(Rheinische Monatsschrift, 03/2003
Obstbau 02/2003
Pfälzer Bauer - Der Landbote 04/2003
Fruchthandel 02/2003 )

Qualitätssicherungssystem in Rheinland-Pfalz
– Pilotjahr erfolgreich abgeschlossen

Qualitätssicherung steht für eine marktgerechte, verbraucherfreundliche und zukunftsweisende landwirtschaftliche Produktion. Bestehende Systeme wie die kontrollierte Integrierte Produktion werden ausgebaut. Die Effektivität der Betriebsprüfungen und der Sicherheit für den Verbraucher werden durch neutrale, unabhängige Kontrollen erhöht.
Die Bundesfachgruppe Obst und Gemüse hat mit Ihrem Qualitätssicherungssystem den Nachweis einer lückenlosen, transparenten Produktion neben das EUREP-GAP System des Europäischen Handelsinstitutes (EHI) gestellt.
Der bedeutendste Großmarkt für Obst in Rheinland-Pfalz, die VOG Ingelheim, hat sich bereits Ende des Jahres 2001 für eine umgehende Einführung des vom deutschen Obst- und Gemüsebaus erarbeiteten Qualitätssicherungssystems ausgesprochen. Ziel war es Erfahrungen über die Praktikabilität des Systems zu erfahren und möglichst frühzeitig die Produzenten in dieses System einzubinden.
Qualitätssicherungssystem des deutschen Obstbaus
Das Qualitätssicherungssystem umfasst 20 Anforderungen, die erfüllt werden müssen. Einheitliche Kriterien sind in den Bereichen Pflanzenschutz, Düngung, Hygiene, Dokumentation und Fortbildung definiert. Ein wesentlicher Bestandteil sind umfangreiche Rückstandsuntersuchungen, die als Feld- oder Ernteproben entnommen werden. Jeder teilnehmende Betrieb wird mindestens einmal jährlich kontrolliert; diese 100%ige Kontrolle wird durch mindestens 25% Betriebskontrollen, mindestens 50% Produktkontrollen und mindestens 25% Kontrollen, die auf Basis einer Risikoabschätzung entweder als Betriebskontrolle oder als Produktkontrollen durchgeführt werden, erreicht. Ausschließlich nach DIN 45011 anerkannte Kontrollorgane sind zugelassen, die erforderlichen Produktanalysen werden ebenfalls durch akkreditierte Prüflabore durchgeführt.
Über die kontrolliert Integrierte Produktion hinausgehende Anforderungen an die Betriebe bestehen an die Dokumentation von Dienstleistungs- und Warenflüssen, denn auch die Leistungen dritter, bspw. Lohnunternehmer, sind über die Eigenkontrolle des Betriebsleiters zu erfassen. Das Einhalten gesetzlicher Vorgaben, die durch die Düngeverordnung (Nährstoffbilanz) oder die Pflanzenschutzmittel-anwenderverordnung (Sachkundenachweis) bestehen, wurden ebenfalls über die Kontrollen abgeprüft. Erstmalig wurden die Betriebe verpflichtet Hygieneanforderungen, die durch die Lebensmittelhygieneverordnung (LMHV) vorgegeben sind, anhand einer Hygienecheckliste zu dokumentieren.

Pilotprojekt zum QSS in Rheinland-Pfalz: Kooperation einzelner Partner
In Rheinland-Pfalz sind an der Umsetzung des Qualitäts-sicherungssystems die Arbeitsgemeinschaft Integrierter Obstanbau RLP e.V. (AGIO), die Agrar Control GmbH (ACG), die Bodenberatungs- und Landschaftspflege GmbH Maikammer (BOLAP) und die Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt Speyer (LUFA) beteiligt. Die AGIO, der Zusammenschluss aller kontrolliert Integriert wirtschaftender Betriebe für Rheinland-Pfalz, unterstützt als Beratungsorgan und Dienstleister organisatorisch die Umsetzung des Qualitätssicherungssystems. Die ACG als ein nach DIN 45011 zugelassenes Kontrollorgan wurde beauftragt sowohl Betriebskontrollen, wie auch die Entnahme der Fruchtproben zu gewährleisten. Als weiterer Partner war die BOLAP für die Produktanalyse in Zusammenarbeit mit der LUFA Speyer zuständig.
106 Anlieferer der VOG Ingelheim wurden in dieses Pilotprojekt einbezogen. Diese umsatzstarken Betriebe decken eine Produktionsfläche von ca. 860 ha Steinobst und ca. 420 ha Kernobst ab, und erwirtschaften mit Ihren Produkten ca. 80% des Umsatzes der VOG Ingelheim im Bereich Baumobst. Die langjährige Erfahrung der Betriebe durch die kontrolliert Integrierte Produktion erleichterte den Betrieben eine erfolgreiche Teilnahme an dem neuen Qualitätssicherungssystem.
Ziel dieses Pilotjahres war es, Erfahrungen hinsichtlich folgender Fragen zu gewinnen:
· Ist das neue System praktikabel umsetzbar und auf eine breite Basis der Produzenten zu übertragen und
· können Fruchtproben im Vorerntebereich entnommen werden um die Rückstandsdaten für die Beurteilung der Ware vor der Vermarktung nutzen zu können.

