon blanc – Wie beeinflussen Lesetermin, reduktiver Ausbau und Hefestamm die Aromaausprägung?

Einleitung
Die Rebsorte Sauvignon blanc hat in Deutschland mit etwa 260 ha (2006) flächenmäßig bisher nur sehr geringe Bedeutung. Weltweit gehört der Sauvignon blanc mit 80.000 ha allerdings zu den 20 am häufigsten angebauten Rebsorten. In Frankreich liegt die Anbaufläche bei rund 20.000 ha, in Südafrika zum Beispiel bei etwa 8500 ha. Trotz bisher geringer Verbreitung in Deutschland findet die Rebsorte immer mehr Interesse bei Weinkunden und daher auch bei Winzern und hat sich von 2004 bis 2007 in Deutschland mehr als verdoppelt.

Sauvignon blanc ist allerdings aus oenologischer Sicht von hohem Interesse, da sich die Konzentration und Ausprägung der charakteristischen Aromastoffe sowohl weinbaulich als auch durch oenologische Maßnahmen deutlich beeinflussen lassen.

Sortenaroma
Prägend für die Aromastruktur des Sauvignon blanc sind zum einen die Gruppe der Methoxypyrazine. Sie sind für das Aroma nach grüner Paprika, grüner Bohne, grünem Spargel verantwortlich, und prägen auch das Aroma anderer Rebsorten wie zum Beispiel des Cabernet Sauvignon.
Zur Reduktion der Methoxypyrazine kann als weinbauliche Maßnahme die Entblätterung dienen, da sie die Lichteinstrahlung und den Abbau der Methoxypyrazine fördert.
Umgekehrt fördern längere Maischestandzeiten die Extraktion der Methoxypyrazine aus der Beerenschale.

Zum anderen sind eine Gruppe von schwefelhaltigen Aromastoffen, den Thiolen oder Mercaptane für weitere Aoromen verantwortlich. Dazu zählen die Aromen Cassis, Grapefruit, Maracuja, Stachelbeere. Ähnliche Aromen finden sich auch in der Rebsorte Scheurebe. Zu diesen flüchtigen Thiolen gehören das 4-Mercapto-4-Methylpentan-2-on (4MMP) was in geringeren Konzentrationen an Cassis/schwarze Johannisbeere, in sehr hohen Gehalten aber auch an „Katzenurin“ erinnert, somit also auch das Aroma der Scheurebe mit prägt. Weiterhin beeinflusst neben anderen Thiolen das 3-Mercaptohexanol (3MH) mit einem Aroma nach Grapefruit, Maracuja das Sortenaroma. 3MH wird durch eine Maischestandzeit erhöht.
Weiter prägende Verbindungen sind das 4-Mercapto-4-Methylpentan-2-ol (4MMPOH) als auch das 3-Mercapto-hexylacetat (A3MH).

Diese schwefelhaltigen Aromastoffe liegen aber nicht nur frei und damit geruchswirksam vor, sondern sind auch ähnlich wie die Monoterpene zunächst gebunden, und müssen durch enzymatische Aktivität, sehr wahrscheinlich der Hefen, freigesetzt werden. Offensichtlich sind diese Aromakomponenten nicht an Glucose sondern an die Aminosäure Cystein gebunden. Nicht alle Hefen weisen eine enzymatische Aktivität der Cysteinlyase zur Abspaltung dieser Aromastoffe von der Aminosäure auf.

Versuchsfragen
Da die Aromagruppe der Methoxypyrazine durch stärkeren Lichteinfluss reduziert wird, liegt auch nahe, dass der Lesetermin einen Einfluß auf die Aromaausprägung (vor allem der grünen Komponenten wie grüne Paprika) hat. Daher wurden 4 Lesetermine im Versuchsjahr 2007 realisiert.
Die Extraktion solcher Aromastoffe kann durch Maischekontakt erhöht werden, daher wurde eine Kaltmaceration von 4 Tagen bei 4 °C geprüft.
Da die schwefelhaltigen Aromastoffe leicht durch Sauerstoff zu oxidieren sind, wurde eine oxidative beziehungsweise reduktive Vinifikation in verschiedenen Stadien untersucht. Bei der Kelterung wurde beim reduktiven Ausbau CO2 überschichtet durch Trockeneiszusatz um den Sauerstoff auszuschließen.
Bei der Mostvorklärung wurde oxidativ mit Luft flotiert, reduktiv mit Stickstoff. Weiterhin wurde reduktiv Schwefel in Maische bzw. Most eingesetzt, sowie der Ascorbinsäurezusatz geprüft.
Hefestämme weisen offensichtlich unterschiedlich starke Aktivitäten in der Freisetzung der flüchtigen Thiole auf. Daher wurden in der Gärung 6 verschiedene Hefestämme getestet.
Nach der Gärung erfolgte der Abstich in 3 Varianten (von oben, von unten, von unten mit CO2-Vorlage) um auch hier den Einfluß der sauerstoffbedingten Oxidation zu untersuchen.




Tab.1: Übersicht über die Versuchsvarianten

Das Lesegut bestand aus einem Klonengemisch. Bei gleichen Vorgaben wurden die Trauben gemeinsam gekeltert sowie der Most gemeinsam flotiert und dann je nach Versuchsfrage aufgetrennt. Die Weine wurden alle im Maßstab von 75 Liter Glasballons vergoren. Wenn die Hefe nicht variiert wurde, erfolgte die Vergärung mit der Hefe Cryarome.


