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2002 / 02 - Verkehrssicherungspflicht – Teil 1: Recht
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2002 / 02 - Verkehrssicherungspflicht bei Straßenbäumen – Teil 1: Recht. Der Begriff der “Verkehrssicherungspflicht” steht in keinem Gesetz, sondern wurde von der Rechtsprechung aus § 823 BGB (Schadensersatzpflicht) entwickelt. Wegen Verletzung der Verkehrsicherungspflicht haftet, wer einen Dritten schuldhaft dadurch schädigt, dass er Gefahrenquellen schafft oder für sie verantwortlich ist, ohne notwendige Schutzvorkehrungen gegen die daraus resultierenden Risiken getroffen zu haben. In diesem Sinne können auch von Bäumen Gefahren ausgehen. Die Grundsätze der Verkehrssicherungspflicht bei Bäumen hat der BGH in seinem Urteil vom 21.01.65 formuliert und dabei betont: “Allerdings kann nicht verlangt werden, dass eine Straße völlig frei von Mängeln und Gefahren ist. Ein solcher Zustand lässt sich einfach nicht erreichen. Der Pflichtige kann sich ... mit einer sorgfältigen äußeren Gesundheitsprüfung begnügen und braucht eine eingehende fachmännische Untersuchung nur bei Feststellung verdächtiger Umstände zu veranlassen. Art und Umfang von Baumkontrollen Gesetzliche Regelungen über Art und Umfang von Baumkontrollen gibt es nicht. Die Anforderungen, die von der Rechtsprechung - im Zusammenhang mit der jeweiligen fachlichen Sicht der Sachverständigen - entwickelt werden, sind nicht immer einheitlich. Der Deutsche Städtetag hat 1991 Empfehlungen zur Erstellung einer Dienstanweisung zur Baumüberprüfung unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherung herausgegeben. Danach sind die Art der Kontrolle und die zeitlichen Untersuchungsabstände in Abstufungen abhängig von Standort, Art, Alter und Gesundheitszustand der Bäume. Nach Ansicht der Die FLL - Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V ( AK ZTV Baumpflege) erfolgt ”die Regelkontrolle einer ordnungsgemäßen Baumkontrolle ...in Form der Fachlich qualifizierten Inaugenscheinnahme durch einen Baumkontrolleur. Er muss so geschult sein, dass er Schäden und Schadsymptome in der Krone, am Stamm und im Bodenbereich erkennen und beurteilen kann, ob eine Verkehrsgefährdung gegeben ist. Schäden und Schadsymptome sind nach Art und Umfang, aber auch in ihrer Gesamtheit und ihrer gegenseitigen Wechselwirkung zu beurteilen. Die Fachlich qualifizierte Inaugenscheinnahme erfolgt ausschließlich visuell vom Boden aus, ohne weitere Maßnahmen und ohne Verwendung von Geräten. Im Einzelfall kann die Untersuchung durch visuell-manuelle Methoden ergänzt werden, z. B. Klopfen, Stochern in Schadstellen, Freimachen des Stammfußes. Hat die Regelkontrolle durch die Fachlich qualifizierte Inaugenscheinnahme Zweifel über die Verkehrssicherheit gebracht, müssen zur Feststellung des Schadensumfanges und der Verkehrsgefährdung weiterführende Untersuchungen erfolgen. ... “ Rechtsprechung Auch die Rechtsprechung geht davon aus, dass grundsätzlich eine Sichtkontrolle ausreichend ist und eine eingehende fachliche Untersuchung erst beim Vorliegen besonderer verdächtiger Umstände erforderlich wird. Das OLG Dresden hat dazu mit Urteil vom 28. Februar 2001 (Az: 6 U 3035/0) ausgeführt: “… Von Straßenbäumen gehen für die Benutzer der Straße dann Gefahren aus, wenn die Bäume nicht mehr hinreichend stand- bzw. bruchsicher sind und die nahe liegende Möglichkeit besteht, dass Äste oder ganze Bäume unvermutet auf die Straße stürzen könnten. Dem Verkehrssicherungspflichtigen obliegt es deshalb, ausreichend