Nur gesunde Früchte in den Handel
Bei der Qualitätssicherung sind rheinische Obstbauern Vorreiter für ganz Deutschland
Oppenheim / Ingelheim – Wenn bisher landwirtschaftliche Produkte mit Pestiziden belastet waren, stellten die Kontrolleure das oft erst fest, wenn die Früchte längst verkauft und verzehrt waren – etwa wie gerade jüngst bei den ersten spanischen Erdbeeren. Auch der Nitrofen - Skandal wurde erst aufgedeckt, als die Sache im wahrsten Sinne des Wortes “gegessen” war. Mit Früchten aus Rheinhessen ist das seit einem Jahr anders; die Obstbauern der Region sind damit bundesweit Vorreiter.
Von unserem Redaktionsmitglied Stefanie Widmann
Mainz - Bingen – Seit 2002 werden 80 Prozent der rheinischen Früchte nicht erst kontrolliert, wenn sie auf den Markt kommen, sondern schon im Vorfeld: Bereits in den Obstanlagen ziehen unabhängige Kontrolleure in einem frühen Stadium des Reifeprozesses Proben. Und drei Tage später ist das Ergebnis da.
QS - Zeichen als Ziel
“Qualitätssicherung” heißt das verbraucherfreundliche und zukunftsweisende Programm. “Ziel ist, dass nur rückstandsfreies Obst verkauft wird”, berichtet Jochen Griebel von der Arbeitsgemeinschaft Integrierter Obstanbau (AGIO). 120 Betriebe beteiligen sich im vergangenen Jahr an dem rheinischen Pilotprojekt nach den bundesweit geplanten Kriterien aus den Bereichen Pflanzenschutz, Hygiene, Dokumentation und Fortbildung. In diesem Jahr werden es sogar noch einige mehr sein.
Ziel ist es, möglichst bald auch bei Obst und Gemüse das QS-Zeichen einzuführen, das Zeichen für geprüfte Qualität und Sicherheit. Dieses war nach den BSE- sowie Maul- und Klauenseuche - Skandalen zunächst für Fleisch kreiert wurde, um in den Metzgereien beim Verbraucher verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. “Rund 20 Prozent der deutschen Schweine sind heute im QS – Programm drin, und auch in manchem großen Supermarkt bekommen die Kunden entsprechend kontrolliertes Fleisch”, weiß Griebel . Bei Obst und Gemüse ist die Qualitätssicherung die konsequente Fortführung des Integrierten Anbaus, der in Rheinhessen seit nunmehr zehn Jahren von vielen Obstbauern konsequent betrieben wird. Der entscheidende Faktor dabei: Die Natur wird in das Produktionssystem einbezogen und der Obstbauer spritzt nur dann, wenn die Ökologie überfordert ist. “Blattläuse etwa werden erst chemisch bekämpft, wenn der Befall so stark ist, dass Marienkäfer und Nützlinge es nicht mehr schaffen, sie in Zaum zu halten”, erläutert Griebel das Prinzip.
Einfach vorbeugend spritzen, wie das im konventionellen Anbau üblich ist, ist im Integrierten Anbau tabu. Und wenn gespritzt wird, dann nur mit schonenden Mitteln. Gefördert werden dagegen Nützlinge: Nistkästen für Singvögel und Sitzkrücken für Greifvögel sind in Obstanlagen Pflicht. Während dies alles bei Integrierten Anbau im Wesentlichen der Selbstkontrolle unterliegt, führt das Qualitätssicherungssystem (QSS) die Fremdkontrolle ein, das heißt, es kommen unabhängige Fachleute in , um die Situation und die Früchte vor Ort zu prüfen.
Großmarkt macht mit
Das ausgerechnet Rheinhesssen auf dem Weg zum bundesweit geplanten QS – Zeichen eine solche Vorreiterrolle spielt und das Qualitätssicherungssystem 2002 hier durchgezogen wurde wie sonst bundesweit nirgendwo, hat mehrerlei Gründe. Zum einen waren viele Betriebe bereits im Integrierten Anbau aktiv und die Weiterentwicklung zur Qualitätssicherung für sie daher kostengünstig zu bewerkstelligen. Zum anderen ist der rheinhessische Ökonomierat Gerhard Kneib Vorsitzender der Fachgruppe Obstbau im Bundesausschuss, der die 20 Anforderungen für das QS – Zeichen mit erarbeitet hat. Natürlich bringt Kneib viele zukunftsträchtige Ideen in seine Heimat mit. Und schließlich hat sich auch der bedeutendste Großmarkt für Obst in Rheinland – Pfalz, die VOG Ingelheim bereits 2001 für eine umgehende Einführung des Qualitätssicherungssystems ausgesprochen und unterstützt es entsprechend. Und so werden die Kontrolleure auch in diesem Jahr wieder in rheinhessischen Obstgärten unterwegs sein, berichtet Griebel: ”Die Arbeit beginnt, sobald die Kirschen von Grün auf Gelb umschlagen und endet, wenn die Apfelsaison abgeschlossen ist – also so Ende Oktober.”
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