Gartentipp Juli 2023 - Tomaten im Auge behalten

Gartentipp Juli 2023

Tomaten im Auge behalten

Es ist Sommer und ein sehr beliebtes Gemüse reift in fast allen Gärten, auf Balkonen und Terrassen heran. Tomaten in allen Variationen: Groß, klein, gelb, rot, grünlich, gestreift, in diversen Formen. Gängige Sorten aus dem normalen Samenhandel der Gartencenter. Aber auch viele Liebhabersorten die über Tauschbörsen oder durch „Tomatenspezialisten“ zu besorgen sind. Egal woher sie kommen, einige Dinge ähneln sich. Deshalb ein Überblick damit wir eine gute Ernte einfahren können. Nach wie vor bin ich nämlich der Meinung, Hobbygärtner wollen auch was im Korb bzw. Eimer haben. Nur zum Zeitvertreib machen wir uns die Arbeit nicht.


Geiztriebe

Tomaten neigen dazu aus den Blattachseln zusätzliche Triebe wachsen zu lassen. Nicht nur die Buschtomaten, auch die bekannten an Stäben oder Schnüren gezogenen Exemplare. Blattachsel ist der Bereich zwischen Stängel und Blatt. Werden diese bei den Stabtomaten nicht entfernt entsteht eine dichte Belaubung. Viel Kraft geht dann in das Grünzeug und nicht in die Fruchtbildung. Zusätzlich hält sich die Feuchtigkeit länger an der Pflanze. Was verbesserte Bedingungen für Pilzkrankheiten, besonders die Kraut- und Braunfäule, bietet. Daher ist das Ausgeizen eine wichtige Pflegemaßnahme. So können sich gleichmäßig verteilt gesunde Früchte an den Rispen entwickeln. Auch ist die Pflanze an sich kräftiger und stabiler. Ein ordentlicher Behang bringt auch schon mal die Tragfähigkeit der Triebe an ihre Belastungsgrenze. Sie reißen dann ein und brechen auch ab. Deshalb diese Auswüchse entfernen sobald sie greifbar sind. Bei größeren Geiztrieben kann die Haut am Stängel der Tomatenpflanze manchmal ein Stück einreißen. Nach meiner Erfahrung ist das aber kein Problem. Bei Buschtomaten ist das Entfernen nicht nötig. Sie haben einen anderen Wuchstyp. Erfahrene Gärtner bringen es aber auch fertig normalerweise eintriebige Stabtomaten mit zwei Trieben zu kultivieren.


Zweitriebige Stabtomate

Sie belassen meist den Geiztrieb in der zweiten Blattachse und behandeln ihn wie den Hauptstamm. Nach Aussagen eines alten Gärtners ist dieser Geiztrieb besonders fruchtbar. So kann der Ertrag bei entsprechender
Pflege gesteigert werden. Wer es probieren will., einen Versuch ist es wert. Es reicht ja zu Anfang mal eine oder zwei Pflanzen. In der Hauptwachstumsphase treten schon mal zusammengerollte Blätter im unteren Pflanzenbereich auf. Das ist keine Krankheit. Meist löst ein zu starkes Nährstoffangebot diese Erscheinung aus. Trockenheit und das übertriebene Entfernen von Blätter im unteren Pflanzenbereich können ebenso zu den Ursachen zählen. Sie sollten sich um eine gleichbleibende Wasserversorgung bemühen. Was generell den Pflanzen und Früchten gut tut. Eine ähnliche "Stoffwechselproblem"- Erscheinung ist der Grünkragen. Grünlich-gelbe Verfärbungen um den Fruchtstiel sind als Grünkragen bekannt. Sorteneigenschaften, Sonneneinstrahlung sowie großzügige Stickstoffversorgung verursachen die fehlende Rotfärbung. Als weniger anfällig gelten Hellfruchttypen. Nehmen sie ihre Tomaten mal genauer in Augenschein. Um die Frucht zu genießen reicht es den befallenen Teil wegzuschneiden. An einzelnen Früchten bilden sich schon mal Auswüchse, sogenannte Nasen. Nasenbildung ist genetisch bedingt.


