Der Obstgarten im September

Im September ist das allmähliche Herannahen des Herbstes manchmal schon deutlich spürbar. Gleichzeitig zeigt sich der Erntemonat mit seiner ganzen Erntefülle und gibt schon einen Vorgeschmack auf die Farbenpracht des Herbstlaubes: „An schönen Herbst und gelinden Winter glaubt, werden die Bäume schon im September entlaubt. Doch bleibt das Laub bis zum September hinein, wird strenger Winter, kein kurzer sein.“ September, Haupterntezeit für Äpfel, hier wünscht man sich schönes, sonniges und trockenes Wetter, um die langgehegte Ernte sicher einzubringen. Oft trifft das zu, denn „Durch des September heitern Blick schaut noch einmal der Mai zurück“.

Herbstzeit = Erntezeit
Wenn wir etwas genauer nachforschen, dann erklärt sich der Begriff Herbst eigentlich ganz von selbst, denn von seiner sprachgeschichtlichen Entstehung entspringt er derselben Herkunft wie das englische harvest (übersetzt Erntezeit), das lateinische carpere (übersetzt pflücken, Ernte) und das griechische. Karpós, was die Frucht, der Ertrag bedeutet. Aber ganz eigentlich stammt es vom indogermanischen Wort sker ab, und das bedeutet schneiden. Der Herbst ist also die Zeit des Pflückens, der Früchte und des Erntens aller Früchte. Aus diesem Grund werden die Trauben bei der Weinlese in der Pfalz und Baden-Württemberg „geherbstet“, also geschnitten! Also, frisch ans Werk, lautet die Devise, und fleißiges Ernten ist angesagt. Doch wann sind die Äpfel reif? Was tun, wenn zu viele Früchte auf einmal reif sind, wie kann sie am besten lagern?

(Ernte)- Reif oder nicht reif – das ist hier die Frage!
Viele Obstfreunde richten sich bei der Bestimmung der Reife noch nach der Farbe der Apfelkerne, nach dem Motto: „je brauner, desto reifer“. Aber ganz ehrlich, das ist wie Anglerlatein: Ungenau, nicht zutreffend und deshalb nicht empfehlenswert. Das Gleiche gilt für die Beurteilung des Reifezustandes nach der Fruchtfarbe (Deckfarbe). In manchen Jahren kommt die Reife nämlich deutlich vor einer entsprechenden Fruchtausfärbung. Und wer zu lange wartet, den bestraft das Leben mit zu reifen und weichen Früchten.
Grundsätzlich gilt die Regel:
· lange Lagerung = frühe Ernte (noch Stärke vorhanden, fest, u. U. noch nicht sortentypisch ausgefärbt)
· kurze Lagerung bzw. Direktverzehr = spätere Ernte (vollreif, gut ausgefärbt, hoher Zuckeranteil, weichere Frucht).
Deshalb kann es durchaus sinnvoll sein, für beide Verwendungszwecke auch unterschiedliche Erntetermine (8-10 Tage) zu wählen.
Die einfachste, billigste und schnellste Möglichkeit zur Bestimmung des Reifegrades lautet immer noch: Herzhaft und kraftvoll zubeißen! Hierbei kann man sehr gut das Stärke-/Zuckerverhältnis überprüfen (zum Erkennen von Stärke probieren Sie mal ein kleines Stück rohe Kartoffel). Weitere wichtige Kriterien sind die Fruchtfleischfestigkeit (Biss- und Kauverhalten) sowie das Aroma.
Zu früh geerntete Früchte sind noch sehr hart und schmecken grasig, d. h. nach Stärke, sie haben wenig Aroma und welken bei der Lagerung. Zu spät geerntete Früchte sind deutlich weicher und mürbe, die Säure ist schon deutlich abgebaut.
Wer darüber hinaus noch genauere Aussagen haben will, der kann mit einer Lugol`schen Lösung aus der Drogerie durchgeschnittene Apfelhälften anfärben.
Und dann geht alles ganz schnell, denn ab der Trennung der Frucht vom Baum (Ernte) läuft die innere (abbauende) Uhr der Frucht, d. h. sie veratmet Kohlehydrate. Also entweder schnell und vor Ort essen und genießen oder möglichst gut Lagern!

