Filtrationsprobleme, was nun ???

Skizze Pektinabbau
Abb. 1: Pektinabbau durch Pektinesterase und Polygalactruonase




Abb. 2: Reaktion der Teilchen bei der Klärschönung

Gerade in Jahren mit hohem Anteil botrytisbefallenen Leseguts treten verstärkt Filtrationsprobleme im Jungweinstadium auf. Woher diese Probleme rühren und welche kellerwirtschaftlichen Maßnahmen durchgeführt werden können, stellt Achim Rosch vom DLR Mosel dar.

Die Klärung und Filtration der Jungweine hat das Ziel, Partikel und Substanzen zu entfernen und gehört zu den wichtigsten kellerwirtschaftlichen Maßnahmen. Die sensorischen Eigenschaften der Weine werden verbessert und der Wein durch das Abtrennen von Mikroorganismen wie Hefen und Bakterien, sowie des restlichen Trubs stabilisiert. Der Trub wirkt als Schutzkolloid (von griechisch kolla „Leim“) und verhindert den Weinsteinausfall. Auf dem Weg zum stabilen füllfertigen Wein ist seine Entfernung somit entscheidend für die Weinsteinstabilisierung. Zur Durchführung dieser Filtration steht der Praxis heute eine Vielzahl von Systemen zur Verfügung. Die hierbei am häufigsten eingesetzten Methoden sind die
-Tiefenfiltration (mit industriell vorgefertigten Filterschichten bzw. modular aufgebauten Systemen in geschlossenen Gehäusen)
- Anschwemmfiltration (mittels Kieselgur, Perlite oder Cellulose wird kontinuierlich ein Filterkuchen aufgebaut)
- Crossflow-Filtration (eine Querstromfiltration, welche die Rückhalteeigenschaften von Membranen nutzt)

Die Filtrierbarkeit eines Weinjahrganges ist jedoch nicht immer gleich gut durchführbar und kann so die Praxis vor Probleme stellen. Schlechte Klärung des Jungweines, sowie verblockende Filter sind hierbei die Hauptschwierigkeiten. Die Ursachen solcher Klär- und Filtrationsprobleme können sehr vielschichtig sein. Bei der Annahme einer fachgerechten Handhabung der eingesetzten Filtrationstechnik sind die Ursachen meist im Zustand des Lesegutes zu finden. Die Zusammensetzung der Kolloide und Partikel im Most bzw. Jungwein sind sehr stark abhängig von dem Gesundheitszustand der Trauben, sowie der mechanischen Belastung während der Verarbeitung. Während die Abtrennung von Partikeln wie Hefen, Kristalle etc. meist keine größeren Schwierigkeiten mit sich bringt, bewirkt das Vorhandensein von Kolloiden ernsthaftere kellerwirtschaftliche Probleme.


Pektin

Von allen Kolloiden hat das Pektin die höchste Bedeutung. Pektin ist der Hauptverbindungsbestandteil der Zellwände von Pflanzen und Früchten, also auch von den Trauben. Das Pektin verbindet das Gewebe und verfestigt es. Chemisch gesehen ist es ein Polysaccharid (Mehrfachzucker), das aus einer langen Kette miteinander verbundener Moleküle der Galacturonsäure besteht. Zusätzlich enthält das Pektin hochverzweigte Bereiche mit einem hohen Anteil von neutralen Zuckermolekülen, vor allem Rhamnose, Arabinose und Gallaktose. Aufgespalten werden kann das Pektin durch pektolytische Enzyme, welche in geringerer Konzentration in der Traube bzw. Most vorhanden sind, sowie technisch als Enzympräparate zugesetzt werden können. Der enzymatische Aufspaltungseffekt des Pektins im Gewebe der Trauben ist am besten beim „ziehen“ lassen oder einer Maischestandzeit zu sehen, wo eine Verflüssigung stattfindet und die Saftausbeute hierdurch erleichtert wird. Gesteigerte Pektingehalte stellt man besonders bei faulem Lesegut (hauptsächlich durch Botrytis cinerea) fest. Der Schimmelpilz transportiert Pektin aus der Beerenhaut in das Fruchtfleisch und damit in den Saft. Die traubeneigenen Enzyme reichen oft nicht mehr aus, um den erhöhten Pektingehalt abzubauen. Nicht ausreichend enzymatisch abgebaute Pektine können zu erheblichen Sedimentations- und Filtrationsproblemen führen.