Nasenbildung

Unwissenschaftlich gesagt, die Pflanze hat das in sich. Also kein Einsatz von egal was für welchen Mitteln. Solche Nasen stören höchstens bei Schönheitswettbewerben. Essen ist kein Problem. Kommen wir nun zu dem größten Problemfall beim Tomatenanbau im Hobbygarten. Kraut- und Braunfäule, verwandt mit der Kraut- und Knollenfäule welche die Kartoffeln stark schädigt, ist in den Augen von vielen das Schlimmste was unserem beliebten Gemüse passieren kann. Unter günstigen Krankheitsbedingungen geht die Kraut- und Braunfäule durch die Bestände wie Feuer durch trockenes Stroh. So einen Ernstfall haben wir im Sommer 2021 erleben müssen. Die Pflanzen waren manierlich gewachsen und dann kam im Sommer eine regnerische Wetterphase. Innerhalb von 2-3 Wochen brachen die Bestände zusammen. Nicht nur im Hobbygarten. Auch Profianbauer mussten Schäden hinnehmen. Bei Kleingärtnern wurden Bestände teilweise schon vor der Fruchtbildung rausgerissen. Wer ohne Regenschutz anbaute bzw. nicht vorschriftsmäßig mit Pflanzenschutzmitteln oder Stärkungsmittel gearbeitet hatte konnte seine Beete getrost einer neuen Nutzung zuführen. Es war halt Phytophthorawetter. Der Ausdruck Phythophthora kommt vom griechischen. Er bedeutet „die Pflanzenvernichtende“. Sie hat ihrem Namen alle Ehre gemacht. Herrscht trocken, warmes Wetter sieht die Sache wesentlich entspannter aus. Wichtig ist dann das Laub beim Wässern nicht nass zu machen und im Gewächshaus für gute Durchlüftung zu sorgen. Feuchte Blätter bieten hervorragende Infektionsbedingungen für diese aggressive Pilzkrankheit. Beste Gießzeit ist morgens über den Boden-/Wurzelbereich. Wenn es nicht anders machbar ist muss es halt nachmittags passieren. Wichtig ist auf jeden Fall dass die Tomaten abgetrocknet in die Nacht gehen. Tritt Tau auf oder regnet es sind regelmäßige Kontrollen unumgänglich. So ist es rechtzeitig möglich Befallsstellen zu entfernen. Danach ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sinnvoll. Pflanzenstärkungsmittel müssen vorbeugend eingesetzt werden. Wenn der Befall an der Tomatenpflanze entfernt wurde können auch sie zum Einsatz kommen. Achten sie aber bei allen Mitteln auf die Wartezeit. Gerade kurz vor der Ernte. Kommt eine Trockenphase geht auch die Kraut- und Braunfäule zurück. Sie ist jedoch in Lauerstellung. Hobbygärtner nutzen schon mal Tomatenhauben. Allerdings dürfen die Tüten nicht dauerhaft auf den Pflanzen bleiben. Darunter bildet sich Schwitzwasser, was Pilzkrankheiten Vorschub leistet. Bei schönem Wetter abnehmen damit es abtrocknen kann. Viele Hobbygärtner schwören seit Jahren auf den Anbau unter einem selbst gebauten Häuschen. Ist auf jeden Fall eine hilfreiche Maßnahme. Eine häufig vorkommende Erscheinung an den Früchten ist die Blütenendfäule. Oft halten Tomatenanbauer den dunklen Fleck auf der Blütenseite der Frucht für Kraut- und Braunfäule. Die Blütenseite ist der Bereich gegenüber der Stielseite. Eine schnelle Gabe von Kalk hilft hier den Schaden zu begrenzen. Die Verfärbungen gehen nicht weg. Aber es entstehen keine neuen Flecken an den noch gesunden Früchten. Schneiden sie den geschädigten Teil der Tomate weg. Der Rest ist nutzbar. Ab und an treten Blattläuse auf. Nach meiner Erfahrung ist das kein Problem. Zum Abschluss noch ein Hinweis von erfolgreichen Tomatenanbauern. Im Spätsommer, also gegen Saisonende, die Pflanzen nicht einkürzen. Dadurch verlieren sie Blätter aber genau die werden für die immer noch stattfindende Fruchtentwicklung gebraucht. Dann viel Erfolg mit diesem vielseitigen Gemüse.


Hans Willi Konrad, DLR R-N-H Bad Kreuznach
Alle Bilder Hans Willi Konrad





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