Äpfel richtig pflücken!
Wenn man jetzt den optimalen Reifegrad bestimmt hat, dann sollte man seine Früchte, das ganze Jahr gehegt und gepflegt, auch behutsam und schonend ernten. Denn immer wieder kommt es bei der Obsternte im Garten zu Fruchtbeschädigungen und Verletzungen, die dann bei der Lagerung zu Fäulnis führen können.

Deshalb sollte man beim Pflücken darauf achten, dass die Früchte nicht vom Baum gerissen werden, sondern gegen die Wachstumsrichtung leicht gedreht bzw. angehoben werden. Am besten ist es, wenn man in jede Hand nur 1 Frucht erntet und direkt in das Pflückgefäß ablegt. Unbedingt vermeiden sollte man das Sammeln von mehreren Früchten auf einem Arm, denn dann kullern erfahrungsgemäß immer einige auf den Boden und werden angeschlagen. Gefallene Früchte sowie Fallobst müssen separat gelagert werden. Auch beim Ablegen in die Kiste gilt: Vorsichtig ablegen, nicht fallen oder kullern lassen wie Kartoffeln. Äpfel und Birnen sind da sehr empfindlich. Bedenken Sie, dass jedes „Stück Apfel“ mehrmals angefasst wird, bei der Ernte, beim Umfüllen, beim Sortieren etc. und deshalb sorgfältig behandelt werden will.

Erntehilfen für die Obsternte - Sicherheit durch richtiges Handwerkszeug
Jetzt ist es wieder so weit, die Äpfel sind reif und leuchten am Baum und wollen geerntet werden. Mit dem richtigen Handwerkszeug geht’s besser und vor allem sicherer.

Erntegefäße
Der früher übliche Weidenkorb ist heute leider nur noch selten anzutreffen, obwohl er viele Vorteile bietet. Die Körbe werden nach traditioneller Handwerkskunst aus Weidenruten geflochten, sie sind leicht und vielfach verwendbar und die Verletzungsgefahr für die Früchte ist sehr gering. Für größere Ernten gibt es Pflückbeutel aus Segeltuch, die mit Hilfe eines Seilzuges nach unten entleert werden können. Diese Beutel kann man gut in den Baum hängen, sie sind leicht und fassen etwa 8-10 kg.

Holz-Leitern: die Klassiker
Für die Ernte von mittelstark-stark wachsenden Obstbäumen sind zweiholmige Holzleitern eine gute Wahl, denn sie haben gegenüber Aluminiumleitern einen ganz entscheidenden Vorteil: Sie sind elastisch und passen sich den Ästen und dem Gewicht des Pflückers sehr gut an. Demgegenüber neigen die starren Aluleitern mit breiten Holmen dazu, leichter in das Bauminnere durch- bzw. abzurutschen, ein beträchtlicher Risikofaktor. Weiterhin sind Aluleitern aufgrund ihrer dicken Holme in der praktischen Handhabe bei der Ernte eher unhandlich.
Gute und sichere Obstleitern sind mit Erdspitzen ausgerüstet (nach DIN 68363 Vorschrift), die Holme aus halbrunden bzw. runden Fichtenstangen, die Sprossen aus Esche hergestellt und ggfs. mit Stützstange versehen. Sicherheit geht vor, deshalb sollte man beim Einsatz von Leitern immer auf die sichere Handhabung achten:
· Der Anstellwinkel sollte ca. 70 ° betragen
· Arbeiten mit Motorsägen oder Ähnlichem sind auf Leitern untersagt
· Holzleitern regelmäßig auf ihre Sicherheit überprüfen
· Überwinterung von Holzleitern an einem schattigen und trockenen Ort

