Das Kompetenzzentrum Weinmarkt & Weinmarketing Rheinland-Pfalz in Oppenheim führt seit einigen Jahren einen Halbjahresvergleich der Qualitätsweinanstellungen durch. Die Daten hierfür stellt die Landwirtschaftkammer Rheinland-Pfalz in Bad Kreuznach zur Verfügung. Die Anstellungsmengen legen das Vermarktungspotenzial der folgenden Monate fest und erlauben damit quasi einen Blick in die Zukunft des Weinmarktes. Wir stellen die Halbjahreszahlen zum 30. Juni 2012 im Vergleich zu den Vorjahreszahlen dar, so dass Entwicklungslinien deutlich werden.
Anstellungsmenge zum 30. Juni 2012 liegt über dem Vorjahr
Die Anstellungsmenge von Qualitätswein aus Rheinland-Pfalz ist zur Jahresmitte auf 2,8 Mio. hl um 2,4 % (gg. Vj.) leicht gestiegen. Unter der Annahme, dass es zu keinen außerordentlichen Turbulenzen am deutschen Weinmarkt kommt, erwarten wir für das Jahr 2012 eine Qualitätsweinmenge von insgesamt rd. 5 Mio. hl.
Nach der kleinen Ernte 2010 waren in vielen Betrieben die Weinbestände auf ein kritisches Niveau gesunken. Betroffen sind Kellereien, die zum Teil aus Listungen im Lebensmittelhandel genommen wurden, weil sie zu teuer waren oder schlicht nicht liefern konnten. Auch viele direkt vermarktende Weingüter konnten die Nachfrage im Weihnachtsgeschäft nicht immer bedienen. So verwundert es nicht, dass noch im alten Jahr eine nicht unerhebliche Weinmenge des Jahrgangs 2011 gefüllt wurde. Die Zahlen der Qualitätsweinprüfung belegen, dass annähernd 430.000 hl des 2011er noch vor dem Jahreswechsel angestellt wurden. Das war mehr als doppelt so viel, wie in normalen Jahren, wo in Durchschnitt der letzten zehn Jahre eine Menge von weniger als 200.000 hl früh gefüllt wurde.
Es sind vor allem die direkt vermarktenden Weingüter, die ihre Bestände mit dem in Menge und Qualität idealen 2011er Jahrgang auffüllten. Über 1 Mio. hl stellten die Flaschenwein vermarktenden Betriebe bis zum 30.6. an. Damit liegt ihre Anstellungsmenge um ganze 19,3 % über der des Vorjahres. Über die Jahre betrachtet sind die direkt vermarktenden Weingüter der stabilisierende Faktor auf dem rheinland-pfälzischen Qualitätsweinmarkt. Erfreulicherweise sind auch die Anstellungszahlen der Winzergenossenschaften und Erzeugergemeinschaften (0,34 Mio. hl) ausgesprochen positiv (+2,8 %).
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QWP: Entwicklung nach Betriebsgruppen
| Kellereien spüren die Krise im Handel
Etwas anders sieht es derzeit bei den Kellereien aus. Der Weinmarkt im Lebensmittelhandel und Export ist hart umkämpft, die Verbraucher ausgesprochen preissensibel. Deutscher Wein hat in den letzten Jahren Marktanteilsverluste hinnehmen müssen. Gründe sind u.a. die aufgrund geringer Erntemengen schlechte Verfügbarkeit und die in der Folge gestiegenen Preise für Wein. Dies zeigt sich auch in der Qualitätsweinprüfung in Rheinland-Pfalz. Bereits im fünften Jahr in Serie ist die Anstellungsmenge von Kellereien zurück gegangen. Gegenüber dem Vorjahr ist die Weinmenge auf 1,45 Mio. hl um 6,8 % gesunken. Aufgrund der verhältnismäßig hohen Preise für Qualitätswein b.A., setzte die ein oder andere Kellerei (z.B. im Markenartiklerbereich) wohl auch auf niedrigere Weinkategorien (wie z.B. Wein ohne Herkunftsangabe, EU-Verschnitt usw.). Diese Weine müssen zwar nicht immer sensorisch schlechter sein als Qualitätsweine, sind aber doch wesentlich billiger auf dem Markt zu haben. Die Preise auf den Fassweinmärkten (z.B. für den Dornfelder) haben sich in den letzten Monaten bereits der veränderten Marktsituation angepasst. Die Preisentwicklungen werden von den Discountern mit Sicherheit, wenn auch mit etwas Verzögerung, an die Verbraucher weitergegeben.