Vorsorge dafür zu treffen, dass bei kranken oder alten Bäumen rechtzeitig Maßnahmen ergriffen werden, die einerseits zum Schutz gegen Astbruch und Windwurf erforderlich, andererseits unter Berücksichtigung des umfangreichen Baumbestandes der Gemeinden auch zumutbar sind. Zu der allgemeinen Gefahrenvorsorge gehört es danach, Bäume in regelmäßigen Abständen insbesondere auf Fehler in der Rinde, in der Belaubung und auf Totholz zu kontrollieren. Dazu reicht im Regelfall zweimal jährlich eine äußere Sichtprüfung bezogen auf die Gesundheit und Standsicherheit des Baumes aus. Eine eingehendere Untersuchung ist aber dann vorzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die der Erfahrung nach auf eine besondere Gefährdung hindeuten, wie etwa eine spärliche oder trockene Belaubung, trockene Äste, äußere Verletzungen, Wachstumsauffälligkeiten oder Pilzbefall. ... Bei der Sichtkontrolle erkannte Mängel müssen unverzüglich beseitigt werden. Das Vorhandensein von morschen und dürren Ästen gibt in jedem Fall dem Verkehrssicherungspflichtigen Anlass, zumindest dieses Totholz zu beseitigen, im Übrigen aber auch den Baum insgesamt näher zu kontrollieren.” Als verdächtige Umstände, die eine eingehendere Untersuchung nach sich ziehen müssen, wurden in Einzelfällen verschiedene Umstände angeführt - beispielsweise Veränderungen der Krone wie dürre Äste oder verdorrte Teile, äußere Verletzungen, ein hohes Alter des Baumes, sein Gesamtzustand usw. Besonders bruchgefährdete Baumarten müssen jedoch nach Auffassung des OLG Koblenz nicht von vorneherein entfernt werden: ”Die Verkehrssicherungspflicht für Straßen und Parkplätze erfordert es nicht, unauffällige, gesunde, nur naturbedingt immer etwas bruchgefährdete Äste von Pappeln oder Kastanien zu stutzen oder den Bestand großer Bäume dieser Arten an Verkehrsflächen zu beseitigen. (OLG Koblenz , 2. 3. 1998, Az: 12 U 246/97) “…Gelegentlicher natürlicher Astbruch, für den vorher keine besonderen Anzeichen bestehen, gehört zu den naturgegebenen Lebensrisiken, für die der Verkehrssicherungspflichtige nicht einzustehen braucht und die in unserer Zivilisation hinzunehmen sind. (OLG Koblenz, Urteil vom 1.12.1997 - 12 U 1370/96) Häufigkeit der Kontrollen Auch die notwendige Häufigkeit der Kontrollen hängt von Standort und Beschaffenheit des Baumes ab. In den meisten Fällen gehen die Gerichte bei älteren Straßenbäumen von einer notwendigen Baumkontrolle zweimal im Jahr aus, einmal in belaubtem und einmal in unbelaubtem Zustand. Die Ergebnisse sollten dokumentiert werden. Art und Häufigkeit der notwendigen Baumkontrollen sind also abhängig von: dem Zustand des Baumes, der Baumart, der Vitalität, den bereits vorhandenen Vorschädigungen sowie allen Wachstumsbesonderheiten dem Standort des Baumes, der Art der Straße, des Weges oder des Platzes sowie allen Besonderheiten des jeweiligen Standortes, der Art des Verkehrs, der Verkehrsdichte und allen Besonderheiten des Verkehrs an dem betreffenden Standort. Zur Vermeidung von Haftungsfällen gehört jedoch nicht nur das Erkennen der Wachstumsauffälligkeiten (Teil 2 dieses Grünen Blattes wird Defizite in Baumgesundheit und Baumstatik behandeln), sondern auch – vorbeugend – die Verbesserung der Standort- und Wachstumsbedingungen von Straßenbäumen. Diese Themen werden in den Grünen Blättern und bei den Baumpflegetagen der LPP (z.B. 10. Informationstagung am 19.02.2002: Beurteilung der Standortbedingungen und Erhaltung der Verkehrssicherheit von Gehölzen) dargestellt.
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