Grundsätzliches zur Lagerung von Obst im Haushalt
Unsere heimischen Obstarten lassen sich in 2 Gruppen einteilen:
· klimakterische Früchte: Hier ist eine Nachreifung möglich, bei der Stärke zu Zucker abgebaut und Glucose in die süßere Fructose umgewandelt wird. Zu den klimakterischen Früchten gehören Äpfel, Aprikosen, Birnen, Feigen, Kiwi, Nektarinen, Pfirsiche und Zwetschen. Diese Obstarten scheiden in dieser Zeit auch das süß-duftende Reifegas Ethylen aus.
· Nicht klimakterische Früchte: Früchte ohne Veränderung des Reifezustandes nach der Ernte wie Brombeeren, Erdbeeren, Himbeeren, Tafeltrauben.
Das wirkt sich auch auf den Pflückzeitpunkt aus, denn klimakterische Früchte kann man früher ernten und lässt sie dann im Lager nachreifen, nicht klimakterische sollten immer reif geerntet werden. Bezüglich der Lagerung selber sollte man klimakterische Früchte mit einer starken Ethylenausscheidung – das klassische Beispiel ist der Apfel – nicht zusammen mit anderen Obst- oder Gemüsearten lagern. Denn dieses süßliche, nach reifen Äpfeln riechende Gas führt dazu, dass der Kohl gelb und die Kiwis weich werden. Das kann aber auch Vorteile haben: Im größeren Stile macht man sich die Vorteile dieses Reifegases in der Bananenreiferei zu Nutze: Dort wechseln die grünen Bananen mit Hilfe einer Ethylenbehandlung rasch ihre Farbe in das gewünschte Bananen-Gelb. Übrigens, zu den sehr ethylenempfindlichen Obst- und Gemüsearten zählen Kiwi, Broccoli, die Kohlarten oder Mangos. Ethylenunempfindliche Arten wie Blattgemüse, Lauch und Pilze vertragen die Nähe von Äpfeln hingegen ohne Probleme.

Und wie lagert man am Besten?
Fällt der Erntesegen beim Kernobst mal wieder etwas größer aus, stellt sich wie in jedem Jahr die Frage: Wohin mit den vielen leckeren Früchten? Zum Glück sind sämtliche heimische Obstarten kühlschrankverträglich und können ohne Probleme dort gelagert werden. Die besten Bedingungen für die Lagerung wären aber:
· Temperatur: Hier gilt: so niedrig wie möglich. Die meisten Obstarten vertragen Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt, d. h. 2 - 4°C. Gute Effekte bringen auch eine Aufbewahrung zwischen 5-8° C, das ist die übliche Kühlschranktemperatur
· Luftfeuchtigkeit: hier heißt es: so hoch wie möglich! Optimal wäre eine relative Feuchte (rF) über 80 %. Das ist aber im Haushalt nicht realisierbar. Hier kann man aber etwas nachhelfen, wenn man im Lagerraum oder Kühlschrank Schalen mit Wasser aufstellt, oder – noch effektiver – Wasser auf den Boden schüttet. Das erhöht die Luftfeuchte deutlich. Am Besten man überprüft die Feuchte im Lagerraum mit einem einfachen Feuchtemesser (Hygrometer). Meist ist man erstaunt, wie trocken die Luft ist!
· Durchlüftung: regelmäßig durchlüften, damit das reifefördernde Ethylengas (süßlicher, nach Apfel duftender Geruch) entfernt wird.
· Frostfrei: Frost im Lager (deutlich unter -5° C) zerstört die Früchte nach dem Auftauen.
Ist der Lagerraum knapp, kann man einen Teil der Ernte auch in perforierte Folienbeutel aus Polyethylen (PET) verpacken. Sie verhindern das Austrocknen der Äpfel, unterdrücken die abbauenden Prozesse und reichern gleichzeitig das von den Früchten ausgeatmete Kohlendioxid an. Dadurch entsteht eine sauerstoffarme Atmosphäre, die Reifungs- und Alterungsprozesse verlangsamt. Damit es aber nicht zu anaeroben Prozessen kommt, muss man die Folienbeutel unbedingt mit mehreren Nadelstichen (Stricknadel, Messer) perforieren, damit ein Gasaustausch möglich ist. Die Beutel können dann im Kühlschrank oder an einem kühlen Ort aufbewahrt werden. Wichtig: Beutel regelmäßig kontrollieren und belüften.