„Herkunft hin, Herkunft her …“
Hatten die Kellereien im letzten Jahr wegen der Ernteausfälle in der Pfalz noch deutlich mehr Qualitätswein aus Rheinhessen bezogen, scheint sich dies mit der 2011er Ernte wieder etwas umzukehren. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die großen Handelshäuser bei Standardrebsorten zunächst versuchen den Bedarf in der Pfalz zu decken und erst an zweiter Stelle in Rheinhessen einkaufen. So stiegen die Anstellungen aus der Pfalz zur Jahresmitte 2012 um 4% auf 0,95 Mio. hl. Gleichzeitig gingen die Mengen aus Rheinhessen um 1% auf 1,12 Mio. hl leicht zurück.
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QWP: Entwicklung nach Weinart
| Statt rot mehr weiß
Bei der Entwicklung nach Weinarten ist festzuhalten, dass die Anstellungen von Weißwein im ersten Halbjahr 2012 um +3,7 % auf 1,9 Mio. hl gewachsen sind. Getragen wurde dieses Plus von Weingütern (+23 %) und Genossenschaften (+4,3 %). Die Kellereien verzeichneten ein Minus von 7,1 %. Berücksichtigt man jedoch die bereits angesprochenen überdurchschnittlich großen Mengen an „Frühfüllungen“ des 2011ers in der zweiten Jahreshälfte 2011, sieht die Bilanz für die Kellereien im Weißweinbereich ebenfalls positiv aus.
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QWP: Entwicklung wichtiger Rebsorten
| Riesling boomt weiter
Noch nie wurde im ersten Halbjahr so viel Riesling angestellt wie 2012 (+10% gg. Vj.). Mit weitem Abstand (715.000 hl) steht die Weißweinrebe Nr. 1 an der Spitze der Qualitätsweine. Über alle Anbaugebiete ist der Trend zum Riesling ungebrochen. Größter Riesling-Lieferant für Kellereien und damit die Vermarktungsschiene Lebensmittelhandel ist mittlerweile Rheinhessen (rd. 100.000 hl) noch vor der Mosel (90.000 hl) und der Pfalz.
Auch der einfache Müller-Thurgau erfreut sich weiter großer Beliebtheit: 259.000 hl (+4%) stehen zu Buche. Zwei Drittel der Müller-Thurgau-Anstellungen gehen auf das Konto der Kellereien. Hauptlieferant für den Handel ist auch hier Rheinhessen mit 75 % der Menge.
Ein anderes Bild ergibt sich beim Rotwein: 2,5 % weniger als im Vorjahr wurden bis zum 30.6. bei der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz geprüft. Insgesamt eine Menge von 650.000 hl. Kamen die Wachstumsimpulse beim Rotwein bislang immer von den Kellereien, so mussten diese in 2012 Rückgänge von über 9 % verkraften. 80 % der von Kellereien angestellten Rotweinmenge entfallen dabei auf die Rebsorte Dornfelder. Verglichen mit dem Allzeithoch im Jahr 2008 ist die Anstellungsmenge von Rotwein bei Kellereien drastisch, nämlich um ein Drittel, gesunken. Die Konkurrenz aus Südeuropa hat sich im Lebensmittelhandel einen guten Teil der ehemals an den Dornfelder verlorenen Regalmeter zurückerobert. Es wird Zeit für die Gegenoffensive!