Ergebnisse
Die Variation der 4 Lesetermine mit jeweils einer Woche Abstand ergab neben dem Anstieg des Mostgewichts (80,82,85,87 °Oe) und der Säurereduktion eine Veränderung der Aromaausprägung. Spätere Lesetermine führten zu einer Reduktion der grünen Paprikanote. Vergangene Erfahrungen haben gezeigt, dass Weine mit Mostgewichten über 90 °Oe deutlich weniger sortentypische Aromen aufweisen.
Weine nach Maischestandzeiten in Form einer Kaltmaceration bei 4 °C für 4 Tage verbunden mit einer Maischeschwefelung von 50 mg/l aus dem Jahr 2006 erhielten bei hohen Mostgewichten von 93 °Oe keine signifikant bessere Beurteilung, Weine des Jahres 2007 aber durchaus, und zeigten mehr Typizität, Körper/Fülle, Paprikanoten, Spargel- und Cassisaromen.
Die Wirkung einer Vorlage von CO2 bei der Kelterung zur Verdrängung des Sauerstoffs ergab sensorisch keine bessere Beurteilung. Die oxidationsbedingte Verfärbung als auch analytische Parameter zeigten die bessere reduktive Wirkung von Schwefel und Ascorbinsäure.
Sowohl die Maische- als auch Mostschwefelung mit 50 mg/l SO2 wirkten sich positiv auf die sensorische Beurteilung aus. Im Versuchsjahr 2006 wurde die Maischeschwefelung signifikant besser als der Wein mit Verzicht auf Maischeschwefelung und der alleinigen CO2-Vorlage beurteilt. Im Versuchsjahr 2007 wurde in einem Vergleich die Mostschwefelung signifikant besser als die Vergleichsvariante ohne SO2 beurteilt, in den anderen Vergleichen zeigten sich Tendenzen zugunsten der Mostschwefelung. Die positive Wirkung der SO2 war umso besser, je oxidativer im Bereich der restlichen Parameter gearbeitet wurde. Weine nach einer Mostschwefelung zeigten mehr Aromen nach Paprika, Spargel, Cassis, Maracuja und Stachelbeere, mehr Körper/Fülle und wurden auch typischer für Sauvignon blanc beurteilt.
Eine Maische- oder Mostschwefelung kann die Neigung zur Böckserbildung fördern. Eine Böckserbehandlung mit Luft oder Kupfersulfat ist im Hinblick auf die schwefelhaltigen Aromen des Sauvignon blanc kontraproduktiv, denn sie würden dadurch vermindert. Somit ist eine optimale Nährstoffversorgung der Moste durch Zugabe von Hefenährstoffen sicherzustellen.
Der Zusatz von 100 mg/l Ascorbinsäure zum Most hat ähnlich reduktive Wirkung wie die Mostschwefelung und wurde im Versuchsjahr signifikant besser beurteilt als die oxidativ vinifizierte Variante. Bei der Einstellung der freien SO2 sind dann allerdings die Reduktone zu bestimmen und zu berücksichtigen.
Ein Einfluß oxidativer Mostvorklärung durch Flotation mit Luft konnte im Versuchsjahr 2006 nur bedingt, im Jahr 2007 mittels der Rangziffermethode nicht herausgearbeitet werden.
Auch die Bewertung durch beschreibende Sensorik ergab keine eindeutigen Unterschiede und eine etwaige Bevorzugung der Flotation mit Stickstoff gegenüber der Flotation mit Luft.

Der Einsatz verschiedener Hefen führte nur bei der Variante CS2 zu einer langsameren Vergärung mit leicht erhöhten Gehalten an flüchtiger Säure (Gärtemperatur 18-20 °C). Die Variante die mit Littolevure Sauvignon vergoren wurde, trat bereits zu Gärende in den Biologischen Säureabbau ein.
Im Rahmen der sensorischen Beurteilungen wurden die beiden Hefestämme SVG und Cryarome nach der Rangziffermethode signifikant besser als die Hefestämme VL3 und DSM Sauvignon beurteilt. Sowohl zwischen SVG und Cryarome als auch zwischen VL3 und DSM ergab sich kein Unterschied.
Zum Zeitpunkt des Abstichs dürfte die höchste Konzentration an schwefelhaltigen Aromen vorliegen. Im weiteren Ausbau wurden die Varianten mit einem Abstich und Einleitung des Weines von oben signifikant schlechter als die Weine mit Einleitung von unten beurteilt. Eine Vorlage von CO2 und Einleitung von unten ergab keine signifikante Verbesserung gegenüber der alleinigen Einleitung in das Gebinde von unten.

Fazit
Eine Maischestandzeit in Form einer Kaltmaceration fördert die sortentypische Aromatik des Sauvignon blancs. Sie führt zu einer Steigerung von Körper und Struktur und einer Säurereduktion. Dies ist bei früher Lese zur Betonung der Sortenaromatik durchaus hilfreich.

Mit reduktivem Ausbaustil lassen sich die typischen Aromastoffe des Sauvignon blanc wie Paprika, Spargel, Maracuja, Stachelbeere, Cassis fördern. Dazu gehören die Maische- und Mostschefelung oder der Einsatz von Ascorbinsäure, die Mostvorklärung durch Flotation mit Stickstoff und der Abstich und Einleitung des Weines von unten in das Gebinde.

Der Einsatz von typischen „Sauvignon-blanc-Hefen, die eine verstärkte Aktivität in der enzymatischen Aromenfreisetzung aufweisen, ist sinnvoll. Hier lassen sich aus diesen dargestellten Versuchen die Hefestämme Cryarome und SVG hervorheben. Einmalige Untersuchungen reichen allerdings zu einer generellen Bewertung nicht aus. Hier sind noch weitere Versuchsjahre und andere Vergleichshefen auszuwerten.

Auch die anderen bereits untersuchten Parameter sind noch weiter zu betrachten, weitere Aspekte wie zum Beispiel Fragen der Klonenwahl mit einzubeziehen.

Jörg Weiand.pdf

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