Physiologische Störungen der Früchte: Glasigkeit, Fleischbräune und Stippigkeit bei Äpfeln und Quitten
Das ganze Jahr hat man sich auf die Kernobsternte gefreut, und dann stellt man nicht selten Veränderungen bei den Früchten fest, die im ersten Moment wie eine Pflanzenkrankheit aussehen. Oft werden diese erst sichtbar, wenn man die Frucht aufschneidet. Dann findet man solche Symptome:
Glasigkeit
Das Fruchtfleisch erscheint im Bereich des Kernhauses und unterhalb der Schale wässrig und durchscheinend. Diese Bereiche können später auch in die Fleischbräune übergehen. Bei der Lagerung bilden sich glasige Stellen meist wieder vollständig zurück. Interessant ist, dass glasiges Fruchtfleisch bei der Ernte süß schmeckt und bei uns in Europa einen Qualitätsmangel darstellt, der zu einer Abstufung der Handelsklasse führen kann. In Japan dagegen ist es ein absolutes Qualitätskriterium: So wird die Apfelsorte Fuji qualitativ und preislich umso höher bewertet, je höher der Anteil an glasigem Fruchtfleisch ist!
Fleischbräune
Im Fruchtfleisch zeigen sich verbräunte Stellen, die leicht bitter schmecken. Zu später Erntetermin fördert die Fleischbräune bei Quitte
Stippe
Meist stecknadelkopfgroße Verbräunungen auf/unter der Schale, die während der Lagerung deutlich zunehmen können, leicht bitter schmeckend.

Bei allen 3 genannten Symptomen handelt es sich um physiologische Störungen und nicht um eine Krankheit. Die Ursachen liegen in
· ungünstigen Wachstumsbedingungen (zu kalt/zu warm, wechselhaftes Wetter mit Extremen)
· zu starkes Triebwachstum infolge eines zu hohen Nährstoffangebotes (Stickstoff) oder zu starker Schnitteingriffe im Winter
· Sortenanfälligkeit: Es gibt stippeanfällige Sorten, z.B. `Boskoop`, `Jonagold`, `Fuji` neigt zur Glasigkeit
· Trockenheit führt zu einer ungleichmäßigen Nährstoffaufnahme, daher mehr Stippe
· Feuchte Frühjahre/Sommer führt zu mehr Fleischbräune

Bei wechselhaften Wetter mit vielen Extremen ist mit allen 3 Störungen zu rechnen. Deshalb sollten Früchte mit Symptomen möglichst schnell verwertet bzw. nur kurz gelagert werden.

Zur Verhinderung bzw. Reduktion kann man im nächsten Jahr für ein harmonisches, ausgeglichenes Triebwachstum sorgen. Starkwachsende Bäume nicht im Winter, sondern im Sommer (August/September) im belaubten Zustand schneiden, dass beruhigt das Triebwachstum. Eine möglichst gleichmäßige Wasser- und Nährstoffversorgung anstreben (Düngung mit Kompost als langsam fließende Nährstoffquelle, ggfs. Tropfbewässerung oder abmulchen der Baumscheibe mit organischem Material). Bei stippeanfälligen Sorten können ab Juni 2-3 Spritzungen mit Calziumhaltigen Präparaten als Blattdüngung gegeben werden. Eine Calziumdüngung über den Boden funktioniert nicht.

Weitere Arbeiten im September
· Walnüsse können jetzt noch gut geschnitten werden. Das gleiche gilt auch für stark rankende Kiwis: Hier können die Triebe bis auf einen halben Meter zurückgeschnitten werden.
· Bei der Ernte alle Früchte, auch die Faulen und sog. „Mumienfrüchte“ entfernen und entsorgen. Das gleiche gilt für das Fallobst. Vom Apfelwickler befallene Früchte am besten vor Ort verjauchen, nicht auf den Kompost geben.
· Alte, abgetragene Ruten der Sommerhimbeeren direkt über dem Boden abschneiden



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