Spätburgunder Rotwein ist über alle Betriebsgruppen betrachtet stabil geblieben (100.000 hl). Kellereien tun sich mit Spätburgunder in der Vermarktung aber deutlich schwerer als Weingüter. Das Produkt ist im Lebensmittelhandel kein Selbstläufer und darüber hinaus im qualitativen Handling sicher um einiges schwerer zu beherrschen als Dornfelder.
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QWP Rosé, Weißherbst u.ä.
| Etwas Druck vom Rotweinmarkt nehmen Rosé und Weißherbst. Mit einem Plus von 4,4 % findet das langfristige Wachstum im Bereich der hellroten Weine seine Fortsetzung. Der „Portugieser Weißherbst“ wird aber seine Stellung als Leitprodukt wohl bald an den „Dornfelder Rosé“ verlieren. Der „Wachwechsel“ im Rosébereich steht zumindest bei den Kellereien kurz bevor. Im 1. Halbjahr 2012 betrug die Anstellungsmenge der Kellereien beim Portugieser Weißherbst rd. 58.000 hl (-14,3%), während Dornfelder Rosé auf ca. 53.000 hl um 10,4 % zulegte. Mit der Ernte 2012 könnte der Dornfelder früher als erwartet auch den Rosésektor im Lebensmittelhandel dominieren, eine Entwicklung, die sich schon seit einigen Jahren abgezeichnet hat.
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Weiße Qualitätsweine ohne Rebsortenangabe verlieren
Qualitätsweine ohne Rebsortenangabe setzen einen konstanten Sinkflug fort. Insbesondere bei den Weißweinen, die überwiegend als generische Weine, wie z.B. als Liebfrauenmilch oder unter der Großlagenbezeichnung, vermarktet werden, ist der Wandel seit Jahren zu beobachten. Waren es zum 30.6.2005 bei den Kellereien noch 57 % der Weißweine, die ohne Rebsortenangabe als Qualitätswein gefüllt wurden, so sind es heute nur noch 35 % der Anstellungen der Kellereien, die im generischen Bereich vermarktet werden. Mit dem Blick auf die Debatte um das Bezeichnungsrechts, wo diskutiert wird, die engere Herkunft mit höheren Qualitätsanforderungen zu verknüpfen, scheint sich das Problem der Großlagen am Markt in den nächsten Jahren wohl von selbst zu lösen.
Auf der anderen Seite gibt es eine positive Tendenz zur Cuvée bei Weingütern, wenngleich auf niedrigem Niveau. Beim Rotwein und im Rosébereich sind Cuvées häufig bereits vom Kunden akzeptiert. Aber auch beim Weißwein ist ein Rebsortenverschnitt nicht mehr undenkbar. Es kommt letztlich auf die Attraktivität des Produktes an (von der Sensorik bis zur Verpackung) und wie der Winzer in der Lage ist, diese zu kommunizieren.
Fazit
Die Lage am Qualitätsweinmarkt ist insgesamt gut. Die Anstellungsmenge zum 30.6.2012 ist gegenüber dem Vorjahr angestiegen. Allerdings gehen die Entwicklungslinien von Weingütern und Kellereien in unterschiedliche Richtungen. Die Direktvermarktung entwickelt sich stabil bis leicht steigend, während der Handel mit der Unsicherheit aufgrund der Wirtschaftskrise und den kleinen Erntemengen zu kämpfen hat. Der Star unter den Rebsorten ist und bleibt der Riesling mit Wachstum auf breiter Front. Im Rotweinbereich schwächelt der Dornfelder nun im vierten Jahr in Folge bei den Anstellungen zur Qualiprüfung, hat zurzeit am Markt aber preislich auch ein anderes Niveau als vor fünf Jahren. |
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