Umsetzung und Ergebnisse
Bereits Ende Mai 2002 wurden die ersten Betriebskontrollen durchgeführt. Anfänglich herrschte bei den Betriebsleitern große Skepsis gegenüber dem neuen System, mit zunehmender Anzahl an erfolgreich verlaufenden Kontrollen im Gebiet konnte die Akzeptanz wesentlich erhöht werden.
92% der teilnehmenden Obstbaubetriebe wurden in dem Pilotjahr 2002 Vor-Ort kontrolliert. 95% der Betriebe erfüllten alle Anforderungen, lediglich 4 Betriebe erhielten keine Anerkennung, da drei Betriebe die erforderliche Nmin-Analyse nicht durchgeführt hatten und ein Betrieb den Sachkundenachweis nicht vorlegen konnte.
Nach einer Risikoabwägung wurden die erforderlichen Produktproben auf 6 Kulturen (Süß- und Sauerkirschen, Mirabellen, Pflaumen, Apfel und Birne) – verteilt. Das Spektrum der untersuchten Wirkstoffe wurde breit angelegt und umfasste sowohl zugelassene wie auch nicht zugelassene Wirkstoffe. Grundlage der Untersuchung war die DFG S19 Analysemethode, wobei in bestimmten Kulturen weitere Wirkstoffe zusätzlich analysiert wurden, beispielsweise Fenthion (Lebayzid) in Süßkirschen.
Die Entnahme erfolgte zum Teil als Feldprobe im Vorerntebereich und als Nachernteprobe direkt bei der VOG Ingelheim. Die Probenentnahme wurde zu einem bestimmten wöchentlichen Termin durchgeführt, mit der Vorgabe an das Labor den Analysenbericht innerhalb von 3 Tagen zu liefern.
In Tabelle 1 sind die Ergebnisse der 55 Rückstandsuntersuchungen aufgeführt. In den einzelnen Kulturen wurden zwischen 8 und 19 Wirkstoffe erfasst, dabei konnten Höchstmengenüberschreitungen bzw. der Einsatz nicht erlaubter PSM in keiner der Proben nachgewiesen werden. Rückstände von Pflanzenschutzmitteln konnten lediglich in 3 Süßkirschproben und 2 Apfelproben mit je einem Wirkstoff weit unter der gültigen Höchstmenge festgestellt werden.

Tabelle 1: Untersuchungsprogramm Pflanzenschutzmittelrückstände Qualitätssicherungssystem Rheinland-Pfalz 2002

Das Ergebnis wurde durch das Labor innerhalb der vorgegeben Frist von 3 Tagen erarbeitet. Aufgrund dieser frühzeitigen Ergebnisübermittlung besteht durchaus die Möglichkeit die Vermarktungsfähigkeit der Ware frühzeitig beurteilen zu können um die Glaubwürdigkeit des gesamten Systems zu untermauern.
Ausblick
Die bisherigen Erfahrungen in Rheinhessen zeigen, dass jeder Betrieb der AGIO am Qualitätssicherungssystem erfolgreich teilnehmen kann. Die Anforderungen des Qualitätssicherungssystems der Fachgruppe an den Obstbau sind praktikabel und zu erfüllen.
Dieses Pilotjahr belegt auch, dass die rheinhessischen Obstbauern sich ihrer hohen Verantwortung für ihre Produkte bewußt sind und diese Sicherheit dem Verbraucher vermitteln wollen. Die Obstbauern haben erkannt, dass Absatzsicherheit auch durch Produktsicherheit betrieben werden muss.
Das Qualitätssicherungssystem garantiert dem Verbraucher sichere Produkte aus dem hiesigen Anbau. Neutrale Kontrollen verdeutlichen den hohen Anspruch an das System. Damit wird nicht nur Produktsicherheit gewährleistet, sondern auch die Absatzsicherung deutscher Produkte gefördert.
Die VOG Ingelheim wird daher das Qualitätssicherungssystem konsequent weiter verfolgen. Für das Jahr 2003 ist eine Ausweitung des Qualitätssicherungssystems auf weitere, bisher nicht am kontrollierten Anbau teilnehmende Betriebe geplant. Markttechnisch wird dies bei der VOG Ingelheim zu einer zweigleisigen Vermarktung führen, die QS-Ware wird von der konventionellen bzw. IP-Ware abgegrenzt. Da der Handel bereits QS-Ware für die Saison 2003 nachfragt, wäre die VOG Ingelheim in der Lage diesen Wünschen gerecht zu werden. Auch bei dieser Ware wird allerdings der Preis marktwirtschaftlich gebildet, d.h. ob sich ein höherer Erlös für diese Waren erzielen lässt, wird der Markt in Zukunft zeigen.
Die AGIO wird die weitere Gestaltung des QSS in Rheinland-Pfalz aktiv unterstützen. Die eingegangenen Kooperationen mit der ACG, Bolap und LUFA haben sich in dem Pilotjahr bewährt. Diese Erfahrungen sind zukünftig zu nutzen, um eine effektive und kostengünstige Betreuung der Betriebe gewähren zu können. Über die Ansiedlung der Bündelerfunktionen bei der AGIO, d.h. die erforderliche Anmeldung eines Betriebes zum Qualitätssicherungssystem, die Beratung, die Betreuung und die Verwaltung sowie die Organisation der Kontrollaktivitäten, wird zur Zeit diskutiert.


Die Aufgabe aller beteiligten Verbände und Organisationen ist es nun die Integration dieses Verfahren in das System “Qualität und Sicherheit” der Q-S GmbH voranzutreiben, nachdem der Fleischsektor erfolgreich das QS-System umgesetzt hat und der LEH in die Vermarktung von QS-Waren eingestiegen ist. Es gilt den Weg auch für den deutschen Obstbau zu ebenen um das Gütesiegel Qualität und Sicherheit nutzen zu können.

Jochen Griebel
(AGIO)