Glucan

Enorme Filtrationsschwierigkeiten verursacht ebenso das durch den Botrytispilz gebildete Polysaccharid ß-Glucan. Botrytis cinerea synthetisiert langkettige Glucosemoleküle, in denen etwa 5000 Moleküle in verzweigten Ketten aneinander gereiht vorliegen. Diese speichert der Pilz als Nährstoffreserve auf seinen Pilzhyphen. Mit der Traubenverarbeitung gelang dieser Schleimstoff in den Most. Da weder die Traube noch die Hefezelle über ein wirksames Enzymsystem zum Abbau dieser ß-Glucane verfügt, liegen diese Ketten in unveränderter Form auch nach der alkoholischen Gärung im Jungwein vor. In Gegenwart geringer Mengen von Alkohol ballen sich die ß-Glucane zu fasrigen Netzstrukturen von schleimiger Konsistenz, welche die feinen Porenstrukturen der Membranelemente von Crossflow-Filtern und Membranfiltern schnell mit einer hochviskosen Deckschicht belegen. Diese Porenverdichtung führt letztlich zu einem schnellen Druckanstieg und zur Verringerung des Permeatabflusses (filtrierter Wein). Die Filtrationsleistung wird sehr stark reduziert und die Rückspülung muss in immer kürzeren Zeitabständen durchgeführt werden. Bei den Tiefenfiltersytemen gilt gleiches, da deren mechanische Rückhaltekapazität und adsorptive Wirkung schnell in solchen Fällen erschöpft ist. Hier muss ebenso eine Rückspülung oder sogar ein Neuansatz erfolgen. Bei Anschwemmfiltrationen sollte von Beginn der Filtration an eine höhere laufende Dosage einkalkulieren werden. Für dieses Jahr sind mit Kieselgurmengen von 150 (bei gesundem Lesegut) bis 500 (bei sehr faulem Lesegut) g Kieselgur/hl zu rechnen. Selbst diese hohe Dosage kann ein Verblocken jedoch nicht ausschließen. Um weitere unwirtschaftliche Dosageerhöhungen in diesen Fällen zu vermeiden, ist ein entsprechender Enzym- oder Schöungsmitteleinsatz wie er im Folgenden beschrieben wird empfehlenswert. Keinesfalls darf während der Filtration eine gröbere Gur beigemischt werden, da sich in diesem Fall eine Verblockung eher sogar forciert, statt vermieden wird.


Glucannachweis

Um Filtrationkosten zu sparen, sollte am Ende der Gärung ein ß-Glucan Test durchgeführt werden. Da Glucan sich mit steigendem Alkoholgehalt zu langen Ketten zusammenlagert, wird dieses Verhalten bei einem einfachen Labortest genutzt. 6 ml des zu untersuchenden Weines werden in ein Reagenzglas gegeben und mit 4 ml 96%igem Alkohol versetzt. Erkennt man nach einigen Minuten fädchenhafte Gebilde, die sich wolken- oder watteähnlich zusammenballen, dann ist ß-Glucan vorhanden. Mit diesem Test können jedoch nur relativ hohe Gehalte an ß-Glucan nachgewiesen werden.


Verbesserung der Filtrierbarkeit durch Enzymeinsatz

Durch scharfe und schnelle Mostvorklärung werden die traubeneigenen pektolytischen Enzyme sehr stark abgesenkt. Durch Zusatz von pektinspaltenden Enzymen kann dies ausgeglichen werden. Enzyme sind Eiweißverbindungen und dürfen somit nie zusammen mit Bentonit zugegeben werden. Bei einer Most- bzw. Weinschönung mit Bentonit ist somit eine mehrstündig zeitversetzte Zugabe zwischen Enzym und Bentonit nötig, damit die gewünschte Wirkung eintritt. In der Abfolge wird hierbei das Enzym als erstes zugesetzt. Der enzymatische Abbau von kolloidal gelösten Pektinstoffen führt zu kurzkettigen Bruchstücken. Der enzymatische Pektinabbau erfolgt zum einen durch die Pektinesterase, welche das Pektin entestert und dabei geringe Spuren Methanol freisetzt. Zum anderen erfolgt der weitere Abbau durch die Polygalacturonase, die das große Molekül in kurze Stücke spaltet (Abb.: 1). Die von den Herstellern angebotenen Enzympräparate sind meist Mischungen. Es ist darauf zu achten, dass die zugegebenen Enzyme Depsidasenfrei (Cynnamylesterasefrei) sind. Durch Depsidase aufgespaltene Depside werden durch Hefeenzyme zu flüchtigen Stoffen umgesetzt, welche unangenehm nach Arzneimitteln oder Pferdestall riechen.
Der Pektinabbau im Moststadium ist für die spätere Weinklärung von großer Bedeutung. Fehlende Zeit bei der Mostbehandlung kann durch den Zusatz von Enzymen ausgeglichen werden und es muss trotzdem nicht auf eine eventuelle Bentonitschönung im Most verzichtet werden. Hierdurch gelangt unter normalen Umständen kein Pektin als Kolloid in den Wein. Ist dieses in extremen Jahren aber im Wein vorhanden, wie es sich für den aktuellen Jahrgang abzeichnet, so ist ebenfalls eine Enzymierung vor der Filtration zu empfehlen. Angebotene Filtrationsenzympräparate enthalten oft auch neben den Pektinasen gleichzeitig ß-Glucanasen zum Abbau von Glucanen. Denn Glucane verursachen größere Filtrations- und Klärschwierigkeiten als Pektine. Schönungen sowie einfaches Abwarten sind wirkungslos. Die pektolytischen Enzyme haben keinerlei Wirkung, da sie wie alle Enzyme spezifisch sind und nur Pektin abbauen, nicht jedoch Glucan. Um ß-Glucan abzubauen ist somit ein spezifisches Enzym einzusetzen, die ß-Glucanase. Dieses Enzym ist sowohl in Reinform im Handel erhältlich, als auch in einigen pektolytischen Enzympräparaten als Nebenaktivität beigefügt. Die ß-Glucanase ist ein „Exoenzym“ das von den Enden her beginnend ein Molekül nach dem anderen abtrennt. Dies ist der Grund warum der Abbau lange dauert und es 5-10 Tage zum Abbau der Schleimstoffe braucht. Die Zeit variiert je nach ph Wert (optimal zwischen 3 - 4) und Temperatur (optimal: 12 - 50 °C). Die hemmende Wirkung niedriger Temperaturen kann durch eine höhere Dosage oder eine längere Einwirkzeit kompensiert werden. Bei allen Behandlungen mit Enzymen ist zu beachten, dass diese durch Anwesenheit von Bentonit inaktiviert werden.


Klär- oder Flugschönung

Zur Erhöhung der Filtrationsleistung im Jungweinstadium können oft auch Schönungen beitragen. Schönungen werden eingesetzt zur Klärung der Weine, Stabilisierung und zur geschmacklichen Verbesserung. Die Filtrationsleistungen können durch den Einsatz von Klär- oder Flugschönungen, mit Gelatine und Kieselsol oder anderer Zusammensetzung, merklich erhöht werden. Der Einsatz von Klärschönungsmitteln dient der „Trubvergrößerung“ und wirkt sich hierdurch positiv auf ein schnelleres Sedimentationverhalten aus. Die Gelatine ist das hauptsächlich eingesetzte Klärschönungsmittel. Sie besitzt eine hohe positive Ladung, die mit negativ geladenen kolloidalen Substanzen sowie störenden Gerbstoffen reagiert und zusammen mit diesen ausfällt. Gelatine wird häufig in Verbindung mit dem Flockungsmittel Kieselsol eingesetzt. Kieselsolpartikel haben eine negative Ladung und reagieren hierdurch gut mit der positiv geladenen Gelatine. Diese Kombinationsschönung führt zu einer intensiveren Reaktion, da hierdurch Trubteilchen eingeschlossen werden und wesentlich rascher sedimentieren (Abb.: 2). Ebenso senkt die Zugabe von Kieselsol das Risiko einer Überschönung mit Gelatine. Um bei einer Kombinationsschönung die gerbstoffreduzierende Wirkung der Gelatine nutzen zu können, muss bei der Schönungsabfolge erst die Gelatine und erst nach kurzer Wartezeit Kieselsol zugesetzt werden.


Hausenblase

In Kombination mit Gelatine oder anstatt Gelatine hat sich besonders bei niedrigeren Temperaturen der Einsatz von Hausenblase-Produkten zur Klärschönung bewährt. So zeigt der Einsatz von Hausenblase eine bessere Niederschlagung von feinen kolloidalen Trübungen, sowie bessere Klärergebnisse bei Weinen mit hohem pH Wert. Ebenfalls kann die Hausenblase auch in Kombination mit Kieselsol zur verbesserten Flockung eingesetzt werden. Hausenblase entfernt zudem leichte geschmackliche Unebenheiten, Gerb- sowie Farbstoffe werden hingegen kaum entfernt.
Die Schönungsmittel werden in verschiedener Art und Form angeboten. Die Anwendungsmengen sind je nach Stärke der Trübung verschieden. Um die Auswirkung der Schönung genau abschätzen zu können, sind Vorproben im Labormaßstab empfehlenswert (Schönungsreihe). Bei den Zugabemengen sind die technischen Informationsblätter der einzelnen Hersteller zu beachten.


Fazit

Klär- und Filtrationsschwierigkeiten können schon durch geeignete Maßnahmen der Trauben- und Mostverarbeitung reduziert werden. Hoher Botrytisbefall der Trauben, schleppende Selbstklärung der Moste etc. sind Zeichen der zu erwartenden Filtrationsschwierigkeit. Durch frühzeitigen wohlüberlegten Einsatz von enzymatischen Präparaten sowie zielgerichtete Schönungsmaßnahmen können Filtrationsprobleme schon im Vorfeld vermieden bzw. reduziert werden. Die Kosten durch den Einsatz solcher Präparate werden durch die Einsparung von Filtrationskosten mehr als kompensiert.


Literatur

Die Literaturangaben sind beim Verfasser erhältlich.





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